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EntlastungspaketKindergelderhöhung kommt bei vielen Alleinerziehenden nicht an

23. November 2022, 09:47 Uhr

Ab dem 1. Januar soll sich das Kindergeld in Deutschland auf 250 Euro erhöhen. Doch Alleinerziehende, die überdurchschnittlich von Armut betroffen sind, profitieren von der Erhöhung nicht. Bei Alleinerziehenden, die Unterhaltsvorschuss bekommen, sinkt dieser Betrag um die Höhe des zusätzlichen Kindergeldes. Daran gibt es Kritik.

Beruf, Kind oder Kinder, Haushalt – all das müssen Alleinerziehende ohne Pause stemmen. Viele können deshalb nicht Vollzeit arbeiten und haben von vornherein weniger Geld in der Haushaltskasse. Eine kleine Stütze ist der Unterhaltsvorschuss. Der kommt vom Staat, wenn das andere Elternteil keinen Unterhalt zahlt. Jedoch ist das nur die Hälfte vom Mindestregelsatz – also knapp 180 Euro pro Monat und Kind.

Miriam Hoheisel ist Geschäftsführerin des Bundesverbandes alleinerziehende Väter und Mütter. Sie kann sich über die Kindergelderhöhung nicht freuen, denn: Bei Alleinerziehenden, deren Partner oder Partnerin keinen Unterhalt zahlt, kommt von der Erhöhung nichts an: "Bei Alleinerziehenden ist das grundlegende Problem, dass sich Leistungen gegenseitig kannibalisieren. Das Kindergeld steigt um 31 Euro, der Unterhaltsvorschuss sinkt um die 31 Euro, weil das Kindergeld dort angerechnet wird. Das heißt, unterm Strich bleibt nichts hängen – ich habe ein Nullsummenspiel", erklärt Hoheisel. Auch bei Hartz 4 wird das Kindergeld weiterhin gegengerechnet, sodass auch hier keine zusätzliche Entlastung greift.

Reform des Unterhaltsrechts kompliziert

Leni Breymaier sitzt für die SPD im Familienausschuss des Bundestages. Sie sagt: Viele Maßnahmen wie Einmalzahlungen oder Energiezuschläge kämen auch Alleinerziehenden zugute. Trotzdem verstehe sie den Unmut: "Das Problem ist, dass der Unterhaltsvorschuss durch eine Mischfinanzierung getragen wird und daher eine Reform nicht so einfach ist. Das kann weder der Bund noch die SPD alleine entscheiden. Da müssen die Länder mit am Tisch sein."

Es gebe keine klare Richtung, Gesetze und Regelungen blockierten sich gegenseitig, sagt Miriam Hoheisel. Manchmal habe sie das Gefühl, dass die Familienform der Alleinerziehenden nicht wirklich als Lebensform mitgedacht werde. Dabei gibt es in Deutschland offiziell 2,7 Millionen Alleinerziehende. Bei den Familien gehe es nicht nur darum, eine neue Winterjacke zu kaufen, sondern vielmehr um die Frage, wie der Kühlschrank am Ende des Monats gefüllt werden kann. "Deswegen fordern wir, das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zügig umzusetzen: eine Steuergutschrift für Alleinerziehende", sagt Hoheisel.

Denn die Hälfte aller Alleinerziehenden hat nur um die 1.400 Euro im Monat zur Verfügung – zu wenig, um zum Beispiel den Kinderfreibetrag geltend zu machen.

Kindergrundsicherung bis 2025 geplant

Nina Stahr von den Grünen sieht die Nöte. Noch sei nichts konkret, aber die Steuergutschrift sei auf dem Tisch. Akut werde gerade daran gearbeitet, im Zuge des Inflationsausgleichsgesetzes auch den Unterhaltsvorschuss zu erhöhen. Dass das Kindergeld nur zur Hälfte an den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird, sei Teil des Grünen-Programms und werde auf die Agenda kommen: "Wir haben im Koalitionsvertrag verabredet, dass wir uns sehr grundlegend nochmal das Unterhaltsrecht angucken und modernisieren wollen, weil das an einigen Stellen nicht mehr den gesellschaftlichen Realitäten entspricht", sagt Stahr.

Doch perspektivisch setzen sowohl Nina Stahr von den Grünen als auch Leni Breymaier von der SPD alles auf die Kindergrundsicherung, die für alle Kinder gelten soll – ungeachtet ihrer Herkunft. Bis 2025 wird es wohl noch dauern. Bis dahin müssen Alleinerziehende darauf hoffen, dass die Politik sich mit ihnen beschäftigt und beantragen, was der Topf bereit hält – zum Beispiel den Kinderzuschlag.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. November 2022 | 06:00 Uhr

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