Ein leeres Schubfach, in dem sonst rezeptpflichtige Nasentropfen gelagert werden, in einem Apothekenschrank
Die Bundesregierung hat Maßnahmen gegen den Medikamentenmangel beschlossen. Bildrechte: dpa

Medikamentenmangel Apotheker können Ersatzmedikament ohne Rücksprache rausgeben

01. August 2023, 16:27 Uhr

Fiebersäfte, Krebsmedikamente und andere Arzneimittel sind teilweise ausverkauft und auch nicht lieferbar. Damit es in Zukunft nicht wieder zu solchen Szenarien kommt, hatte die Bundesregierung im Juni eine Gesetzesänderung beschlossen. Hersteller sind nun verpflichtet, Vorräte in Höhe von mehreren Monaten anzulegen. Apotheker dürfen laut einer inzwischen entfristeten Sonderregelung zudem ein anderes Medikament mit dem gleichen Wirkstoff herausgeben – ohne Rücksprache mit dem Arzt.

Ist ein Medikament nicht verfügbar, dürfen Apothekerinnen und Apotheker nun ein Arzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff an den Kunden abgeben, ohne dafür nochmal Rücksprache mit dem Arzt zu halten. Diese Sonderreglung wurde zum 1. August 2023 entfristet.

Der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes, Stefan Fink, begrüßte die Entscheidung der Bundesregierung. Er kritisierte jedoch, dass die Krankenkassen den Apotheken pro Austausch nur 50 Cent zahlten. Jede Apotheke müsse aber – um gleichwertige Alternativen zu finden – täglich etwa zwei Stunden investieren.

Maßnahmen gegen Medikamentenmangel

Der Bundestag hatte im Juni das Gesetz der Ampel-Koalition beschlossen, um gegen den Lieferengpass bei Medikamenten vorzugehen. In dem Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen, kurz ALBVVG, ist zudem auch die telefonische Krankschreibung als unbefristetes Mittel festgelegt worden.

Die Ampel-Koalition schreibt mit der Reform Herstellern von Arzneimitteln vor, dass diese einen Vorrat für vielgenutzte Medikamente anlegen müssen. Dieser soll so groß sein, wie es einer durchschnittlichen Liefermenge für sechs Monate entspricht. Zuvor war ein Vorrat für drei Monate im Gespräch.

Außerdem soll es keine Rabattverträge für Kindermedikamente mehr geben, mit denen Preise für die Kassen als Großabnehmer gedrückt werden. Hersteller sollen ihre Abgabepreise auch einmalig um bis zu 50 Prozent des zuletzt geltenden "Festbetrags" anheben dürfen – also des maximalen Betrags, den die gesetzlichen Kassen bisher für ein Präparat zahlen. Neue Festbeträge soll es dann für Kindermedikamente nicht mehr geben.

Lauterbach: Wieder mehr Medikamente in Europa produzieren

Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte im Juni, eine übertriebene Ökonomisierung habe die Versorgung mit patentfreien Medikamenten über die vergangenen Jahre deutlich verschlechtert. Mittlerweile sei es eine "unhaltbare" Situation. "Wir korrigieren das und ändern die Rahmenbedingungen so, dass Deutschland als Absatzmarkt für Arzneimittel wieder attraktiver wird."

Lauterbach rechtfertigte Mehrausgaben insbesondere für Kinder. "Wenn wir hier sparen, ist das nicht ethisch." Längerfristig müsse es auch möglich werden, dass patentfreie Medikamente wieder vermehrt in Europa produziert werden. Engpässe gab es zuletzt bei Fieber- und Hustensäften für Kinder, betroffen waren auch Krebsmedikamente und Antibiotika für Erwachsene.

Telefonische Krankschreibung

Während der Corona-Pandemie ist die Sonderregelung eingeführt worden, die es ermöglichte, sich vom Hausarzt bei Erkältungssymptomen am Telefon krankschreiben zu lassen. Im April lief diese Option aus. Der Bundestag hatte im Juni jedoch beschlossen, dass diese Regelung unbefristet wieder eingeführt wird. Voraussetzung für eine telefonische Krankschreibung ist, dass es um Erkrankungen ohne schwere Symptome geht. Ausgenommen sind zudem Neu-Patienten. Das soll Praxen und Patienten entlasten – besonders Eltern mit Kindern.

dpa (kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. Juni 2023 | 17:00 Uhr

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