Gesundheitswesen Lauterbach gegen Strafgebühr bei versäumten Terminen
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10. September 2024, 15:26 Uhr
Die Kassenärzte haben Forderungen nach Strafzahlungen bekräftigt, wenn Patienten unentschuldigt ihre Termine verstreichen lassen. Doch Bundesgesundheitsministerium und Kassen winken ab.
- Einige Praxen kassieren bereits Ausfallgebühr von 40 bis 100 Euro.
- Vor allem in Facharztpraxen gibt es Termine erst in Wochen oder Monaten.
- Verbraucherschützer und Gerichte sehen Strafzahlungen kritisch.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich gegen Strafzahlungen für Patienten bei versäumten Arztterminen ausgesprochen. Der SPD-Politiker wies eine entsprechende Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zurück. Lauterbach räumte ein, ausgefallene Termine seien ein Problem. Doch Geldstrafen halte er für den "falschen Weg". Der Minister appellierte an die Patienten, keine Termine ausfallen zu lassen, ohne den Arzt ausreichend früh informiert zu haben.
Stiftung Patientenschutz gegen Strafe durch die Kassen
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz lehnt die KBV-Forderungen ab. Vorstand Eugen Brysch sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur: "Schon heute verlangen Praxen Strafgebühren für ausgefallene Termine." Dann noch eine "zweite Gebühr von den Versichertenbeiträgen zu fordern, ist Abzocke". Sollte das flächendeckend umgesetzt werden, müssten Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Dann müssten Brysch zufolge Patienten und Krankenkassen im Umkehrschluss für ärztlich abgesagte Termine Ausfallgebühren erstattet werden. Der Patientenschützer warf zugleich der KBV Versäumnisse vor. So gebe es keine systematische Überprüfung der Präsenzzeiten in Vertragspraxen.
Praxen fordern teils 40 bis 100 Euro Ausfallgebühr
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung der Krankenkassen drängt auf Strafzahlungen für Patienten, wenn diese Termine versäumten. KBV-Vorsitzender Andreas Gassen sagte der "Bild"-Zeitung, wenn Patienten unentschuldigt nicht zum Arzttermin erschienen, müsse das Konsequenzen haben. Schließlich seien solche Termine geblockt und stünden für andere Patienten nicht zur Verfügung.
Gassen verwies auf die angespannte Finanzlage vieler Arztpraxen. Dem Bericht zufolge verlangen erste Arztpraxen von Patienten für unentschuldigtes Fehlen 30 Euro, in Einzelfällen sogar 100 Euro. Aus Sicht der KBV sollten die Krankenkassen die Ausfallgebühr übernehmen. Doch die Kassen und auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung lehnen derartige Strafgebühren ab.
Verbraucherschützer sehen Strafzahlungen kritisch
Viele Arztpraxen versuchen, die Pflicht zur Zahlung von Ausfallhonoraren in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verankern. Das wird von der Rechtsprechung kritisch gesehen: Nach einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. April 2005 (Az. 55 S 310/04) ist eine Klausel, wonach vereinbarte Termine bei Verhinderung des Patienten 24 Stunden vorher abgesagt werden müssen und ansonsten ein Ausfallhonorar von 75 Euro in Rechnung gestellt werden, unwirksam.
Verbraucherschützern zufolge kommt ein Ersatzanspruch der Arztpraxis nur in Betracht, wenn wegen des ausgefallenen Termins ein Verdienstausfall entstanden ist. Das sei der Fall, wenn die Praxis in der betreffenden Zeit keine anderen Patientinnen und Patienten behandeln konnte. Die Verbraucherzentrale rät zugleich Patienten, Arzttermine möglichst zeitig abzusagen.
Teilweise monatelanges Warten auf Termin
Vor allem bei Fachärzten müssen Patientinnen und Patienten häufig über Wochen oder gar Monate auf einen Behandlungstermin warten. KBV-Chef Gassen nannte angesichts vieler geplatzter Behandlungen Forderungen nach mehr und schnelleren Terminen "lächerlich".
Außerdem sei die Vergütung der Ärzte unzureichend. Für rund zehn Prozent der in Anspruch genommenen Termine gebe es bereits
kein Honorar mehr. Dazu kommt dann noch der Ärztemangel in vielen Regionen.
AFP/dpa/KNA/MDR AKTUELL(ans)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 10. September 2024 | 08:00 Uhr