Gesundheitspolitik Bundesweiter Ärzte-Protest: Tausende Praxen am Montag geschlossen
Hauptinhalt
02. Oktober 2023, 10:26 Uhr
Wer am Montag zum Arzt gehen wollte, stand vielerorts vor verschlossener Tür. Tausende Mediziner hatten ihre Praxen aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung geschlossen. Dazu aufgerufen hatte der Verband der Praxisärzte, der Virchowbund. Aus seiner Sicht zwingt die Politik die niedergelassenen Mediziner seit Jahren zu harten Sparmaßnahmen. Die Reaktionen auf die Protestaktion fielen unterschiedlich aus.
- Zahlreiche Ärztinnen und Ärzte haben am Montag ihre Praxen aus Protest geschlossen gelassen.
- Kritik und Forderungen richten sich an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
- Gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen zeigt Verständnis für Proteste.
- Patientenschützer kritisieren Praxis-Schließungen.
Tausende Arztpraxen sind an diesem Montag bundesweit geschlossen geblieben. Der Virchowbund hatte als Verband der niedergelassenen Haus- und Fachärzte zur Protestaktion aufgerufen – mit Blick auf "schmerzhafte Sparmaßnahmen", zu denen Kassen und Politik die Praxen seit 30 Jahren zwingen würden. Zahlreiche Ärzteverbände sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen schlossen sich dem Aufruf an. Der Virchowbund sprach von einem "Auftakt zu weiteren Protestaktionen".
Seit 30 Jahren zwingen Politik und Kassen die Arztpraxen zu schmerzhaften Sparmaßnahmen. Wir können nicht mehr.
Wie viele Praxen wo genau geschlossen blieben, blieb unklar. Der Virchowbund rechnete aber im Vorfeld mit einer fünfstelligen Zahl. Auch Praxen und Apotheken in Sachsen und Sachsen-Anhalt beteiligten sich am Montag an den Protesten, anders als die Thüringer Hausärzte, die nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung nicht mitmachten.
Ärzte fordern mehr Geld für Mehrausgaben
Der Protest unter dem Motto "Praxis in Not" richtete sich gegen die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, sagte vorab: "Es ist ein deutliches Zeichen an die Gesundheitspolitiker der Ampelkoalition und an Bundeskanzler Olaf Scholz, dem Treiben Lauterbachs endlich einen Riegel vorzuschieben."
Der SPD-Politiker sei ein "Krankenhaus-Minister". "Für Kliniken werden Milliardenhilfen gegen die Preisexplosion aufgelegt. Für Arztpraxen gibt es keine staatliche Hilfe", lautete die Kritik. Ein Dauerärgernis aus Sicht der Praxisinhaber ist zudem das Thema Budgetierung.
So sind Praxen nach Angaben der zahlreichen Verbände durch Inflation, steigende Energiepreise, Fachkräftemangel und unzureichende Finanzierungsabschlüsse mit den Krankenkassen stark unter Druck. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt schrieb auf ihrer Internetseite: "Gibt es zeitnah keine Entlastung für die prekäre Lage der ambulanten Versorgung, könnte es immer häufiger geschlossene Praxen geben – nicht nur an Brückentagen."
Lauterbach kritisiert Forderungen nach mehr Geld
Der SPD-Politiker äußerte sich vor dem Streik kritisch zu den Forderungen der Hausärzte nach mehr Geld. Er schrieb auf der Internet-Plattform X (vormals Twitter), die Praxen verdienten nach Abzug aller Kosten um die 230.000 Euro pro Jahr. Er verwies darauf, dass für höhere Ärzte-Honorare auch der Beitragssatz für Arbeitnehmer bei der gesetzlichen Krankenversicherung steigen müsste.
Gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen zeigt Verständnis
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, äußerte Verständnis für die Proteste von Praxisärzten und anderen medizinischem Fachpersonal. Es gebe einen jahrelangen Reformstau, sagte er bei MDR AKTUELL. Reine Forderungen nach mehr Geld würden den Problemen aber nicht gerecht.
Es gehe vielmehr darum, die Bürokratie im Gesundheitswesen abzubauen. Zudem müsse man die Digitalisierung so zum Laufen bringen, dass sie nicht zu zusätzlichen Belastungen führe, sondern einen echten Mehrwert habe. Deutschland hänge hier nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte hinterher. Das werde jetzt unter anderem mit der elektronischen Patientenakte angegangen. Weitere Verzögerungen könnten man sich nicht leisten.
Patientenschützer kritisieren Praxis-Schließungen
Die Schließung von Arztpraxen aus Protest gegen die Gesundheitspolitik hat auch Kritik hervorgerufen. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte: "Jede Berufsgruppe kann für bessere Bezahlung kämpfen. Doch Praxisschließungen treffen in erster Linie kranke und schwache Menschen." Der Bundesgesundheitsminister und die Krankenkassen blieben hingegen von den Aktionen der Kassenärzte unberührt.
MDR (ala,lmb), dpa, AFP
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 02. Oktober 2023 | 19:30 Uhr
knarf am 03.10.2023
faultier:Merz ist der Falsche den Sie wegen den fehlenden Terminen
fragen sollten weil er darüber gelogen hat wohl in dem irren Glauben Stimmen der ARD abzugreifen!
knarf am 03.10.2023
Peter:Es gibt aber auch Ärzte mit hoher
Anzahl an alten bis sehr alten Patienten die logischer Weise das Budget der Ärzte
durch eine Vielzahl an Medikamenten überschreiten.Was meinen Sie was die Kassen dazu sagen?Die Ärzte werden zur Kasse gebeten und das nicht zu knapp!Das heißt der Reinerlös schmilzt!Fragen Sie Ihre Ärzte, die werden es Ihnen bestätigen,
ElBuffo am 03.10.2023
Das Personal macht seinen Job. Bei der Vollkaskomentalität der Kunden, die keine Rechnung sehen und Anspruch auf alles haben, wird wohl auch doppelt soviel Personal nicht zur Bedürfnisbefriedigung ausreichen, zumal ja auch bitteschön jeder das nächste Krankenhaus mit Maximalversorgung innerhalb 5 Minuten fußläufig zu erreichen hat.