Euro-Banknoten liegen auf einem Sparbuch
Viele Menschen in Deutschland können aufgrund der hohen Inflation wohl bald kein Geld mehr zum Sparen zurücklegen. Bildrechte: imago images/CHROMORANGE

Wegen Inflation Banken und Sparkassen: Deutschen geht Geld zum Sparen aus

21. August 2022, 11:05 Uhr

Die gestiegenen Preise in Deutschland wirken sich auch auf das Sparverhalten vieler Menschen aus. Banken und Sparkassen befürchten, dass ein Großteil der Bürger bald kein Geld mehr übrig hat, das er sparen könnte. Unterdessen fordern Politiker unterschiedlicher Parteien vom Bund, auch Rentner und Geringverdiener mehr zu entlasten.

Der Bundesverband der Sparkassen geht davon aus, dass viele Deutsche wegen der hohen Inflation bald kein Geld mehr zum Sparen zurücklegen können. Verbandspräsident Helmut Schleweis sagte der "Welt am Sonntag", die Sparkassen rechneten damit, dass "perspektivisch bis zu 60 Prozent der deutschen Haushalte ihre gesamten verfügbaren Einkünfte - oder mehr - monatlich für die reine Lebenshaltung werden einsetzen müssen". Dieser Teil der Bevölkerung sei dann schlicht "nicht mehr sparfähig." Vor einem Jahr seien 15 Prozent nicht in der Lage gewesen, Geld zurückzulegen.

Ersparnisse aus Corona-Zeiten werden genutzt

Auch Volks- und Raiffeisenbanken beobachten einen geringeren Spielraum der Kunden beim Sparen. Da die Kaufkraft wegen der hohen Inflation sinke, könnten die Menschen weniger sparen, erklärte Bundesverbands-Vorstand Andreas Martin. Noch profitierten viele von Ersparnissen, die sich während der Corona-Zeit angesammelt hätten. Zwischenzeitlich hätten viele Menschen wegen fehlender Konsummöglichkeiten etwas sparen können.

Dispokredit wird oft ausgereizt - Grüne fordern Deckelung der Zinsen

Die angespannte Lage zeigt sich nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes bereits bei der Überziehung des Girokontos. Wer den sogenannten Dispositionskredit nutze, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken, der schöpfe den Rahmen im Durchschnitt inzwischen "deutlich weiter aus".

Die Grünen fordern deshalb, die Höhe der Dispozinsen zu begrenzen. Im Schnitt liegen sie aktuell bei knapp zehn Prozent. Der Grünen-Finanzpolitiker Stefan Schmidt sagte, seine Partei halte es grundsätzlich für notwendig, Dispozinsen gesetzlich zu deckeln. Dadurch könnten Menschen vor ausufernden Kosten geschützt werden.

Lindner verspricht weitere Entlastungen

Wegen der allgemein gestiegenen Preise in Deutschland hat Bundesfinanzminister Christian Lindner ein weiteres Entlastungspaket für die Bürger angekündigt. Davon sollen vor allem Bedürftige, die arbeitende Mitte und die energieintensive Wirtschaft profitieren. Weitere Hilfen etwa für Rentner schloss der FDP-Politiker aus.

Wüst: Rentner und Studenten bisher vergessen

Das stößt in der Union, aber auch in der SPD auf Kritik. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst fordert auch Hilfen für Rentner und Studenten. Der CDU-Politiker sagte der "Bild am Sonntag", bei den bislang beschlossenen Entlastungspaketen seien Rentner und Studenten vergessen worden. Menschen, denen wenig Geld zur Verfügung stehe, dürften nicht im Stich gelassen und einfach zur Tafel geschickt werden.

Die Antwort des Staates auf die Situation der Rentner kann nicht die Tafel sein. Das wäre zynisch.

Hendrik Wüst, CDU Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

Zuvor hatte bereits der niedersächsische Ministerpräsident Stefan Weil mehr Hilfe für Geringverdiener und Rentner gefordert. Der SPD-Politiker sagte, die Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz, keiner werde alleingelassen, müsse durch Taten konkretisiert werden.

dpa, Reuters (aju)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. August 2022 | 06:30 Uhr

55 Kommentare

THOMAS H am 23.08.2022

Peter: In Bezug Ihrer Aussage zu ALG-II (die Bezeichnung Hartz müsste aus den bekannten Gründen verboten werden) vergessen Sie die Menschen, die seit 2011 (Einstellung der Rentenbeitragsübernahme bei ALG-II) als Aufstocker (m. M. n. Subventionierung von Unternehmen) tätig sind. Neben dem Aspekt, das ihnen Beiträge für die Rente vorenthalten werden, haben sie bestimmt nicht die Möglichkeit für das Alter oder solche Situationen wie zur Zeit, etwas zurückzulegen, wobei ja auch beachtet werden muss, das bis zu einer bestimmten Vermögenshöhe vor dem Erhalt von Sozialleistungen alles aufgebraucht werden muss.
Die jetzige finanzielle Situation vieler Menschen, haben allein die Regierungen der vergangenen 25 Jahre, mit der Einführung des Niedriglohnsektors, der Hinauszögerung der Mindestlohneinführung uva. zu verantworten.
Ausbaden müssen es nun die unteren Schichten der Gesellschaft, die aber die sind, die das tägliche Laufen des Gesellschaftrades bewerkstelligen.

kleinerfrontkaempfer am 23.08.2022

Die bisher nix hatten sollen nun auch erst recht sparen!?
Sollen den "starken" Euro gegen horrende Gebühren und Top-Zinsen zur Bank bringen!?
Experten und das hohe politische Personal können ja mal einen Durchschnittsrentner mit seinem "Einkommen" für ihre Verhältnisse zu Grunde legen. Aber auch ohne Zusatzzahlungen, Boni, Dividenteausschüttungen, Mieteinnahmen, Aufsichtsratsposten usw.
Dürfte sehr schwer werden da über die Runden zu kommen für die Ober/Mittelschicht.

THOMAS H am 23.08.2022

Peter: Warum denken Sie zuerst an die von Ihnen Aufgeführten, wo die Steuergelder "eingespart" werden? Warum nennen Sie nicht die Politiker, die Politikpensionäre oder die, m. M. n., vielen unnötigen Politikberatungsexperten, wo, bei 16 Länderparlamenten und dem des Bundes, noch mehr Geld eingespart werden könnte?
Dies würde weniger Angst machen, als Ihre Vorschläge, wo Gehaltszahlungen eingestellt würden.

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