Benzinpreisschwankungen Mineralölkonzerne: "Umsatzsteigerungen sind keine Krisengewinne“

08. September 2022, 12:29 Uhr

Nur fünf große Konzerne dominieren den Kraftstoff-Markt in Deutschland. Conoco Philips (Jet) und Exxon Mobil (Esso), beide mit Sitz in den USA, die britischen Firmen Shell und BP (Aral) sowie Total aus Frankreich. Von der Ölförderung über die Raffinerien bis zur Zapfsäule ist alles in ihrer Hand. Alle haben in diesem Jahr satte Gewinne gemacht. Den Vorwurf, sie würden die Ölkrise auf Kosten der Bürger ausnutzen, weisen sie aber von sich.

Sagenhafte Gewinne der Mineralölkonzerne

Die weltweiten Gewinne der Mineralölkonzerne sind seit Jahresbeginn kräftig gestiegen: bei Total mit 5,7 Milliarden Dollar auf mehr als das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr, bei BP (Aral) mit 9,3 Milliarden auf das Dreifache, bei Exxon (Esso) mit 17,9 Milliarden auf fast das Vierfache und bei Shell (ebenfalls Aral) mit 18 Milliarden auf das Fünffache.

Krisen-Gewinne seien das aber nicht. "Es ist so, dass die deutsche Raffinerie-Landschaft aus zwei verlustreichen Corona-Jahren herauskommt. Jetzt erzielt die Raffinerie-Branche wieder Gewinne. Es ist ein gewisses Nachholen am Markt, das sich aber auch wieder voraussichtlich beruhigen wird", behauptet Alexander von Gersdorff vom Verband der Mineralölwirtschaft gegenüber "Umschau"-Reportern.

Es ist so, dass die deutsche Raffinerie-Landschaft aus zwei verlustreichen Corona-Jahren herauskommt. Jetzt erzielt die Raffinerie-Branche wieder Gewinne. Es ist ein gewisses Nachholen am Markt, das sich aber auch wieder voraussichtlich beruhigen wird.

Alexander von Gersdorff, Pressesprecher Wirtschaftsverband Fuels und Energie e.V.

Hohe Benzipreise: Kein Grund zur Entwarnung in Sicht

Eine erste Beruhigung der Benzinpreisentwickling scheint schon in den ersten Tagen seit dem Ende des Tankrabatts eingetreten zu sein. Seit dem 1. September sind die Preise an vielen Tankstellen wieder gesunken – teils auf die alten Preise aus Tankrabatt-Zeiten. Grund zur Entwarnung für die Kunden gibt es allerdings noch nicht. "Aus meiner Sicht ist das ganze Preis-Spiel, was wir erleben, ein einziger Marketing-Tanz mit dem Ziel aus den jeweiligen regionalen Märkten so viel herauszupressen, wie irgend geht", schimpft Herbert Rabl vom Verband der Tankstellen-Pächter.

Aus meiner Sicht ist das ganze Preis-Spiel, was wir erleben, ein einziger Marketing-Tanz mit dem Ziel aus den jeweiligen regionalen Märkten so viel herauszupressen, wie irgend geht.

Herbert Rabl, Tankstellen-Interessenverband e.V.

Konzerne bestreiten Preismanipulationen

Die Mineralöl-Konzerne bestreiten, mit den Benzinpreisen zu spielen. Die hohen Sprünge der letzten Tage hält man hier für normal. "Wir verstehen, dass die Autofahrer irritiert sind oder sich ärgern darüber, dass die Preise so stark schwanken", sagt Alexander von Gersdorff. "Es ist in der Tat so, dass der Tankstellen-Markt ganz besonders hart umkämpft ist und so überbieten oder vor allen Dingen unterbieten sich die Tankstellen pausenlos gegenseitig."

Konzerne nutzen Preis-Apps zur Konkurrenzbeobachtung

Die Folge des Marktkampfes unter den Mineralölkonzernen ist ein Benzin-Preis-Chaos. Damit Autofahrer hier durchblicken, hat das Bundeskartellamt vor zehn Jahren eine Markt-Transparenz-Stelle eingerichtet. Tankstellenbetreiber müssen ihre Preise melden. Per App können Autofahrer günstige Tankstellen finden. Aber: Die kompletten Preis-Daten von jeder einzelnen Tankstelle stehen damit auch der Industrie zur Verfügung. "Das heißt, die Mineralölkonzerne haben dank der Markttransparenz-Stelle die Möglichkeit, ein stillschweigendes Kartell zu bilden. Ohne dass man sich noch verabreden muss im stillen Kämmerlein, weiß man sofort: Was macht die Konkurrenz?"

Die Mineralölkonzerne haben dank der Markttransparenz-Stelle die Möglichkeit, ein stillschweigendes Kartell zu bilden. Ohne dass man sich noch verabreden muss im stillen Kämmerlein, weiß man sofort: Was macht die Konkurrenz?

Herbert Rabl, Tankstellen-Interessenverband e.V.

Übergewinn-Steuer greift bisher nur im Ausland

Das Kartellamt spricht bei der Mineralöl-Industrie von einem "gedämpften Wettbewerb" und hat eine Tiefen-Prüfung gestartet. Ergebnisse sollen noch im Herbst vorliegen. Bestätigt sich der Verdacht, dass Preisabsprachen oder Manipulationen stattgefunden haben, droht eine Übergewinn-Steuer. Anderswo gibt es die längst. In Großbritannien oder Italien zum Beispiel werden Mineralöl-Konzerne zur Kasse gebeten, deren Gewinne im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen sind. Besonders radikal ist die Übergewinn-Steuer in Rumänien. Zur Berechnung wird eine übliche Gewinn-Marge definiert. Alles was darüber liegt, fließt zu 100 Prozent in die Staatskasse.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 06. September 2022 | 20:15 Uhr

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