Frühlingsnachmittag auf dem Bremer Marktplatz. Links das Rathaus mit Ukraine-Flagge, in der Mitte der Sankt-Petri-Dom, rechts das Haus der Bürgerschaft.
In Bremen wird am Sonntag eine neue Bürgerschaft gewählt. Bildrechte: IMAGO / Eckhard Stengel

Bürgerschaftswahl Bremen wählt Parlament ohne AfD

14. Mai 2023, 19:03 Uhr

Bremen wählt ein neues Landesparlament. Die SPD will wie in den vergangenen 73 Jahren wieder den Bürgermeister stellen. Die Wahl im kleinsten Bundesland verspricht dennoch Spannung und hat einige Besonderheiten.

In Bremen wird am Sonntag ein neues Landesparlament gewählt. 450.000 Wahlberechtigte sind aufgerufen, über die Besetzung der Bremer Bürgerschaft zu bestimmen. Das Parlament des kleinsten Bundeslandes hat 87 Sitze, 72 werden in Bremen, 15 in Bremerhaven gewählt. Die Wahllokale öffnen von 8 bis 18 Uhr. Am Wahlabend wird es nach der Prognose nur eine amtliche Hochrechnung geben. Das Ergebnis wird erst in den Folgetagen feststehen.

Wahlsystem Das Wahlsystem in Bremen weist einige Besonderheiten auf. Jeder Wähler hat fünf Stimmen, die er – ähnlich wie bei der Kommunalwahl in Sachsen - bei einzelnen Kandidaten oder Wahllisten anhäufen (kumulieren) oder auf mehrere verteilen (panaschieren) kann. Für den Einzug in die Bremer Bürgerschaft reicht es, wenn eine Partei in Bremen oder in Bremerhaven die Fünf-Prozenthürde überspringt. Zudem ist Bremen das einzige Bundesland, in dem noch in einem Vierjahresrhythmus gewählt wird.

Bremen seit 1946 in SPD-Hand

Andreas Bovenschulte
Bremens derzeitiger Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Bildrechte: IMAGO/snapshot

Bremen wird derzeit von einem rot-grün-roten Bündnis unter Andreas Bovenschulte (SPD) regiert. Die Sozialdemokraten stellen seit 1946 ununterbrochen den Bürgermeister. Bei der vorausgegangenen Wahl 2019 fuhr die Partei mit 24,9 Prozent allerdings ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein, wurde erstmals nicht stärkste Kraft und ist seitdem auf ein Dreierbündnis angewiesen.

Entgegen dem Bundestrend kann die SPD am Sonntag aber auf einen Zuwachs hoffe. Der Deutschlandtrend der ARD sieht die Partei bei 30 Prozent und damit wieder vor der CDU mit 27 Prozent. Grüne und Linke müssen dagegen mit Verlusten rechnen. Dennoch scheint eine Fortsetzung der Koalition rechnerisch möglich. Darauf angesprochen sagte Bovenschulte dem ARD-Sender Radio Bremen aber lediglich, die aktuelle Koalition habe eine richtig gute Arbeit gemacht. Alles weitere entscheide der Wähler.

Wahlkampfthemen Wirtschaft, Bildung und Sicherheit

Wahlplakate der oppositionellen CDU und der regierenden SPD zur Bremer Bürgerschaftswahl.
Wahlplakate der oppositionellen CDU und der regierenden SPD in Bremen. Bildrechte: IMAGO / Eckhard Stengel

Der Bremer Wahlkampf war unter anderem von drei Themen geprägt: Wirtschaft, Bildung und Sicherheit. Bremen ist hochverschuldet und hat mit 10,7 Prozent eine fast doppelt so hohe Arbeitslosenquote wie der Bundesdurchschnitt. In Bildungsstudien liegt das Land regelmäßig auf den hinteren Plätzen. Und der Hauptbahnhof hat wie andere Großstädte auch eine Drogenszene.

Für Kritik bei der Opposition sorgte ein milliardenschwerer Nachtragshaushalt, mit dem Rot-Grün-Rot den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft, eine Verkehrswende und Hilfe gegen steigende Lebenshaltungskosten finanzieren will. Außerdem stritten die Parteien darüber, ab welcher Klassenstufe es in Schulen verpflichtend Noten geben sollte.

Bremen als Stimmungsbarometer für den Bund

Bundesweit wird die Wahl in Bremen aber eher als Stimmungsbarometer für den Bund angesehen. So hatte sich auch CDU-Bundeschef Friedrich Merz bei seinem Wahlkampfauftritt vor allem an der Bundesregierung abgearbeitet und etwa deren Energiepolitik kritisiert. Mit Spannung wird vor allem das Abschneiden der kleineren Parteien erwartet. Die Grünen mit Umweltsenatorin Maike Schaefer lagen in den Umfragen lange stabil bei ihrem letzten Landtagsergebnis, sackten aber nach den Querelen um den geplanten Heizungsaustausch und die Vetternwirtschafts-Vorwürfe im Habeck-Ministerium ab. Für die FDP geht es darum, nach den Wahlpleiten in Niedersachsen und Berlin nicht aus einem weiteren Landtag zu fliegen.

Linke schaut im innerparteilichen Streit an die Nordsee

Für die Linke ist Bremen von besonderer Bedeutung. Die Bürgerschaft ist nur einer von drei westdeutschen Landtagen, in denen die Partei noch vertreten ist. Nur in Bremen ist die Linke an einer westdeutschen Landesregierung beteiligt. Der Bremer Landesverband gilt als pragmatisch und hat z.B. die Ostermärsche wegen deren unzureichender Verurteilung des russischen Angriffskriegs kritisiert. Das Abschneiden der Bremer Linken dürfte in jedem Fall Auswirkung auf die innerparteiliche Debatte um die einstige Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.

AfD nach internem Streit nicht auf dem Wahlzettel

Die AfD nimmt in diesem Jahr nicht an der Bremer Wahl teil. In der Partei gibt es zwei konkurrierende Vorstände, die jeweils die Führung der Bremer AfD für sich beanspruchen und eine eigene Wahlliste eingereicht hatten. Der zuständige Wahlbereichsausschuss befand, es sei nicht seine Aufgabe, diesen parteiinternen Streit zu klären, und ließ keine der beiden Listen zu. Beide AfD-Gruppen versuchen noch, juristisch dagegen vorzugehen, Profiteur ist derweil die Partei Bürger in Wut. Die einst aus einem Ableger der Schill-Partei hervorgegangene Vereinigung hatte bislang regelmäßig ihren einzigen Sitz in Bremerhaven geholt und können nun auf ein zweistelliges Ergebnis im gesamten Bundesland hoffen.

MDR, RB, DPA, AFP (kos)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. Mai 2023 | 18:00 Uhr

131 Kommentare

DER Beobachter vor 48 Wochen

Blockparteien in Bremen? War Bremen DDR-Staatsgebiet? Aber wo Sie es schon mal krampfbemühen: Wie auch immer man zu Bremerhavens historischen und gegenwärtigen Mehrheiten stehen mag: es war die älteste noch bestehende deutsche Partei, die den historischen Bremerhavener Höchststand an strukturell bedingter Arbeitslosigkeit von 1998 22% auf gegenwärtig "nur" so 11% drücken konnte...

DER Beobachter vor 48 Wochen

Zu wessi und Germinatöse: Nach der 5%-Klausel wäre die BiW in Bremen selbst (anders als in Bremerhaven) nie ins Stadtparlament gekommen, wenn die AfD da nicht so doof gewesen wäre...

DER Beobachter vor 48 Wochen

"6-7 Bundeländer reichen voll aus." Demnach könnte man unsere drei mitteldeutschen Länder tatsächlich historisch-kulturell und wirtschaftsgeschichtlich zusammenfließen lassen. Ihr Ernst? Wer macht das mit?

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