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Die Ampel hat sich mit CDU und CSU auf die künftigen Regeln für Bürgergeld-Bezieher geeinigt. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jan Woitas

Vertrauenszeit fällt weg Ampel und Union finden Kompromiss zum Bürgergeld

22. November 2022, 19:13 Uhr

Ampel-Koalition und Union haben sich im Streit um das geplante Bürgergeld geeinigt. Der Kompromiss sieht schärfere Sanktionsmöglichkeiten gegen Leistungsbezieher und ein geringeres Schonvermögen vor. Die Kosten der Wohnung würden ohne weitere Überprüfung für ein Jahr übernommen - und nicht wie ursprünglich geplant für zwei Jahre. Die Union kündigte ihre Zustimmung an.

Nach tagelangem Ringen haben die Ampel-Koalition und die Union den Weg für das geplante Bürgergeld freigemacht. Beide Seiten erzielten in den Streitfragen zu der geplanten Sozialreform Kompromisse, wie sie in Berlin mitteilten. Das Bürgergeld soll zum 1. Januar 2023 die heutigen Hartz-IV-Leistungen ablösen.

Vertrauenszeit fällt weg, weniger Schonvermögen

Die Union hatte darauf gepocht, dass es mehr Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger gibt als ursprünglich geplant – und konnte sich damit durchsetzen. Die Ampel hatte eine "Vertrauenszeit" von sechs Monaten vorgesehen, in denen es diese Sanktionen nicht geben sollte. Auf diese Vertrauenszeit wird nun verzichtet. Stattdessen sollen von Anfang an Leistungsminderungen greifen, wenn Arbeitslose sich zum Beispiel nicht für einen Job bewerben, obwohl dies mit dem Jobcenter vereinbart war. Dafür wurde ein Stufenmodell vereinbart.

Zudem hatten CDU und CSU gefordert, dass Betroffene weniger eigenes Vermögen behalten dürfen, wenn sie die staatliche Leistung erhalten. Die Ampel hatte ein Schonvermögen von 60.000 Euro geplant. Der Kompromiss sieht nun einen Betrag von 40.000 Euro für die erste Person einer Bedarfsgemeinschaft vor und 15.000 Euro für jede weitere.

Für das Schonvermögen soll eine Karenzzeit von einem Jahr gelten – die Ampel hatte zwei Jahre gewollt. In dieser Zeit müssen Leistungsbezieher das Ersparte nicht aufbrauchen. Auch die Karenzzeit der Prüfung der Angemessenheit der Wohnung wurde von zwei Jahren auf ein Jahr verringert.

Ampel-Koalitionäre reagieren gemischt auf Bürgergeld-Kompromiss

In der Ampel-Koalition führte der Kompromiss zu gemischten Reaktionen. "Ich bedaure das sehr", sagte Grünen-Geschäftsführerin Britta Haßelmann zum Wegfall der Vertrauenszeit. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sprach dagegen von einem "tragfähigen Kompromiss im Sinne der Sache". FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel sagte, es sei gelungen, "ein gutes Gesetz noch besser machen".

Die Union stellte ihre Zustimmung in Bundestag und Bundesrat in Aussicht. CDU und CSU hätten sich in den Beratungen mit ihrer Kritik weitgehend durchgesetzt, sagte CDU-Chef Friedrich Merz in Berlin. "Die Koalition war sehr schnell und – zu meiner Überraschung – sehr weitgehend bereit, hier Kompromisse zu machen", sagte er. Als größten Erfolg der Union wertete Merz den Verzicht auf die sechsmonatige Vertrauenszeit.

Bereits geplant war, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss am Mittwoch dieser Woche festzurrt. Bis Freitag sollen Parlament und Länderkammer dann das Bürgergeldgesetz beschließen. Zum 1. Januar sollen mit dem Bürgergeld die Bezüge etwa von Alleinstehenden um mehr als 50 Euro auf 502 Euro steigen.

dpa/AFP (jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. November 2022 | 13:00 Uhr

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