Novelle Bafög-Empfänger erhalten mehr Geld

23. Juni 2022, 07:00 Uhr

Mehr Geld, höhere Elternfreibeträge sowie die Hochsetzung der Altersgrenze auf 45 Jahre: Der Bundestag hat das Bafög reformiert. Die Änderungen werden bereits ab dem kommenden Wintersemester spürbare Verbesserungen bringen und den Kreis der Antragsberechtigten vergrößern. Weitere Veränderungen sind bereits in Planung. Dennoch gibt es nicht nur Applaus.

Bafög-Empfänger erhalten ab dem Wintersemester mehr Geld. Der Bundestag beschloss mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Linken eine Reform des Bundesausbildungsförderungesgesetzes (Bafög). Die Union und die AfD stimmten dagegen.

Mit der Reform erhöhen sich die Bafög-Sätze um knapp sechs Prozent. Durch eine deutliche Erhöhung der Freibeträge und Schonvermögen vergrößert sich der Kreis der Bafög-Berechtigten. Auch für Schüler und Auszubildende werden die Sätze angehoben.

Wie viele Bafög-Empfänger gibt es in Mitteldeutschland? 2020 erhielten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen insgesamt 69.422 Studierenden oder Auszubildende Bafög. 2012 waren es noch 92.793. (25 Prozent weniger)

Diese Verbesserungen soll die Bafög-Reform bringen

Mehr Geld:
Künftig kann es statt wie bisher 861 Euro pro Monat bis zu 931 Euro Bafög geben. Sollte dem Änderungsantrag zugestimmt werden, könnten es bis zu fünf Euro mehr werden.

Die Erhöhung resultiert zum einen daraus, dass die Bedarfssätze wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten angehoben werden sollen und zum anderen sollen die Kinderbetreuungs- und Wohnzuschläge steigen. Für diejenigen, die nicht familienversichert sind, soll es weitere Leistungen bei der Pflege- und Krankenversicherung geben.

Länger Geld:
Künftig soll die Altersgrenze, bis zu der Bafög beantragt werden kann, bei 45 Jahren liegen. Bislang war bei 30 Jahren Schluss.

Höherer Vermögensfreibetrag:
Wer schon früh gespart hat oder neben dem Studium jobbt, wurde bisher bestraft. Unter 30-Jährige dürfen künftig 15.000 Euro besitzen, über 30-Jährige 45.000 Euro, ohne dass das auf das Bafög angerechnet wird. Bisher liegt das Schonvermögen generell bei 8200 Euro.

Studierende sollen künftig mit einem Nebenjob 330 Euro verdienen können, ohne dass sich das auf die Bafög-Höhe auswirkt - momentan sind es 290 Euro.

Kinderbetreuungszuschlag

Studierende, die schon Kinder haben, können künftig 160 Euro statt bisher 150 Euro im Monat Betreuungszuschlag bekommen. Das Geld ist etwa für Babysitter gedacht, wenn abends Lehrveranstaltungen sind.

Schüler und Azubis

Schüler und Azubis, die auswärts wohnen, können künftig 632 statt bisher 585 Euro bekommen.

Höhere Freibeträge beim Einkommen der Eltern:
Auch die Freibeträge beim Einkommen der Eltern von Antragsstellerinnen und Antragsstellern werden erhöht – um mindestens 20 Prozent. Damit sollen künftig bei verheirateten Eltern 2.415 Euro anrechnungsfrei bleiben. Bei einem alleinstehenden Elternteil sind es 1.600 Euro.

Moderne Verwaltung:
Anträge sollen nun auch per E-Mail oder digital eingereicht werden können.

Kritik: Reform bleibt hinter Bedarfen zurück

In den vergangenen zehn Jahren war die Zahl der Empfänger kontinuierlich gesunken. Bundesbildungsbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte im Bundestag, die bisherige Förderung habe noch zu viele ausgeschlossen. Dieser Trend werde jetzt umgekehrt.

Kritikern gehen die Reformen allerdings nicht weit genug. Die Linken-Politikerin Nicole Gohlke etwa warf der Ampel-Koalition vor, weltfremd zu sein. Die Inflation fresse die Bafög-Erhöhung komplett auf. Die CSU-Bildungspolitikerin Katrin Staffler nannte das Gesetz ein Reförmchen, das zu kurz greife.

Das Deutschen Studentenwerk kritisierte die Anhebung wegen der Inflation ebenfalls als zu niedrig. Es fordert daher unter anderem, dass die Bedarfssätze mindestens um zehn Prozent erhöht werden und die sogenannte Förderhöchstdauer verlängert wird.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) geht noch weiter. Im Rahmen des GEW-Gewerkschaftstages wurde in einem Dringlichkeitsantrag eine Erhöhung auf mindestens 1.200 Euro gefordert. Außerdem kritisiert die GEW, dass es mit der Novelle nur geringfügig mehr Bafög-Empfänger geben wird.

Nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erhöht sich der Anteil der Studierenden, die Bafög erhalten, um gerade mal 1,8 Prozentpunkte durch die Anhebung der Freibeträge des Elterneinkommens.

Die AfD dagegen kritisierte ein Gießkannenprinzip. Ihr bildungspolitischer Sprecher Götz Frömming sagte, Studieren sei eine Chance, aber kein staatlich garantiertes Menschenrecht für jedermann.

Muss man Bafög eigentlich zurückzahlen? Studierende erhalten in der Regel ihr Bafög innerhalb der Regelstudienzeit zu 50 Prozent als nicht zurückzuzahlenden Zuschuss und zu 50 Prozent als zinsloses Darlehen. Nach dem Studium müssen von diesem Darlehensanteil maximal 10.010 Euro zurückgezahlt werden.

Auch Schüler und Schülerinnen von meist berufsbildenden Schulen können Bafög beantragen. Anders als die Studierenden erhalten sie einen 100-prozentigen Zuschuss, müssen also am Ende nichts zurückzahlen.

Weitere umfassende Reformen geplant

Die 27. Bafög-Novelle soll allerdings nur der Auftakt für weitere Veränderungen sein. Mit künftigen Reformen, deren Novellen im Entwurf bereits vorliegen, soll unter anderem festgelegt werden, dass die Ausbildungsförderung länger ausgezahlt wird und zudem unabhängiger vom Einkommen der Eltern.

Geplant ist auch außerdem eine unbürokratische "Studienstarthilfe" für Auszubildende aus einkommensschwachen Familien, die nicht auf das Haushaltseinkommen angerechnet werden soll. Zudem sollen Freibeträge und Bedarfssätze künftig automatisch angepasst werden. Auch plant die Bundesregierung einen "Nothilfemechanismus", um in Krisensituationen wie der Corona-Pandemie besser reagieren zu können.

Wie viele Studierende und Auszubildende haben bislang Bafög erhalten? 1971 wurde die Bundesausbildungsförderung in den alten Bundesländern eingeführt, mit der Wiedervereinigung wurden auch in den neuen Bundesländern Studierende sowie Schülerinnen und Schüler mit Geld vom Staat bei ihrer Studienfinanzierung unterstützt. Mehr als 36 Millionen Menschen haben seither bundesweit vom Bafög profitiert.

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