BundestagScholz verteidigt Migrationspolitik der Ampel
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in der Generaldebatte im Bundestag die Migrationspolitik der Ampel verteidigt. Deutschland brauche Arbeitsmigration und halte am Grundrecht auf Asyl fest. Unionsredner forderten strenge Zuwanderungsregeln und warfen der Ampelregierung Versagen auf ganzer Linie vor. Auch andere Oppositionsvertreter rechneten mit der Regierung ab.
Inhalt des Artikels:
Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Union jahrzehntelange Untätigkeit in der Migrationspolitik vorgeworfen. Scholz sagte in der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag, "seine Regierung habe das Problem irregulärer Migration angepackt". Der SPD-Politiker betonte, die Bundesregierung werde alle Möglichkeiten für Zurückweisungen an den Grenzen im Rahmen des geltenden Rechts nutzen. Dazu habe die Ampel ein Konzept auf den Tisch gelegt und werde es umsetzen.
Scholz: Deutschland muss weltoffen bleiben
Scholz betonte die Notwendigkeit von Zuwanderung angesichts schrumpfender Erwerbsbevölkerung. Zugleich sei Steuerung und Kontrolle nötig. Deutschland biete verfolgten Menschen Schutz. Das stehe im Grundgesetz und "das stellen wir nicht zur Debatte". Weltoffenheit bedeute aber nicht, dass jeder kommen könne, der wolle. Scholz betonte: "Wir müssen uns aussuchen können, wer nach Deutschland kommt."
Zugleich warf der Bundeskanzler Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) "Theateraufführungen" und fehlenden Willen vor, die Migrationsfrage wirklich zu lösen: Die Union habe sich mit ihrem Abbruch der Gespräche zur Asylpolitik "in die Büsche geschlagen". Scholz attackierte Merz persönlich: "Sie sind der Typ von Politiker, der glaubt, mit einem Interview in der 'Bild am Sonntag' hätte er schon die Migrationsfrage gelöst. Doch kaum dass Sie die Redaktionsräume verlassen haben, vergessen Sie, was Sie gerade vorgeschlagen haben." Er bot jedoch neue Gespräche an.
Merz kritisiert Planwirtschaft und hohe Sozialausgaben
Überraschend redete Unionsfraktionschef Friedrich Merz nach Scholz. Der Oppositionsführer eröffnet eigentlich traditionell die Generaldebatte, ließ aber CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den Vortritt. Merz konnte damit direkt auf die Rede von Scholz eingehen.
Der CDU-Vorsitzende wies Vorwürfe zurück, die Gespräche mit der Bundesregierung über die Asyl- und Migrationspolitik von Anfang an inszeniert zu haben. Das sei eine "infame" Behauptung. Die Vorschläge der Ampel seien unzureichend gewesen, es dürfe keine Endlosschleife von Gesprächen geben. Jetzt müsse gehandelt werden, um die unkontrollierte Zuwanderung zu stoppen.
Zudem warf Merz der Bundesregierung falsche Weichenstellungen im Haushalt 2025 vor. Die Ampelpolitik verschlechtere die Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft: "Wir bewegen uns mehr und mehr in die Richtung einer Planwirtschaft." Zugleich wachse der Sozialhaushalt. Die Koalition mache Sozialpolitik auf dem Rücken der jungen Generation. Ohne die Schuldenbremse wäre die Staatsverschuldung explodiert.
Dobrindt: "Doppelnull" statt "Doppelwumms"
Zum Auftakt der Generaldebatte hatte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Kanzler Scholz und der Ampel vorgeworfen, mit ihrer Migrationspolitik den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland zu gefährden und die Sorgen der Bürger zu ignorieren. Die Ampel-Politik sei "eine Kapitulation gegenüber der Überforderung unserer Kommunen, unserer Schulen, der Sicherheitslage in unserem Land".
Drobrindt kritisierte, "die Menschen haben diese Ampel-Ausreden satt". Statt Führung gebe es nur Ausreden. Kanzler Scholz habe statt einem "Doppelwumms" eine "Doppelnull" geliefert.
Kritik an Union auch von den Grünen
Kritik am Ausstieg der Union aus der Migrationsrunde kam auch von anderen Koalitionsvertretern. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge warf Merz vor, in der Migrationspolitik "mit den Ängsten der Menschen Wahlkampf zu machen". SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte: "Indem sie gestern gegangen sind, haben sie der Demokratie einen Bärendienst erwiesen."
Gemäßigter äußerte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr: Er mahnte eine Zusammenarbeit verschiedener staatlicher Ebenen und Parteien in der Migrationsfrage an und "echtes Handeln".
AfD, Linke und BSW rechnen mit der Ampel ab
AfD-Chefin Alice Weidel warf der Ampel-Koalition, aber auch der CDU-geführten Vorgängerregierung vor, mit einer migrationsfreundlichen Politik die Gesellschaft gespalten zu haben: "Sie alle haben das migrationspolitische Staatsversagen in den letzten Jahren und Jahrzehnten aktiv vorangetrieben."
Die Vorsitzende der Linken-Gruppe, Heidi Reichinnek, kritisierte Richtung Ampel: "Fortgeschritten ist unter ihnen nur der Verfall des Sozialstaates und der öffentlichen Infrastruktur." BSW-Chefin Sahra Wagenknecht warf der Koalition eine Stärkung des rechten Rands vor: Die "Ampel"-Politik lasse "die Menschen so sehr an der Demokratie verzweifeln, dass sie inzwischen sogar Björn Höcke für das kleinere Übel halten".
Die Aussprache über den Etat des Kanzleramts bei den Haushaltsberatungen im Bundestag wird von Regierung und Opposition traditionell für einen Schlagabtausch zur Regierungsbilanz genutzt.
AFP/dpa(ans)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 11. September 2024 | 11:30 Uhr