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Lob und KritikEntlastungspaket ruft geteilte Reaktionen hervor

05. September 2022, 16:03 Uhr

Das Maßnahmen des dritten Entlastungspakets der Bundesreaktion stoßen auf unterschiedliche Reaktionen. Während Ökonomen einzelne Maßnahmen lobten, kritisierte die Opposition das Paket als unzureichend. Auch aus Mitteldeutschland kam sowohl Kritik als auch Lob.

Reaktionen aus der Opposition

Die Oppositionsparteien kritisieren die Entlastungspläne der Bundesregierung als unzureichend. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte im Sommerinterview der ARD, zwar sei es etwa richtig, Rentner und Studierende in die Energiepreispauschale einzubeziehen. Aber ob es auch für diejenigen ausreiche, die gerade oberhalb der Wohngeld- und Sozialhilfe-Grenzen lägen, das müsse man sehen. Er glaube auch, dass "die kleinen und mittleren Unternehmen, die dieses Land am Laufen halten", sich in den nächsten Tagen massiv beklagen würden darüber, dass an sie nicht gedacht werde.

Der Linkspartei gehen die geplanten Maßnahmen nicht weit genug. Es sei in der Koalition "wieder nur ein Entlastungspäckchen" herausgekommen, sagte Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali den Funke-Zeitungen. "Alle drei dieser Entlastungspäckchen zusammen bleiben immer noch hinter den 100 Milliarden zurück, die über Nacht für Aufrüstung beschlossen werden konnten", bemängelte sie.

Die Partei- und Fraktionschefs der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, warnten vor einem weiteren Preisauftrieb infolge des Entlastungspakets. Inflation mit mehr Staatsausgaben zu begegnen, sei "so sinnvoll, wie Feuer mit Benzin löschen zu wollen", erklärten sie. Es brauche stattdessen gezielte Entlastung bei den Verbrauchssteuern auf Lebensmittel und Energie sowie die Abschaffung der CO2-Abgabe.

Reaktionen von Ökonomen

Auch von Ökonomen gibt es Kritik am Entlastungspaket, aber eher an Einzelmaßnahmen. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Maßnahmen am Strommarkt und zur Abfederung der Belastungen der Gaskunden blieben "noch unkonkret". Zugleich lobte sie, dass nun "im Wesentlichen Menschen, die die Härten besonders weniger selbst abfedern können", Zuschüsse bekämen.

Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, kritisierte das Hilfspaket als zu wenig zielgenau. Positiv sei, dass die Bundesregierung sich erkennbar bemühe, Preise und damit Anreize für das Energiesparen wirken zu lassen", sagte Fuest der "Bild"-Zeitung. Allerdings sei die Koalition hier "teils mit der Gießkanne unterwegs". Die Entlastung bei den Strompreisen komme etwa auch Haushalten mit höheren Einkommen zu Gute, die die Strompreise selbst tragen könnten.

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Marcel Fratzscher kritisierte das "Gießkannenprinzip" bei der Verteilung der Gelder. 70 Prozent der zehn Milliarden Euro an Entlastung bei der kalten Steuer-Progression komme den oberen 30 Prozent zugute. Zudem werde die Bundesregierung entgegen aller Versprechen die Schuldenbremse nicht einhalten können. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung noch vor Ende des Jahres die Schuldenbremse für 2023 kippen und sich ehrlich machen muss", sagte Fratzscher.

Reaktionen aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Sozialverbänden

Deutliche Kritik am Entlastungspaket kam von Arbeitgeberverbänden: Das Paket sei "enttäuschend", sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Es sei zwar richtig, dass die Bundesregierung soziale Härten auffange. Der Regierung fehle jedoch offensichtlich der Mut für eine neue Energiepolitik: "Die Ausweitung des Sozialstaats kann keine Antwort auf eine Kostensteigerung der Energiepreise auf dem Weltmarkt sein", kritisierte Dulger.

Kritik äußerte auch Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Adrian sagte der Rheinischen Post, die unternehmensbezogenen Maßnahmen blieben "weitgehend unkonkret – und sind daher nicht der angekündigte 'wuchtige' Wurf."

Positiver ist das Echo der großen Gewerkschaften. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi bezeichnete das Paket als "insgesamt beeindruckend". Zentrale Augfgabe bleibe nun, "die guten Absichten jetzt schnell in konkrete und überzeugende Gesetzgebung zu überführen." Nur dann werde es gelingen, Menschen Sicherheit zu geben. Verdi-Chef Frank Werneke kritisierte das Fehlen weiterer direkter Zahlungen für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. "Hochverdiener werden durch die Steuerpläne stattdessen mit bis zu 1.000 Euro entlastet."

Ähnlich lautet auch die Kritik der Sozialverbände: Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, sagte, mit dem Paket würden vor allem Fehler des vergangenen Entlastungspakets korrigiert. Es würden aber keinerlei zusätzliche zielgerichtete Hilfen für die Ärmsten auf den Weg gebracht. Die Vorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier nannte die Unterstützung für Rentner "überfällig", es fehle aber an Unterstützung für Menschen mit kleinem Einkommen, die kein Wohngeld erhalten.

Reaktionen aus Sachsen

Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) hat das neue Entlastungspaket der Bundesregierung gelobt. Es helfe gezielt und substanziell den Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen, "all jenen Menschen, die es am nötigsten brauchen". Das sei gut und notwendig für Sachsen. Wichtig sei: "Die Energiepreise müssen sinken", mahnte Günther. "Wir brauchen einen Winter der Solidarität."

Auch die Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Nadja Sthamer reagierte mit Zustimmung auf das Paket. Auf Twitter schrieb sie: "Für die Zukunft. Für Dich. Das #Entlastungspaket III steht!" In einem weiteren Tweet betonte Sthamer, wichtig sei ihr die Reform des Wohngeldes, "damit mehr Menschen nicht von den steigenden Mieten erdrückt werden und Stadteile weiterhin divers bleiben können".

Die Vorsitzende der sächischen Linken, Susanne Schaper, übte dagegen Kritik: "Dieses Entlastungspaket enttäuscht die Erwartungen vieler Menschen im Land." Die 300 Euro Energiebonus für Rentner kämen zu spät, die höheren Wohngeld- und Kindergeld-Sätze reichten nicht aus. Positiv sei die Strompreisbremse zu bewerten, dieser müsse aber eine ähnliche Maßnahme für Gaspreise folgen. Grundsätzlich könne man die Preiserhöhungen nicht durch staatliche Zahlungen ausgleichen: "Deshalb muss die kapitalistische Preisbildung durchbrochen werden", sagte Schaper.

Andere führende sächsischen Oppositionspolitiker äußerten sich zunächst nicht. Auch aus der sächsischen Staatskanzlei gab es auf Anfrage von MDR SACHSEN zunächst keine Reaktion auf das Entlastungspaket.

Reaktionen aus Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Peter Gercke

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff begrüßte bei den Maßnahmen grundsätzlich die Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger. "Leider ist aber das Gesamtpaket der Bundesregierung in vielen Punkten unklar und trotz des Volumens im Ergebnis unzureichend", teilte der CDU-Politiker mit. So blieben Fragen zur Finanzierung und den konkreten Bedingungen der Umsetzung offen. Der entscheidende Mangel sei aber, "dass es keine hinreichenden Lösungen für die Unternehmen gibt". Viele kleine und mittlere Betriebe und kommunale Unternehmen könnten die hohen Energiepreise nicht mehr schultern. Andere hätten keine Ausweichmöglichkeit zu Gas. "Wenn aber ganze Wirtschaftsbereiche in die Insolvenz gehen, fehlen die Steuereinnahmen, mit denen unser Sozialsystem finanziert wird." Die Energieproduktion müsse ausgeweitet werden, um den Bedarf zu decken, die Unternehmen am Laufen halten und Arbeitsplätze erhalten. "Sonst gefährden wir den Wirtschaftsstandort Deutschland, vor allem aber das bisher Erreichte im Aufbau Ost."

Der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt geht das Entlastungspaket der Bundesregierung nicht weit genug. Fraktionschefin Eva von Angern schrieb auf Twitter, die Erhöhung des Kindergeldes zum neuen Jahr reiche nicht einmal für vier Tage Essensversorgung in Kita und Schule. Die Ampel-Koalition habe keinen Bezug zur realen Not der Menschen, kritisierte von Angern.

Kritik kam auch von der CDU im Landtag: Der Abgeordnete Detlef Gürth von der Mittelstandsunion twitterte, das Entlastungspaket sei unzureichend. Die Belastung für den Mittelstand bleibe. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Magdeburger Landtag, Ulrich Siegmund, erklärte bei Twitter, als weiteres Instrument gegen die Symptome werde das Paket die Inflation "nochmal richtig anheizen".

Lob äußerten dagegen die Grünen. Fraktionschefin Cornelia Lüddemann schrieb auf Twitter, untere und mittlere Einkommen würden entlastet. Die Ampelregierung habe sich in der Krise zusammengerauft. Aus der Staatskanzlei und von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gab es bislang keine Reaktion zu der Einigung der Bundesregierung.

Reaktionen aus Thüringen

Aus Sicht von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat die Ampel Fehler der vorherigen beiden Pakete korrigiert. "Es gibt Richtiges und Überfälliges", sagte Ramelow auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Positiv bewertete Ramelow die Entlastungen für Rentnerinnen und Rentner sowie die geplante Strompreisreform. Dennoch erfülle das Paket die Erwartungen nicht ausreichend, da die Schuldenbremse für den Bundesfinanzminister noch immer mehr wiege als der soziale Frieden im Land.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Thüringer Landtag, Mario Voigt kritisierte, die "kleinen Schritte" seien zu langsam: Gerade der Mittelstand bleibe außen vor, bei den Gaspreisen gebe es eine große Leerstelle. Auch der FDP-Landesvorsitzende, Thomas Kemmerich mahnte: "Das vielgelobte Rückgrat der deutschen Wirtschaft, eben der Mittelstand, darf nicht zum Verlierer der Situation werden." Maßnahmen für Geringverdiener, Rentner und Studenten seien dagegen vielversprechend.

Der SPD-Landesvorsitzende Georg Maier sagte, er freue sich außerordentlich über das beschlossene Paket: "Es ist die richtige Antwort auf die bevorstehenden Herausforderungen." Auch die Landesvorstands-Sprecherin der Grünen, Ann-Sophie Bohm lobte das Paket. Es sei ein Erfolg, "weil es da ansetzt, wo es die Leute dringend brauchen". Zugleich hätten sich die Grünen etwa einen höheren Satz beim Bürgergeld gewünscht. Das sei mit SPD und FDP aber nicht zu machen gewesen.

Der Vize-Landesvorstand der AfD, Stefan Möller, sprach vom "sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein". Die vorgesehenen Einmalzahlungen seien ungeeignet, um die massiven Preisanstiege auch nur ansatzweise abzufedern.

MDR/AFP/dpa/Reuters (jan)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. September 2022 | 17:00 Uhr