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65 Milliarden EuroStrompreisbremse und mehr Kindergeld: Koalition beschließt drittes Entlastungspaket

04. September 2022, 14:40 Uhr

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben sich in der Nacht zum Sonntag auf ein drittes Entlastungspaket im Gesamtwert von 65 Milliarden Euro verständigt. Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende sollen Einmalzahlungen bekommen. Zudem will der Bund weitere 1,5 Milliarden Euro für eine Neun-Euro-Ticket-Nachfolge bereitstellen. Für einen Basisverbrauch an Strom soll ein vergünstigter Preis gelten. Das Kindergeld wird erhöht, und statt Hartz IV ein Bürgergeld von 500 Euro ab dem nächsten Jahr kommen.

Die regierende Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat wegen der hohen Energiepreise ein drittes Entlastungspaket im Gesamtwert von 65 Milliarden Euro vereinbart. Es entlaste "alle Haushalte", heißt es im Beschlusspapier, das im Koalitionsausschuss in der Nacht zum Sonntag erarbeitet worden ist.

Weitere Einmalzahlungen und Wohngeldreform

Demnach bekommen Rentnerinnen und Rentner per 1. Dezember eine Einmalzahlung von 300 Euro aus dem Bundesetat, Studierende einmalig 200 Euro. Wer Wohngeld bekommt, soll einen zusätzlichen Heizkostenzuschuss von 415 Euro erhalten. Beim Wohngeld wurde zudem eine umfassende Reform angekündigt, mit der die Zahl der Bezieher von rund 700.000 auf zwei Millionen steigen und eine Heizkostenkomponente eingeführt werden soll.  

Für einen zunächst noch nicht näher bestimmten Basisverbrauch an Strom soll es nach dem Willen der Ampel-Koalition einen günstigeren Preis geben. Für einen zusätzlichen Verbrauch wäre der Preis dann nicht begrenzt.

Günstiges Ticket – mehr Kinder- und Bürgergeld

Auch soll nun ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket möglich werden – mit einer Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Der Bund will dafür 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich bereitstellen. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Bund und die Länder darüber verständigen und die den gleichen Betrag aufbringen.

Mehr Kindergeld soll es geben. Bildrechte: IMAGO / photothek

Das Kindergeld soll zu Beginn des kommenden Jahres um 18 Euro im Monat für das erste und zweite Kind steigen und diese Erhöhung dann für die Jahre 2023 und 2024 gelten.

Mit der geplanten Einführung des neuen Bürgergelds zu Beginn des kommenden Jahres will die Ampel-Koalition zudem den Regelsatz auf rund 500 Euro erhöhen.

Aktuell liegt der Hartz-IV-Satz für eine allein lebende Person bei 449 Euro pro Monat. Künftig sollen dann bestimmte Sozialleistungen allerdings auch an die Inflation angepasst werden. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach hier von einem "Paradigmenwechsel". Er machte erneut deutlich, dass in dieser schwierigen Lage niemand allein gelassen werde.

Es gilt mein Versprechen: You'll never walk alone. Wir werden niemanden allein lassen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Finanziert werden solle all das unter unter anderem durch geplante Gewinnabschöpfungen etwa bei Energie-Unternehmen, sagte Scholz weiter. Er sprach etwa von einer "Erlösobergrenze" für Stromerzeuger, die nicht auf das derzeit teure Gas angewiesen seien. "Zufallsgewinne" sollten entweder vermieden oder abgeschöpft werden. Die Koalition wolle sich für eine EU-Regelung einsetzen, würde sie aber auch national umsetzen.

Steuerfreie "Inflationsprämien"

Bundesfinanzminister Christian Lindner erläuterte zudem weitere geplante steuerliche Entlastungen. So sollen etwa "Inflationsprämien" von bis zu 3.000 Euro steuerfrei bleiben. Die volle Steuerfreiheit der Rentenbeträge werde vorgezogen, die Homeoffice-Pauschale auf Dauer fortgeschrieben und den Regelungen für das heimische Arbeitszimmer angepasst, sagte Lindner.

Bei den sogenannten Midi-Jobs soll ab 2023 die Grenze, ab der Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind, auf 2.000 Euro steigen, und Geringverdiener damit mehr vom Einkommen behalten können.

Lindner machte dabei deutlich, dass alles das innerhalb der bisherigen Haushaltsplanung realisiert werden könne. Ein Nachtragshaushalt sei nicht nötig und anscheinend auch keine neue Verschuldung. Eine Aussetzung der Schuldenbremse werde es nicht wieder geben. Die Inflation habe zuletzt höhere Steuereinnahmen gebracht, die man jetzt nutzen könne.

Wie es dann am Sonntag auch hieß, wird die bisher zum 1. Januar 2023 geplante Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne um ein Jahr verschoben, womit auch die bisher geplanten Folgeschritte 2024 und 2025 um ein Jahr nach hinten rücken. Auch das soll Strom günstiger machen.

Der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und FDP hatte seit Samstagmittag im Kanzleramt zusammengesessen und über das dritte Entlastungspaket beraten. Die Gespräche gingen bis tief in die Nacht.

Bisherige Maßnahmen: 30 Milliarden Euro

Die Bundesregierung hatte seit Beginn des Ukraine-Kriegs und den damit verbundenen Preisexplosionen bereits zwei Entlastungspakete auf den Weg gebracht. So wurde der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gab eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen. Das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro aufgestockt. Drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt und für Juni, Juli und August gab es das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.

Die ersten zwei Entlastungspakete hatten ein Volumen von zusammen rund 30 Milliarden Euro. Etliche Maßnahmen sind Ende August ausgelaufen, dafür werden einige Finanzhilfen erst im September und Oktober ausgezahlt, etwa die Energiepauschale. Auch wirkt sich die ebenfalls erhöhte Pendlerpauschale finanziell erst mit der Steuererklärung für 2022 im kommenden Jahr aus.

dpa/Reuters/ AFP (jan, ksc)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. September 2022 | 11:00 Uhr