Bund-Länder-Treffen Das erwarten die kommunalen Spitzenverbände vom Migrationsgipfel

Im Kanzleramt in Berlin geht es am Mittwoch um die Frage: Wie geht es weiter in Sachen Flüchtlingspolitik in Deutschland? Und wer trägt wie viel der Kosten? Mit diesen Erwartungen gehen die kommunalen Spitzenverbände in Mitteldeutschland auf das Bund-Länder-Treffen.

Flüchtlinge essen am Dienstag (29.03.16) in Berlin in der Unterkunft für Flüchtlinge des Vereins Christliches Jugenddorfwerk Deutschland Mittag.
Die fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete sind nicht die einzige Herausforderung für die Kommunen. Bildrechte: imago/CommonLens

Carsten Rieder muss nicht lange überlegen. Der Geschäftsführer des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes packt seine Erwartungen an dieses Gipfeltreffen in vier Worte: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Die kommunalen Spitzenverbände können das Treffen nur aus der Ferne verfolgen. Sitzen nicht mit am Verhandlungstisch. So hofft Heinz Lothar Theel, der Geschäftsführer des Landkreistags Sachsen-Anhalt, zunächst einmal auf harmonische Gespräche: "Uns wäre es erstmal wichtig, dass Bund und Länder sich nicht streiten, sondern, dass sie im Interesse der kommunalen Ebene Lösungen finden."

Kommunen: Es geht bei der Flüchtlingspolitik nicht nur ums Geld

Lösungen. Mehrzahl. Es geht den kommunalen Verbänden nicht nur um mehr Geld. Ebenso um Grundsätzliches – um die Frage nämlich – braucht es in der Flüchtlingspolitik einen Kurswechsel? Heinz Lothar Theel sieht die Zeit gekommen. "Wir brauchen eine Begrenzung des Zuzugs. Da ist der Bund an vorderster Stelle gefordert. Das muss die EU klären. Wir müssen da irgendwie zu gemeinschaftlichen Lösungen kommen, denn wir können das so Zug um Zug nicht weiterlaufen lassen, wir sind dann wirklich irgendwann überfordert."

Eine Forderung, die beim sächsischen Städte- und Gemeindetag auf Unterstützung trifft. In Dresden macht sich Präsident Bert Wendsche ebenso stark für eine Begrenzung des Zuzugs. Und so könnte sie aussehen: "Keine Sonder-Aufnahmeprogramme an dieser Stelle mehr. Es geht um Grenzschutz. Entweder an den Außengrenzen des Schengenraums oder tatsächlich Binnen-Kontrollen. Und es geht um das Thema, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene ja hat, um einen Rückführungs-Offensive, die endlich Tat umgesetzt werden muss. Das Thema ist bisher noch nicht ansatzweise angegangen worden."

Keine Sonder-Aufnahmeprogramme an dieser Stelle mehr. Es geht um Grenzschutz.

Bert Wendsche Städte- und Gemeindetag

Kaum Wohnraum für Geflüchtete in Mitteldeutschland

Für alle drei Bundesländer gilt in diesen Tagen: Wohnraum für Geflüchtete zu finden, wird immer schwieriger. Die Kapazitäten der Erstaufnahme-Einrichtungen sind so gut wie erschöpft. Und damit zum Geld. Das wird immer knapper für die Finanzierung der Flüchtlingskosten. Aktuelle Zahlen dazu gibt es in Thüringen zwar nicht, sagt Carsten Rieder vom Gemeinde- und Städtebund. Aber: "Es gibt eine Studie, allein für die Jahre 2017 bis 2019, da hat das Migrationsministerium selbst festgestellt, dass eine Unterfinanzierung der Landkreise und kreisfreien Städte in Höhe von 35 Millionen Euro vorlag. Vor dem Hintergrund der steigenden Energiepreise, der Rekord-Inflation und, und, und, ist eher davon auszugehen, dass sich dieser Fehlbetrag deutlich erhöht hat."

Deshalb hofft Carsten Rieder auf mehr Geld vom Bund für das Land, damit das Land den Kommunen und Landkreisen finanziell stärker unter die Arme greifen kann. 2,8 Milliarden Euro sind es in diesem Jahr. 4,5 Milliarden waren es im vergangenen Jahr. 1,25 Milliarden Euro sollen es bislang im kommenden Jahr sein. Ausgegeben als Pauschale – unabhängig von der Zahl der Geflüchteten – und verteilt unter den Ländern.

Steigende Zahl an Geflüchteten soll berücksichtigt werden

Heinz Lothar Theel, der Geschäftsführer des Landkreistags Sachsen-Anhalt hofft, dass darüber beim Gipfel in Berlin nochmal gesprochen wird. Über die Höhe der finanziellen Hilfe, wie über die Form. Er empfindet die Pauschalen-Regelung als ungünstig – denn damit könne man nicht reagieren auf steigende Flüchtlingszahlen: "Wir sehen es als erforderlich an, dass die Bundesbeteiligung tatsächlich auch so ausgestaltet ist, dass steigende Zahlen entsprechend berücksichtigt werden und zu einer höheren Beteiligung des Bundes führen." Ob sich dieser Wunsch erfüllt oder ein anderer wird sich am Mittwoch ab 14 Uhr zeigen, wenn die Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler beginnt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Mai 2023 | 06:00 Uhr

74 Kommentare

goffman vor 19 Wochen

Ein Einwanderungsgesetz brauchen wir auch. Das hat nur mit Flüchtlingspolitik recht wenig zu tun. Wer vor Krieg, Verfolgung oder Hunger fliehen muss, dem hilft das wenig, der flieht so oder so. Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen.
Dublin ist gescheitert. Die Mittelmeerländer sind schon lange überlastet, Deutschland war 2015 überlastet und Osteuropa seit dem Angriff Russlands. Wir brauchen ein europaweites und deutlich vereinfachtes Asylverfahren und eine europaweite Verteilung der Menschen und Kosten.
Wir haben uns dem lange versperrt, aber die aktuelle Situation schafft da noch mal Möglichkeiten.

Bis dahin stellt sich die Frage, wie wir mit der Situation umgehen und da ist der gefundene, kurzfristige Kompromiss doch schon mal sinnvoll.

goffman vor 19 Wochen

Der Angriff Russlands zeigt, auch wenn wir uns um Abrüstung, gute Handelsbeziehungen und die internationale Anerkennung von Menschenrechten bemühen, es wird immer Egoisten geben, die andere Länder angreifen. Und wenn die Klimakatastrophe das Überleben in Teilen der Welt unmöglich macht, wird auch das zu Migration führen.
Es ist unrealistisch, dass es uns in den nächsten Jahrzehnten gelingt, die Ursachen von Migration zu beheben.

Solange wir die Menschenrechte achten, in Freiheit, Frieden und Wohlstand leben, werden wir auch immer das Ziel von Migration sein. Hoffen wir, dass das so bleibt.

Was wir machen können, wir können entscheiden, wie wir mit Migration umgehen. Und was Asylbittende angeht: da wäre eine dezentrale Unterbringung und gleichmäßige Verteilung, möglichst europaweit, am unproblematischsten. Aktuell kriegen wir das durch den Angriff Russlands und die dadurch kurzzeitig hohen Flüchtlingszahlen aber schlecht organisiert. Und da ist die beschlossene Finanzplanung sinnvoll.

Wessi vor 19 Wochen

Wenn wir endlich geregelte Zuwanderung @ Norbert bekommen, damit das Fehlen an Arbeitskräften ausgeglichen werden kann, werden wir die Mittel immer haben.Wenn die Zuwanderung verhindert wird, dann haben wir tatsächlich baldigst keine Mittel mehr und dann wird es sicherlich zu 2/3 Mehrheiten kommen, die Rentnekrüzungen wieder möglich machen werden.Zuwanderung ist letztendlich ein "Mittel für die eigenen (was ein merkwürdiges Wort, für mich gibst keine Unterschiede;Mensch=Mensch) Leute".Verhinderung von Einwanderung viel zu kurz gedacht.

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