LNG-Terminal
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Trotz Sanktionen Wieso kommt noch russisches Flüssiggas nach Deutschland?

12. Februar 2025, 07:40 Uhr

Jahrelang haben wir in großen Mengen billiges Erdgas aus Russland bezogen. Bis 2022, als Russland seine Großinvasion in der Ukraine begonnen hat. Im gleichen Jahr stoppte das russische Energieunternehmen Gazprom die Versorgung über die Pipeline Nordstream 1. Später gab es Sabotageakte an der Pipeline. Trotzdem kommt nach wie vor russisches Gas nach Europa und Deutschland. Im vergangenen Jahr sogar wieder mehr, wie eine Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe zeigt.

Niels Bula
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"Energie sichern – Jetzt und für die Zukunft". Mit diesem Slogan wirbt das Unternehmen SEFE auf seiner Internetseite. Früher gehörte die Firma zum russischen Energiekonzern Gazprom. Nach dem Überfalls Russlands auf die Ukraine wurde es verstaatlicht und ist seitdem Eigentum des Bundes.

Gewaltige Mengen von Gas werden in europäische Netz eingespeist

Aber nach wie vor handelt SEFE mit russischem Erdgas, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Es werde als Flüssiggas mit Schiffen an europäische Häfen geliefert. "Das finden wir deswegen problematisch, weil wir ja nicht wollen, dass Gas hierher importiert wird und damit den russischen Krieg finanziert und vor allem durch ein staatseigenes Unternehmen."

Man habe diese Daten ausgewertet und komme da auf gewaltige Mengen von Gas, was in Europa ins Netz eingespeist werde und "eben dann auch in Deutschland landet", erklärt Müller-Kraenner.

Größten Abnehmer von russischen Flüssiggasimporten vor allem Westeuropa

Laut Zahlen der Deutschen Umwelthilfe sind die russischen Flüssiggasimporte 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent gestiegen. Zentraler Akteur sei dabei SEFE. Das Unternehmen selbst hat diese Angaben bislang weder bestätigt noch dementiert. Auch die EU-Kommission hat Informationen zu den russischen Flüssiggasimporten veröffentlicht. Die größten Abnehmer sind demnach Frankreich, Spanien, die Niederlande, Belgien und Italien.

Eine Gasanlage in Tschechien 4 min
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Von den Terminals in diesen Ländern wird das Gas ins europäische Netz eingespeist – und so landet am Ende auch eine bestimmte Menge in Deutschland. Die Deutsche Umwelthilfe schätzt den Anteil auf drei Prozent.

Durch Vorzieheffekte verbleibt mehr LNG in der EU

Der Europaabgeordnete Matthias Ecke von der SPD glaubt allerdings nicht, dass künftig weiterhin viel Erdgas aus Russland in die EU kommt. "Im Juni letzten Jahres hat die EU beschlossen, dass russisches Flüssigerdgas, also LNG, künftig in Europa nicht mehr verladen und verschifft werden darf."

Das habe paradoxerweise dazu geführt, dass man jetzt Vorzieheffekte habe und noch mehr LNG in der EU verbleibe. "Wir sind aber fest entschlossen uns schrittweise von russischen Energielieferungen unabhängig zu machen."

Russische Gasmengen in der EU weiterhin auf hohem Niveau

So dürfen EU-Häfen nicht dazu genutzt werden, um russisches Gas in Drittländer zu verschiffen. Investitionen in LNG-Projekte, die gerade in Russland gebaut werden und Ausfuhren zu Gunsten dieser Projekte sind verboten. Ein wirkliches Embargo gegen russisches Erdgas hat die EU aber nach wie vor nicht beschlossen. Die Einfuhr von Flüssigerdgas bleibt damit grundsätzlich möglich.

Der Journalist Heiko Lohmann berichtet regelmäßig über den Gasmarkt. Die russischen Gasmengen in der EU blieben auch nach der Großinvasion in der Ukraine weiterhin auf einem bedeutenden Niveau, sagt Lohmann. "Das ist deutlich dramatisch viel weniger als früher das Pipelinegas. Aber das ist ein Teil, der eine Rolle spielt." Russland sei nach den USA in vielen Monaten der zweitgrößte LNG-Anbieter in Europa, so Lohmann.

Ein echtes Gas-Embargo müsste einstimmig beschlossen werden. Doch davon ist die EU weit entfernt. So hat etwa der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban erst im vergangenen Jahr neue Lieferverträge mit Russland abgeschlossen. Ungarn will künftig Gas über die russisch-türkische Turkstream-Pipeline beziehen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. Februar 2025 | 07:12 Uhr

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