Sinkende Gaspreise Stadtwerke: Preisbremsen für Strom und Gas noch notwendig

16. Februar 2023, 05:00 Uhr

Weil die Strom- und Gaspreise in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine immer weiter stiegen, hat die Bundesregierung einen Preisdeckel eingeführt. Mittlerweile sinkt der Gaspreis, aber die Stromabschläge sind weiterhin hoch. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat deswegen ein Ende der Gas- und Strompreisbremse gefordert. Aus Sicht der Stadtwerke werden die Energiepreisbremsen aber noch gebraucht.

Carolin Voigt, Reporterin, Redakteurin und Sprecherin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

"Die Preisbremsen der Bundesregierung auf Strom und Gas verhindern sinkende Preise für die Verbraucher", sagt Dietmar Bartsch. Der Gas-Einkaufspreis sei so niedrig wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. Doch der Strom- und Gaspreis für Verbraucherinnen und Verbraucher bleibe derzeit auf hohem Niveau, weil – so der Vorwurf des Fraktionschefs der Linken im Bundestag – die Energieversorger den Verkaufspreis künstlich hochhalten. So könnten sie die Differenz zum Preisdeckel für die Verbraucher vom Staat einstreichen. "Die Steuerzahler sichern mit ihrem Geld die Gewinne der Konzerne", meint Bartsch und fordert die Abschaffung der Bremsen.

Stadtwerke weisen den Vorwurf zurück

Thomas Pietsch, Geschäftsführer der Magdeburger Stadtwerke, will das auf keinen Fall so stehen lassen. Für Bartschs Aussagen hat er kein Verständnis: "Die Argumentation ist: Der Kunde zahlt seine 40 Cent Strompreis, und wenn der Versorger im Hintergrund 70 aufruft, streicht er 30 vom Staat ein. Das ist rechtswidrig, und es wird auch einen Mittelverwendungsnachweis geben. Der Staat zahlt das Geld nicht einfach aus und prüft nie wieder, was mit dem Geld passiert ist."

Frank Viereckl von den Leipziger Stadtwerken pflichtet seinem Magdeburger Kollegen bei. Die Energiepreisbremsen würden noch gebraucht, weil die Preise weiterhin hoch seien, sagt er. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher könnten sich das nicht leisten, da müsse der Staat einspringen. Den Vorwurf der Vorteilsnahme weist Viereckl zurück: "Es ist schon deswegen widersinnig, dass wir uns die Taschen vollmachen, weil jeder Cent, den die Stadtwerke verdienen, der Stadt zugute kommt. Da ist kein Konzern oder keine Heuschrecke im Hintergrund, die sich freut, dass sie die Menschen abzocken kann. Die Stadtwerke sind gehalten, Gewinne zu erwirtschaften, und damit wird in Leipzig zum Beispiel der Nahverkehr finanziert.

Energiepreise gehen langsam wieder herunter

Dass es eine gewisse Entspannung bei den Energie-Einkaufspreisen gibt, ist hingegen nicht von der Hand zu weisen. Der Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wies vergangene Woche auf eine Preisentspannung im Gas-Großhandel hin – für die nächsten Monate und im kommenden Jahr. Allerdings lägen die Preise noch immer rund viermal höher als im langjährigen Mittel vor dem ersten Anstieg 2021.

Spätestens im nächsten oder übernächsten Jahr könnten Verbraucherinnen und Verbraucher davon ausgehen, dass sinkende Einkaufspreise an sie weitergegeben würden, erklärt Tobias Federico. Er ist Geschäftsführer beim Berliner Beratungs- und Analyseunternehmen Energy Brainpool und hält die Energiepreisbremsen für bestehende Verträge für sinnvoll, fügt jedoch hinzu: "Der Großhandelsmarkt hat sich in diesem Jahr aber so gut entwickelt, dass wir die Strompreisbremse für das kommende Jahr oder für Neuverträge eigentlich gar nicht mehr bräuchten." Die Preisbremsen laufen im April 2024 aus. Tobias Federico geht davon aus, dass sie nicht verlängert werden.

Verbraucherzentrale: Sinkende Preise schnell weitergeben

Bei den aktuellen Preisentwicklungen fordert die Verbraucherzentrale Bundesverband, dass Preissenkungen schnell an die Kundschaft weitergegeben werden. Energiemarkt-Experte Thomas Engelke lobt: "Es gibt einzelne Anbieter, die schon mit gutem Beispiel vorangegangen sind, wie zum Beispiel die Gasag in Berlin. Wir hoffen, dass viele andere Versorger diesem Beispiel folgen."

Langfristig – davon gehen fast alle Experten aus – werde es bei einer Verdoppelung der Großmarktpreise im Vergleich zum Vorkriegsniveau bleiben. Denn: Wir werden wohl nie wieder günstiges russisches Pipelinegas bekommen. Das gilt aber nicht für die Haushaltspreise. Hier rechnen Insider langfristig mit einem Niveau zwischen 30 und 35 Cent/kWh – aber auch das sind immerhin noch 20 bis 30 Prozent mehr als vor dem Krieg. Billige Energie gehört der Vergangenheit an.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Februar 2023 | 06:00 Uhr

11 Kommentare

Wessi am 17.02.2023

Nie mehr "Wandel durch Handel"mit Russland @ nasowas.Hat sich ausgewandelt, ist sich verputint!Die "erneuerbaren" werden à la longue die "fossilen" weitgehend überflüssig machen.Allerdings muß, und wird, da viel investiert werden.

ElBuffo am 17.02.2023

Ich gehe davon aus, dass die genauso die Konzessionsabgabe eintreiben und abführen müssen, wie jeder andere auch. Das gleiche wird für Netzentgelte usw. gelten. Ansonsten werden insbesondere die mit hohen Kosten über jeden froh sein, den sie nicht selbst bedienen müssen.
Und nein, es ist nicht Aufgabe der Stadtwerke unwirtschaftlich zu arbeiten. Die Gewinne, die dann ausgeschüttet oder zur Quersubventionierung genutzt werden können, entstehen wahrscheinlich eher, wenn man ökonomisch sinnvoll handelt.

Guter Schwabe am 16.02.2023

Ja Ihre aufgezeigten Preise spiegeln die reale einheitliche Europäische Union wieder.
OK. Ungarn bedient sich immer noch mit Leitungs- Gas aus Ost und wir halt das 5 mal so teure gefrackte mit Schiffen her gekarrte aus West.

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