Debatte um Atomkraft Grüne fordern im AKW-Streit Entgegenkommen der FDP

17. Oktober 2022, 16:52 Uhr

Es herrscht Uneinigkeit in der Ampelkoalition: Die Grünen machen der FDP Zugeständnisse und wollen die Atomkraftwerke bis April 2023 weiterbetreiben. Die FDP hatte jedoch gefordert, dass diese bis 2024 am Netz bleiben sollen. "Wir sind in dieser besonderen Situation bereit, über unseren Schatten zu springen, um die Versorgungssicherheit zu sichern", sagte die Co-Parteivorsitzende der Grünen Ricarda Lang im ZDF.

Die Grünen lehnen im koalitionsinternen Atomstreit weitere Zugeständnisse an die FDP bei den AKW-Laufzeiten ab. Parteichefin Ricarda Lang wies am Montag im ZDF-"Morgenmagazin" darauf hin, dass die Grünen bereits einen Weiterbetrieb bis maximal zum 15. April 2023 im Rahmen einer Einsatzreserve für zwei süddeutsche AKW angeboten habe. "Wir sind bereit über unseren Schatten zu springen", sagte die Parteichefin, jetzt müssten sich auch andere bewegen.

Einigung in Koalition scheitert

Am Sonntag war bei einem Spitzengespräch von Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner im Kanzleramt ein neuer Versuch gescheitert, eine koalitionsinterne Einigung zu erreichen. Bis zum Beginn der Bundestagssitzungen am Mittwoch diese Woche soll eine Lösung gefunden werden.

Während die Grünen auf ihrem Vorschlag einer Einsatzreserve für die AKW Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg beharren, fordert die FDP deutlich längere AKW-Laufzeiten bis mindestens 2024 auch für das dritte noch am Netz befindliche AKW Emsland sowie möglicherweise noch weitere, bereits stillgelegte Kraftwerke.

Für den Weiterbetrieb der Kraftwerke müssten auch neue Brennstäbe beschafft werden, was Lang erneut ausschloss. Dies würde die Atomkraft "für die Zukunft zementieren", warnte die Grünen-Chefin im ZDF. "Das wäre der falsche Weg für Deutschland." Daher sei ihre Partei nur bereit, die beiden süddeutschen AKW mit den bestehenden Brennstäben weiterlaufen zu lassen, verwies sie auf den entsprechenden Parteitagsbeschluss der Grünen vom Freitag.

Regierung erwartet schnelle Lösung

Die Bundesregierung stellte am Montag eine zügige Beilegung des internen Streit über den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke in Aussicht. Die Koalitionspartner seien "im intensiven Gespräch" zu dem Thema und "auf dem Weg zu einer Einigung", sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag Berlin. Die Lösung werde "hoffentlich möglichst zeitnah" gefunden. Auch mit den AKW-Betreibern gebe es Gespräche.

Wie sich Scholz hier inhaltlich positioniert, wollte Hoffmann nicht sagen. Es erscheine ihr "wenig sinnvoll", in der aktuellen Lage mit "inhaltlichen Vorgaben" an die Öffentlichkeit zu gehen. "Dem Kanzler geht es jetzt darum, in dieser frage eine Einigung herzustellen. Daran ist er dran", sagte Hoffmann. Scholz sei "sehr zuversichtlich, dass das in Kürze gelingen wird". Es sei der "Wille des Kanzlers, dass das sehr schnell gelöst wird".

Grüne weichen von Anti-Atomkraft-Politik ab

In den 80er-Jahren standen die Grünen vor allem für eine Politik der Abkehr von der Atomenergie. Nun scheint es einen Wandel zu geben. "Wir sind in dieser besonderen Situation bereit, über unseren Schatten zu springen, um die Versorgungssicherheit zu sichern. Das ist ja bereits ein Kompromissangebot. Ich hoffe, dass es jetzt von der anderen Seite die Bereitschaft gibt, da mitzugehen."

Lang sagte weiter, da es beim Strompreis aktuell bereits Probleme gebe, könne man den Bürgern nicht versprechen, dass es hier keine Erhöhung gebe. Mit einer Strompreisbremse könne man aber erreichen, "dass die Bürgerinnen und Bürger das stemmen können".

Der Co-Parteivorsitzende Omid Nouripour schloss den Kauf neuer Brennstäbe ebenfalls aus. Im ARD-"Morgenmagazin" antwortete er am Freitag auf die Frage nach roten Linien, das Land sei seit Beginn des Ukraine-Kriegs in einer "komplett veränderten Realität". Dafür gebe es kein Handbuch, "deswegen fliegen wir auf Sicht. Zuweilen justieren wir auch nach." Er könne aber ausschließen, dass neue Brennelemente gekauft oder neuer Atommüll produziert werde. 

dpa, AFP (kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 17. Oktober 2022 | 09:00 Uhr

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