Bundeshaushalt Sozialmaßnahmen und Klima-Projekte in Gemeinden durch Haushaltskrise bedroht
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27. November 2023, 05:00 Uhr
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds hat nicht nur die Ampelkoalition in den Krisenmodus versetzt. Auch die Städte, Gemeinden und Landkreise werden die Auswirkungen spüren. Sie sind auf Geld vom Bund angewiesen sind, gerade im Sozialbereich. Ein Experte für Kommunalfinanzen sieht Einsparungspotential vor alem bei der Dienstwagenpauschale.
- Urteil zum Klimafonds und Haushaltssperre wirken sich indirekt auf Gelder für Städte und Gemeinden aus.
- Städte und Gemeinden fürchten um Mittel für Soziales und für Klimaprogramme.
- Finanzexperte sieht Kürzungspotential bei Subventionen wie Pendlerpauschale und Dienstwagenprivileg.
Wie viele kommunale Amtsträger ist Stefan Nüßle, erster Beigeordneter des Landkreises Nordhausen, noch unsicher, was auf ihn und den Haushalt seines Landkreises nach dem Schuldenbremsen-Urteil zukommt. Zuerst, vermutet er, würden die Verwerfungen beim Jobcenter spürbar. Deren Finanzierung stehe ohnehin seit Jahren auf wackligen Füßen, so Nüßle.
Spare der Bund in Folge des Karlsruher Urteils bei den Sozialausgaben weiter, wirke sich das indirekt auf das Geld aus, das sein Jobcenter austeilen kann. "Alles, was an Eingliederungsmaßnahmen zum Repertoire des Jobcenters gehört, da zählen Bildungsgutscheine, Eingliederungszuschüsse für Arbeitgeber, Arbeitsgelegenheiten für die Zielgruppe dazu. Alles, was irgendwie mit Arbeitsmarktintegration zu tun hat, kann dann nur in einem geringeren Umfang durchgeführt werden."
Städte und Gemeinden fürchten um Mittel für Soziales und Klima
Wegen der aktuell geltenden Haushaltssperre haben die Jobcenter die Förderung für Arbeitslose für das Jahr 2024 sogar ganz auf Eis legen müssen. Wie MDR AKTUELL erfuhr, gilt inzwischen eine Sondergenehmigung des Bundesfinanzministeriums, damit Jobcenter etwa Bildungsgutscheine oder Lohnkostenzuschüsse für das kommende Jahr wieder zusagen und zahlen können.
Spürbare Veränderungen erwarten die Kommunen auch bei Projekten, die aus dem gekippten Klima- und Transformationsfonds bezahlt werden sollten, sagt Mischa Woitschek, Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindebunds. "In dem Klima- und Transformationsfonds waren Förderprogramme enthalten, etwa die Förderung der kommunalen Wärmeplanung, die energetische Stadtsanierung, aber auch Modellprojekte für den ÖPNV, um die Umstellung auf alternative Antriebsformen zu ermöglichen." Nun könne es natürlich sein, dass diese Förderanträge nicht mehr bewilligt werden und dementsprechend die Maßnahmen nicht durchgeführt werden könnten, befürchtet Woitschek.
Finanzexperte: Bei Subventionen wie Pendlerpauschale kürzen
Weder der Wegfall des Klimafonds noch die Kürzung von Sozialausgaben würden jedoch direkt Löcher in die kommunalen Kassen reißen, sagt der Experte für Kommunalfinanzen Mario Hesse von der Uni Leipzig. Dennoch werde eine Transformation gebremst, die dringend nötig sei.
Denn die konkreten Maßnahmen, um Auswirkungen der Erderwärmung abzumildern, werden letztlich in den Städten, Gemeinden und Landkreisen umgesetzt. Um dort Investitionen zu ermöglichen, sagt Hesse, wäre ein ausschließliches Streichen bei den Sozialausgaben falsch. Er sieht stattdessen auch Kürzungspotential bei Subventionen wie Pendlerpauschale, Dienstwagen- oder Dieselprivileg.
Kein Ausgleich durch Erhöhung von Gebühren
Diese Subventionen seien, "alles Dinge, die uns lieb und teuer sind, aber die letztlich dem Klima schaden und die nicht nutzen. Und da wäre es durchaus eine Möglichkeit, an solche Dinge heranzugehen", führt Hesse aus. "Das muss ja nicht gleich bedeuten, dass sie vollständig gestrichen werden". Über den Abbau dieser klimaschädlichen Subventionen könnte man aber die Finanzmittel zu beschaffen, "die wir zur Bewältigung der zukünftigen Aufgaben benötigen." Mit einer Erhöhung kommunaler Gebühren oder der Gewerbesteuer würden die Kommunen diese Aufgabe kaum bewältigen können.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 27. November 2023 | 06:00 Uhr
faultier am 27.11.2023
Ja die AFD hat auch allen Grund zum Jubeln über so viel Unfähigkeit ,warum hat Lindner dann seinen verantwortlichen Staatsekretär entlassen ? Die eigene Unfähigkeit jetzt noch als Falle zu bezeichnen zeugt nur von Ignoranz von Gesetzen und der Verfassung ,sie haben die Hosen so mal richtig runtergelassen ,danke dafür.
Altmeister 50 am 27.11.2023
Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ich als verantwortlicher Leiter einer Firma genehmigte aber nicht in Ansspruch genommene Fördergelder für Coronadefizite umgewidmet hätte in Umwelt- und Sozialinvestitionen, mit der Begründung, es wäre ja nur gut gemeint gewesen.
Wahrscheinlich wäre ich wegen Betrug, Veruntreuung etc. in Untersuchungshaft gelandet und Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaft hätten aus Privat- und Diensträumen PC und Unterlagen beschlagtnahmt. Noch wahrscheinlicher wäre es jedoch gewesen, dass ich gar nicht erst auf solche Ideen gekommen wäre, weil die Rechtsverletzung offensichtlich ist. Offenbar herrscht in weiten Teilen der gesamten politischen Hirarchie von Regierung bis Kommune keinerlei Wissen, Rechtsbewußtsein oder kalte Ignoranz oder alles zusammen. Nunmehr soll das bereits in Vollzug befindliche Unrecht durch Parlamentsmehrheit in geltendes Recht überführt werden, ohne personelle Konsequenzen. Gruselig, wenn das zur Norm wird.
Erichs Rache am 27.11.2023
"Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds hat nicht nur die Ampelkoalition in den Krisenmodus versetzt. Auch die Städte, Gemeinden und Landkreise werden die Auswirkungen spüren. Sie sind auf Geld vom Bund angewiesen sind, gerade im Sozialbereich."
Na, ... wenigstens die Amtsträger auf kommunaler Ebene fangen schon mal an zu verstehen, was das Karlsruher Urteil bedeutet.