
Arbeitsgelegenheiten und Lohnzuschüsse Jobcentern fehlt Geld für Förderung von Langzeitarbeitslosen
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09. Mai 2025, 09:15 Uhr
Jobcenter haben immer weniger Geld, um für Arbeitslose Arbeitsgelegenheiten und andere Fördermaßnahmen zu bezahlen. Insbesondere für die wirksamsten Instrumente gegen Langzeitarbeitslosigkeit fehlt das Budget. Die neue Regierung hat vereinbart, "ausreichend Mittel" zur Verfügung zu stellen. Was das konkret heißt, muss die Koalition jetzt beantworten.
- Das Budget für Eingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose ist gesunken.
- Den Jobcentern fehlt insbesondere für Lohnkostenzuschüsse das Geld.
- Die neue Bundesregierung will "ausreichend" Mittel zur Verfügung stellen und muss nun beantworten, was das konkret heißt.
In den Jobcentern in Mitteldeutschland steht für die Qualifizierung und Eingliederung von Arbeitslosen immer weniger Geld zur Verfügung. Das bestätigten auf Anfrage von MDR AKTUELL mehrere Einrichtungen in Mitteldeutschland. Der Leiter des Jobcenters im Landkreis Leipzig, Felix Baumeier, sagte: "Wir haben definitiv sehr große finanzielle Sorgen". Befürchtungen über drastisch sinkende Mittel, die es bereits im Sommer vergangenen Jahres gab, seien eingetreten. "Das heißt, wir haben sehr viele Maßnahmen in diesem Jahr streichen müssen, zurückfahren müssen, um unser Budget einhalten zu können."
Nach Angaben von Baumeier ist der Etat, der für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung steht, um rund ein Drittel gesunken. Der Trend ist langfristig. Im Vergleich zum Jahr 2020 habe sich das Budget halbiert – bei erhöhter Zahl von Arbeitslosen und gestiegenen Kosten etwa für Personal aufgrund von Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst. Baumeier sagte: "Ich würde es so zusammenfassen, dass wir die Erwartungen von Arbeitgebern, der Gesellschaft, den Langzeitarbeitslosen und der Politik nicht erfüllen können derzeit."
Jobcenter übernehmen auch Sozialberatung
Das Jobcenter Salzlandkreis verweist in einer schriftlichen Antwort darauf, dass die Erwartungen in der Vergangenheit zugenommen haben: "Die Problemlagen der Kunden [sind] um ein Vielfaches komplexer und anspruchsvoller geworden. Damit sind auch die Anforderungen an die individuellen Hilfebedarfe gestiegen."
Das Jobcenter übernehme häufig "mannigfaltige Aufgaben der Sozialberatung und Hilfevermittlung". Das Gesamtbudget des Jobcenters – also für Verwaltung und Eingliederung – sei jedoch um 12 Prozent gesunken im Vergleich zum Vorjahr.
Kein Geld für Lohnzuschüsse an Arbeitgeber
Wie viel Geld für bei den Jobcentern für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung steht, ist eine politische Entscheidung. Die abgelöste Ampel-Regierung hat in ihrem letzten Haushaltsentwurf an dieser Stelle Gelder gestrichen. Da bis heute kein regulärer Etat für das laufende Jahr im Bundestag beschlossen wurde, gilt eine vorläufige Haushaltsführung aus Basis dieses Entwurfs. Bundesweit ist das Eingliederungsbudget nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in der Folge um 100 Millionen Euro gesunken.
Der Leiter des Jobcenters in Jena, Matthias Welsch, hofft darauf, dass die neue Bundesregierung nun schnell einen Haushalt für 2025 aufstellt und mehr Mittel bereitstellt. Er beklagt, dass mit dem derzeitigen Budget insbesondere bei den wirksamsamsten Instrumenten zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen gespart werden müsse. Als Beispiel nennt Welsch sogenannte 16i-Förderungen, bei denen das Jobcenter hohe Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber zahlt: "Leider haben wir davon kaum noch Fälle, weil das sehr teuer ist. Aber ungefähr die Hälfte derjenigen, die so gefördert wurden, konnten langfristig in Arbeit gebracht werden."
16i-Maßnahme
Der Begriff bezieht sich auf Paragraph 16i im Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II). Bei Personen, die länger als sechs Jahre arbeitssuchend sind, kann das Jobcenter demnach Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber zahlen. Im ersten Jahr der Maßnahme werden sogar 100 Prozent des Lohns bezahlt. In den Folgejahren sinkt der Zuschuss stufenweise. Während der Maßnahme werden Teilnehmer eng betreut und durch ein Coaching begleitet.
Eine ähnliche Leistung enthält der Paragraph 16e SGB II für Personen, die länger als zwei Jahre arbeitslos sind. Hier liegt der Lohnkostenzuschuss im ersten Jahr bei 75 Prozent.
Den Erfolg der 16i-Maßnahmen bestätigt Felix Baumeier vom Jobcenter im Landkreis Leipzig. "Das war unser bestes Förderinstrument, weil nahezu jeder dauerhaft in Arbeit integriert werden konnte." Es sei aber auch das teuerste Instrument gewesen. "Das mussten wir schlicht und einfach komplett streichen, da es so teuer ist, dass wir das nicht mehr finanzieren können für die Zukunft."
Wie viel Geld für Eingliederung Langzeitarbeitsloser reicht?
Die neue Bundesregierung spricht das Thema in ihrem Koalitionsvertrag an. Dort heißt es: "Wir wollen sicherstellen, dass die Jobcenter für die Eingliederung ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Wir stärken die Vermittlung in Arbeit."
Doch wie viel Geld ist ausreichend? Die Bundesagentur für Arbeit will dazu keine Angaben machen. Sie schreibt: "Wie viel Förderung als notwendig und zielführend erachtet wird, ist am Ende immer auch eine politische Entscheidung." Die neue Regierung müsse die Schwerpunkte setzen.
Das Jobcenter im Salzlandkreis nennt weitere Faktoren, die bei der Finanzplanung berücksichtigt werden sollten. Dazu zählten demnach die Arbeitsmarktentwicklung und auch "regionale Rahmenbedingungen". Klar sei aber, dass bei einem höheren Budget "differenziertere, passgenauere und damit zielführendere Förderungen für unsere Kunden bereitgestellt werden" könnten.
Aus Sicht von Jobcenter-Leiter Baumeier müsste Schwarz-Rot Ziele formulieren. Anhand derer könne man den Finanzbedarf bemessen. Baumeier nennt ein Beispiel: "Wenn man sagen würde, jeder Bürgergeldbeziehende soll einmal im Monat im Jobcenter beraten werden und vorsprechen, dann bräuchten wir dafür locker doppelt so viele Fallmanagerinnen und Fallmanager wie bisher." Die Kosten lägen allein im Landkreis Leipzig bei drei bis vier Millionen Euro jährlich. Die Regierung müsse sich fragen, was ihr die Integration von Langzeitarbeitlosen in den Arbeitsmarkt wert sei.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 09. Mai 2025 | 09:00 Uhr
part vor 3 Tagen
Na schön, dass dies endlich mal publiziert wird, obwohl seit Jahrzehnten bekannt ist, dass die BA und Jobcenter einen großen Teil an Fördermitteln für die eigene Administration verwenden, jährlich manchmal in zweistelliger Millionenhöhe. Zieht man daraus ein Résumé, so wird deutlich, dass das Fördern über sehr viele Maßnahmen keine verwertbaren Abschlüsse brachte, aber sehr vielen privaten Bildungsträgern hohe Profite bescherte.
pwsksk vor 3 Tagen
Nein @Daniel. Die Agenda 2010 von und mit Schröder war gut gemeint und wurde dann mit der "Agenda Merkels" schlecht gemacht und im Stil des Neokapitalismus fortgeführt.
Frank 1 vor 3 Tagen
@ Peter, Ihrem Beitrag kann ich entnehmen, Sie wissen gar nicht wie Indeed, Stepstone und Co. funktionieren. Komisch, nach eigenem mehrfachen Bekunden in der Vergangenheit sind Sie doch Unternehmer.