Synthetische Kraftstoffe Klima-Ökonomin Kemfert nennt E-Fuels eine Scheinlösung
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09. März 2023, 13:53 Uhr
Synthetische Kraftsstoffe sind nach Einschätzung der Ökonomin Claudia Kemfert kaum geeignet, um den Verkehrssektor klimagerecht zu gestalten. Die Diskussion um die E-Fuels solle suggerieren, dass die Menschen weiter Verbrennerautos fahren könnten. Der Markt habe sich aber längst für E-Autos entschieden.
Die Energieökonomin Claudia Kemfert hält E-Fuels bei Autos für eine Scheinlösung. Sie sagte MDR AKTUELL, für die Produktion der synthetischen Kraftstoffe sei "wirklich ein hoher Stromeinsatz nötig". Wenn zehn Prozent aller Autos in der EU mit E-Fuels fahren würden, stiege die Nachfrage nach erneuerbaren Energien um fast 40 Prozent. Dabei werde schon jetzt um jedes Windrad gekämpft. Die Diskussion um die E-Fuels nannte Kemfert eine Gespensterdebatte. Sie solle nur suggerieren, dass die Menschen weiter Verbrennerautos fahren könnten.
Elektroautos sind nach Aussage der Energieökonomin deutlich sauberer, effizienter und preiswerter. Mittlerweile sei auch klar, dass sich der Markt für E-Autos und gegen E-Fuels entschieden habe. Synthetische Kraftstoffe kann sich die Energieökonomin nur in wenigen Bereichen vorstellen, in denen Elektromotoren nicht funktionierten. Dazu gehörten der Schiffs- der Flug- und der Schwerlastverkehr. Die synthetischen Kraftstoffe seien der "Champagner unter den Energieträgern", weil sie extrem teuer seien und nur begrenzt zur Verfügung stünden.
E-Fuels
Electrofuels (E-Fuels) sind Kraftstoffe, die künstlich hergestellt werden. In der Regel wird Wasserstoff mit Kohlendioxid verbunden. Je nach Art der chemischen Verbindung kann der so entstehende Kraftstoff die Eigenschaft von Diesel, Benzin oder Kerosin haben.
Die Produktion der E-Fuels ist energieintensiv. Deshalb gelten die Kraftstoffe nur dann als nachhaltig, wenn der Strom dafür aus erneuerbaren Quellen stammt, etwa aus Windkraft oder Solaranlagen.
Kritiker bemängeln den hohen Energieverbrauch bei der Herstellung. Fachleute der TU Bergakademie Freiberg haben etwa vorgerechnet, dass derzeit für die Herstellung von 5 Litern E-Fuel rund 50 Kilowattstunden Strom nötig seien. Das entspricht laut Stromanbietern dem halben Monatsverbrauch eines sparsamen Single-Haushalts.
Befürworter argumentieren, dass die Technik noch am Anfang stehe und die Kosten in Zukunft sinken werden. Außerdem müsse im Vergleich zu E-Autos betrachtet werden, wie viel CO2 ein Fahrzeug insgesamt verursache – und zwar von der Herstellung bis zur Entsorgung.
Nach den Vorstellungen der FDP sollen auch nach 2035 Autos zugelassen werden dürfen, die mit klimaneutralen, synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Deshalb wurde die für diese Woche geplante Abstimmung der EU-Staaten zum Verbrenner-Aus auf unbestimmte Zeit verschoben.
MDR (ala)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. März 2023 | 16:00 Uhr
Denkschnecke am 10.03.2023
Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, Prof. Kemfert wäre "selbsternannte Expertin". Immerhin ist sie ordentlich berufene Inhaberin eines Lehrstuhls für Energiewirtschaft und somit ernannt vom Land Niedersachsen.
Ich weiß auch nicht, woher Sie wissen, dass die E-Fuels "keine neuen Probleme" in der Produktion schaffen. Bisher gibt es ja noch gar keine Produktionslinie, nur Pilotanlagen. Ich frage mich vielmehr, ob die Begeisterung für Verbrenner immer noch so groß ist, wenn sich herausstellt, dass die Krafstoffkosten bei E-Fuels weit höher sind als für den Strom eines E-Autos. (s. dazu Interview mit Prof. Grimm, ZEIT 9.03.) Aber schaun mer mal.
nasowasaberauch am 10.03.2023
"Elektroautos sind nach Aussage der Energieökonomin deutlich sauberer, effizienter und preiswerter." Diese Feststellung der selbsternannten Expertin hakt an einigen Stellen. Die Rohstoffbeschaffung ist alles andere als ökologisch und moralisch sauber. Mit der Effizienz hapert es und mit dem Preis auch, aber das sollte sie eigentlich besser wissen. In absehbarer Zeit kommt hinzu ein Entsorgungsproblem und wie das in der wettbewerbsorientierten Wirtschaft ist, so ist auch jeder Akku anders. Diese E-fuels mögen in der Herstellung momentan keine Lösung darstellen, aber sie schaffen auch keine neuen Probleme vom Rohstoff bis zur Entsorgung. Schade um die Hybridlösung, nach meiner Meinung die Effizienteste für die Mobilität. Hoher Gebrauchswert für elektrische Kurzstrecke (Stadtverkehr) und flexibel als Verbrenner für Langstrecke. Bis 2030 sollen 15 Millionen reine E-PKW auf der Strasse sein, dh. bei linearem Wachstum pro Monat 145.000, statt wie bisher 32.000/Monat. Schaun mer mal.
Anni22 am 09.03.2023
@Matti, das mag sein. Aber wenn man sieht welche großen Ziele die Ampel so hat, aber die Umsetzung in den Sternen steht, dann sagen wir lieber jetzt, dass das wohl so nichts wird. Erst will ich die Lademöglichkeiten sehen, dann die Preise und dann die Akkulebensdauer im realen Betrieb. 20 Jahre sind gar nicht so viel. Und wenn wir den Strom aus Kohle machen, dann ist das Ganze eh sinnlos.