Klimaprotest Verdi und Gesundheitsberufe solidarisieren sich mit Fridays for Future

03. März 2023, 10:05 Uhr

Die Klimaschutzorganisation Fridays for Future hat für Freitag erneut zum weltweiten Klimastreik aufgerufen. Erstmals tut sich die Organisation dabei in Deutschland mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zusammen. Und auch Vertreterinnen und Vertreter von Gesundheitsberufen wollen auf die Straße gehen und auf die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit aufmerksam machen.

Mehr als 230 Aktionen in gut 40 Städten plant Fridays for Future für den Klimastreik in Deutschland am Freitag. Unter dem Motto #tomorrowistoolate (Morgen ist es zu spät) wollen sie Druck auf die Regierung in Berlin machen. So ist in Dresden für den Mittag eine Kundgebung auf dem Neumarkt geplant, in Leipzig 15 Uhr auf dem Augustusplatz. Demonstrationen sind unter anderem auch in Magdeburg, Halle, Dessau und Stendal sowie in Erfurt, Jena und Weimar angekündigt.

Verdi und Fridays for Future wollen Verkehrswende

Erstmals finden die Aktionen gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi statt. Beide rufen zu Demonstrationen für eine Verkehrswende auf. Verdi ist ohnehin gerade im Tarifstreit mit Bund und kommunalen Arbeitgebern und hatte bereits eine Ausweitung von Warnstreiks angekündigt. Gemeinsam fordern Verdi und Fridyas for Future bessere Arbeitsbedingungen in den Verkehrsbetrieben, mehr Personal, bezahlbare Fahrkarten, einen Ausbau der Streckennetze und eine höhere Taktung. Außerdem wollen sie ein Ende des von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) angepeilten Autobahnausbaus. Damit emissionsarmer Verkehr zuverlässig und bezahlbar werden könne, seien massive Investitionen nötig, betonte Verdi bei der Vorstellung der gemeinsamen Aktionen am Dienstag in Berlin. Die Menschen, die in den Verkehrsbetrieben arbeiteten, machten "wichtige Klimajobs". Lou Töllner, Sprecherin von Fridays for Future, sagte, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit könnten "nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden".

In sechs Bundesländern und einigen Städten wird entsprechend der ÖPNV bestreikt. In Leipzig sollen laut Verdi Busse und Straßenbahnen vom 3.3. um 3 Uhr bis zum 4.3. um 5 Uhr stillstehen. Auch für Dresden, Chemnitz, Zwickau und Plauen ruft die Gewerkschaft ganztägig zum Warnstreik auf.

Klimawandel bedroht Gesundheit von Menschen schon jetzt

Am Streik beteiligen will sich auch "Health for Future", ein Zusammenschluss von Menschen aus dem Gesundheitsbereich, die sich für den Klimaschutz einsetzen. Sina Lehmann von "Health for Future Dresden" sagte MDR AKTUELL, man wolle zeigen, dass der Klimawandel nicht nur ein Problem der Eisbären in der Arktis sei, sondern die Menschen in Sachsen schon heute betreffe. "Infektionskrankheiten, die aus deutlich südlicheren Gegenden kommen, sind nun auch bei uns in Sachsen anzutreffen, wie zum Beispiel das West-Nil-Virus", erklärt Lehmann. Durch die Temperaturerhöhungen überlebten die Mücken, die diese Krankheit übertragen, auch bei uns. Heißere und längere Hitzeperioden führten zudem zu vermehrten Krankenhausaufnahmen und Hitzetoten.

Daneben habe die Hitze Auswirkungen, die den meisten Menschen noch nicht bekannt seien, sagt Lehmann. "Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind häufiger ebenso wie Frühgeburten, um nur zwei Beispiele zu nennen." Auch Allergien, Asthmaanfälle und Aggressionen würden mit dem Klimawandel zunehmen. Sogar ein neues Krankheitsbild gebe es. Als Solastalgie bezeichnen Medizinerinnen und Mediziner Trauer und Schmerz, die ausgelöst werden durch den Verlust vertrauter Ökosysteme. Als Beispiel nennt Lehmann die verheerenden Waldbrände in der Sächsischen Schweiz letztes Jahr.

Sina Lehman ist selbst Gynäkologin. Bei "Health for Future" engagieren sich ihren Angaben zufolge bundesweit in über 70 Ortsgruppen Pflegekräfte, sozialpsychiatrische Beschäftigte, wissenschaftliche Mitarbeiter aus dem Bereich Public Health, Studierende der Fachrichtungen Public Health und Medizin, Psychologinnen und Ärzte. Allen voran möchten sie, so Lehmann, die Politik überzeugen, endlich die Maßnahmen umzusetzen, die zum Einhalten des Pariser Klimaschutzabkommens notwendig sind, um damit Menschenleben zu schützen.

CO2-Ausstoß auf Rekordhöhe

Schaut man auf die Zahlen zum weltweiten CO2-Ausstoß, die die Internationale Energieagentur (IEA) am Donnerstag vorgelegt hat, bleibt das 1,5-Grad-Ziel in weiter Ferne. Die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen seien 2022 um 0,9 Prozent oder 321 Millionen Tonnen gestiegen und hätten einen Höchststand von über 36,8 Milliarden Tonnen erreicht, teilte die IEA am Donnerstag in Paris mit. Um Klima- und Energieziele zu erreichen, seien verstärkte Maßnahmen zur Umstellung auf saubere Energien nötig. 2021 hatte die Zunahme der CO2-Emissionen weltweit noch bei sechs Prozent gelegen.

"Die Auswirkungen der Energiekrise haben nicht zu dem anfänglich befürchteten starken Anstieg der globalen Emissionen geführt – und das dank des herausragenden Wachstums von erneuerbaren Energien, Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und energieeffizienten Technologien", sagte IEA-Direktor Fatih Birol. Ohne saubere Energie wäre die Zunahme der CO2-Emissionen fast dreimal so hoch gewesen. "Wir sehen jedoch immer noch einen Anstieg der Emissionen aus fossilen Brennstoffen, was die Bemühungen um die Erreichung der weltweiten Klimaziele behindert."

Klimaaktivistin Neubauer fordert Machtwort des Bundeskanzlers

Vor dem globalen Klimastreik warf die Aktivistin Luisa Neubauer der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP zu große Zögerlichkeit beim Klimaschutz vor. "Statt einer Fortschrittskoalition erleben wir gerade eine Stillstandskoalition", sagte sie in einem Podcast.

Auch Kanzler Olaf Scholz sieht Neubauer in der Pflicht: "Auf das Machtwort des Kanzlers zur Klimakrise, zum richtigen Loslegen - darauf warten wir bis heute." Es passiere gerade so wenig, es werde so viel blockiert. Das sei fatal. Für Deutschland fordert Fridays for Future unter anderem einen Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035 sowie das sofortige Ende der Subventionen für fossile Energieträger und einen Ausbaustopp für Autobahnen.

(cvt mit dpa, epd)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 01. März 2023 | 22:00 Uhr

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