Blick von schräg-oben in den historischen Ratssaal des Neuen Rathaus von Chemnitz. 4 min
Audio: In einigen Stadt- und Gemeinderäten werden nach den Kommunalwahlen Sitze frei bleiben. Bildrechte: picture alliance / Robert B. Fishman | Robert B. Fishman

Nach Kommunalwahlen AfD und BSW können Wahlerfolge nicht überall nutzen

12. Juni 2024, 12:55 Uhr

Nach den Erfolgen der AfD und des BSW bei den Kommunalwahlen können die Parteien einige der gewonnenen Sitze in Stadt- oder Gemeinderäten nicht besetzen. Ihnen fehlen dafür schlicht die Kandidierenden. Die Plätze bleiben bis zur nächsten Wahl unbesetzt, die Stimmen fallen weg.

Juliane Neubauer
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

  • BSW und AfD haben in einigen Kommunalvertretungen mehr Sitze gewonnen, als sie Kandidatinnen oder Kandidaten zur Wahl aufgestellt haben.
  • Weil die unbesetzten Sitze nicht an andere Parteien vergeben werden, fallen die Stimmen weg.
  • Fast alle Parteien haben Probleme, genügend Kandidierenden zu finden.

60 Mandate vergibt der Chemnitzer Stadtrat. Normalerweise, denn erstmalig werden in den nächsten Jahren nur 59 Ratssitze besetzt sein, erklärt Matthias Nowak, Pressesprecher der Stadt: "Das liegt daran, dass dem BSW ein Platz mehr zusteht, als sie besetzen können, als sie Kandidaten aufgestellt haben. Das heißt, dieser Platz bleibt dauerhaft leer."

Es darf auch niemand nachbesetzt werden, denn Mandate können nur über die Wahlen vergeben werden, betont Nowak. Auch Plätze die nachträglich frei werden, weil die gewählte Person anderweitig verpflichtet oder länger krank wird, blieben bis zur nächsten Wahl unbesetzt.

Überrascht vom Wahlerfolg

Niko Rudolph engagiert sich als Regionalverantwortlicher für das Chemnitzer Bündnis Sarah Wagenknecht und sagt, dass er vom Wahlergebnis überrascht wurde: "Wir haben uns darauf eingerichtet, dass wir maximal mit acht Leuten reinkommen und dementsprechend dann auch die Arbeit verteilen würden. Wir können gut damit leben, dass jetzt diese eine Stelle nicht mit besetzt ist."

Vor einigen Jahren waren es die Grünen, die – vom Wahlerfolg auf Kommunalebene überrumpelt – einige Ratssitze nicht bekleiden konnten, erinnert sich Erik Vollmann, Politikwissenschaftler der TU Dresden. Jetzt sei es vor allem die AfD, die "mehr Sitze in kleineren Gemeinden hätte, aber weniger Kandidaten hat und deswegen diese Sitze nicht auffüllen kann. Die haben dann trotzdem jeder nur eine Stimme. Das heißt, die restlichen Stimmen sind einfach weg."

Vakante Plätze bleiben unbesetzt

Trotzdem ist es Vollmann zufolge ein Symbol für die Stärke dieser Wahl, weil die Sitze auch nicht an die übrigen Parteien vergeben werden. "Die fallen aus der Gesamtmehrheit erst einmal raus."

So unter anderem in Olbernhau im Erzgebirge. Hier stehen der AfD sechs Plätze im Gemeinderat zu, von denen die Partei nur einen besetzen kann. Oder in Machern bei Leipzig. Vier Mandate erreichte die AfD dort, aber nur einer steht parat. Im Tauchaer Stadtrat ziehen vier Politiker der AfD ein, nach Stimmenanteil hätten es fünf sein können. Im neu gewählten Schkeuditzer Stadtrat sind drei Vertreter der AfD dabei. Drei Sitze entfallen jedoch, da die Partei nicht genügend Kandidaten stellte für das entsprechende Wahlergebnis. Auch in Markkleeberg verschenkt die AfD Vertreter im Stadtrat. Statt der 5 Sitze kann sie dort nur einen besetzen.

Fast allen Parteien fehlen Kandidierende

Fast alle Parteien hätten Probleme, die Kandidatenlisten zu füllen, denn es gehe dabei in der Regel um ein reines Ehrenamt, erklärt Demokratieforscher Vollmann: "Es steht ihnen da keine Verrentung zu, wie das jetzt zum Beispiel bei einem Landtagsmandat ist. Es gibt auch nicht per se eine Grundentschädigung. Theoretisch ist es so, dass jedes Land für sich entscheidet, wie es mit der Entschädigung dieser Ehrenamtlichen umgeht." Für gewöhnlich bekommen die ehrenamtlichen Politikerinnen und Politiker für jede Sitzung ein Sitzungsgeld im niedrigen zweistelligen Bereich.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat sich mit sehr kurzem Vorlauf personell für die Wahlen aufstellen müssen. Nico Rudolph vom BSW Chemnitz geht davon aus, dass die Situation in Chemnitz für die Partei ein Einzelfall bleiben wird: "Das wird in der Zukunft sicherlich anders sein, also da werden wir solche Probleme ganz bestimmt nicht mehr haben."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Juni 2024 | 06:05 Uhr

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