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Landtagswahlen in Thüringen und SachsenPolitikwissenschaftler zur Brandmauer gegen die AfD: Strategie der CDU gescheitert

03. September 2024, 12:34 Uhr

In Thüringen und Sachsen stehen nach den Landtagswahlen in den kommenden Wochen schwierige Regierungsbildungen an. Mehr denn je stellt sich dabei die Frage, ob die sogenannte Brandmauer der CDU gegen die AfD hält, vor allem in Thüringen. Der Politikwissenschaftler Oliver Lembcke sieht die Strategie der Christdemokraten gescheitert.

Die AfD hat bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen die meisten Stimmen geholt. In Thüringen ging die Partei mit großem Abstand zur CDU als stärkste Kraft hervor. In Sachsen landete sie nur knapp hinter den Christdemokraten auf Rang zwei.

CDU schließt Zusammenarbeit mit der AfD weiterhin aus

Im Anschluss an die Wahl beanspruchte der Thüringer Spitzenkandidat der AfD, Björn Höcke, den Regierungsauftrag für sich. "Es ist parlamentarische Kultur, dass die stärkste Kraft, und die sind wir, zu Gesprächen einlädt", sagte Höcke am Wahlabend im MDR. Die AfD werde davon Gebrauch machen. "Wer wirklich stabile Verhältnisse für Thüringen will und nicht nur davon redet, der kommt an der stärksten Kraft nicht vorbei", so der AfD-Politiker weiter.

Damit spielte Höcke auf den CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt an, der eine Zusammenarbeit mit der AfD auch nach der Wahl kategorisch ausgeschlossen hatte. Der sächsische Ministerpräsident und Parteikollege von Voigt, Michael Kretschmer, tat es diesen gleich.

Sollten beide CDU-Spitzenkandidaten an der sogenannten Brandmauer gegen die AfD festhalten, muss die CDU in beiden Ländern auf die Unterstützung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hoffen, um regieren zu können. In Sachsen wären auch Koalitionen mit den Grünen oder der SPD denkbar. In Thüringen bräuchte es zusätzlich den Beistand der Linkspartei.

Zur Zusammenarbeit mit der Linken gibt es jedoch – wie auch zur AfD – einen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU. Dieser gelte weiterhin, betonte der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz am Montag.

Politikwissenschaftler wenig überrascht von Brandmauer-Diskussion

Den Politikerwissenschaftler Oliver Lembcke von der Ruhr-Universität Bochum überrascht es daher nur wenig, dass die Frage nach der Brandmauer gegen die AfD nun erneut auftaucht. "Die CDU hat sich mit ihrer Brandmauer-Strategie in die Abhängigkeit vom BSW begeben und auch in die Abhängigkeit einer SPD, die verzweifelt versucht hat, eine gewisse Stärke zu behalten. Das ist gescheitert", sagte Lembcke im Gespräch mit MDR AKTUELL.

Oliver Lembcke ist Politikwissenschaftler an der Ruhr-Universität Bochum. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die CDU habe es nicht geschafft, die AfD mit dieser Strategie zu marginalisieren. "Es ist sogar noch das BSW entstanden, weil die CDU im ganzen Wahlkampf keine vernünftige Antwort auf die Frage gegeben hat, wie sie denn eigentlich den Regierungswechsel herbeiführen möchte."

Lembcke: Beide Seiten müssen Alternativen finden

In Thüringen habe Mario Voigt auf eine Koalition mit der SPD und dem BSW gehofft. "Das ist jetzt gescheitert, man steht mit leeren Händen da und schaut sich um", sagte der Politikwissenschaftler. Höcke beanspruche nun den Regierungsauftrag nach den Spielregeln der Demokratie für sich. Beide Seiten müssten nun Alternativen zu ihren festgefahrenen Demokratiemodellen entwickeln.

"Weder sollte die eine Seite so tun, als ob es normal wäre, dass die stärkste Fraktion nach der Macht greift. Noch sollte die andere Seite so tun, als ob diese Ausgrenzungsstrategie in Thüringen weitergehen könnte", sagte Lembcke. In Thüringen fehle es derzeit an Mehrheiten, die den Wählerwillen widerspiegeln. Das sei dort das Grundproblem, meint der Politikwissenschaftler.

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MDR (mbe)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 02. September 2024 | 12:18 Uhr

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