Frustrierte Stammbelegschaft SPD und Grüne wollen Leiharbeit im Gesundheitswesen begrenzen

21. Februar 2023, 05:00 Uhr

Als Leiharbeiter oder Leiharbeiterin hat man oft Nachteile gegenüber der Stammbelegschaft. Nicht so in Krankenhäusern: Dort werden Pfleger und Ärztinnen oftmals besser bezahlt und haben bessere Arbeitsbedingungen, wenn sie bei Leiharbeitsfirmen angestellt sind. SPD und Grüne wollen Leiharbeit im Gesundheitswesen nun begrenzen.

Die Pflegerin aus der Stammbelegschaft arbeitet das Wochenende durch, der Leiharbeiter dagegen pickt sich die Wunschschichten heraus. Für Heike Baehrens, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, ist klar: Leiharbeit im Gesundheitswesen wird immer mehr zum Problem.

Sie spalte die Belegschaften, sagt Baehrens: "Wir merken, dass Leiharbeit eine sehr problematische Auswirkung hat, vor allem auch auf die Stammbelegschaften, weil sie den Eindruck gewinnen, dass die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter sich die Arbeitszeiten heraussuchen können, während die Stammbelegschaft die Rund-um-die-Uhr-Versorgung abdecken muss."

SPD und Grüne wollen Leiharbeit begrenzen

Vorschläge liegen noch nicht auf dem Tisch. Heike Baehrens kann sich aber eine Obergrenze vorstellen, sodass in einer Klinik zum Beispiel nur noch ein bestimmter Anteil an Leiharbeitern arbeiten darf. Sie verweist darauf, dass dabei die Qualitätssicherung wichtigstes Kriterium sein müsse. Auch Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, will eine Begrenzung von Leiharbeit, sieht die Diskussion aber noch am Anfang. "Zwischen man macht gar nichts und einem totalen Verbot bestehen viele unterschiedliche Handlungsspielräume. Genau darum wird es jetzt gehen, sich das im Detail anzuschauen und dann zu beraten, wie man die notwendigen politischen Mehrheiten für einen entsprechenden Vorschlag im Bund und gegebenenfalls auch in den Ländern bekommt."

Leiharbeit verursacht höhere Kosten in Kliniken

In Klinken und Pflege nimmt Leiharbeit zu. Schätzungen gehen bei Pflegekräften von einem Anteil von bis zu zehn Prozent aus. Bei Ärzten dürfte er geringer sein. Zeitarbeitsfirmen werben mit besseren Arbeitszeiten und bis zu 30 Prozent mehr Vergütung. Für die Kliniken entstehen dadurch Mehrkosten, die sie selbst tragen müssen, so Friedrich München, Geschäftsführer der sächsischen Krankenhausgesellschaft.

München fordert eine Reglementierung. Und zwar bei der Vergütung für Leiharbeiter: "Die Reglementierung könnte zum Beispiel so aussehen, dass die Vergütung, die ja zurzeit exorbitant höher ist, als bei den Angestellten, begrenzt würde. Und wenn man da jetzt zum Beispiel sagen würde, man nimmt so einen 1,5-fachen Satz von den Löhnen für Leiharbeitnehmer, dann hätte man trotzdem einen höheren Satz für die Arbeitnehmer, aber eben einen Vergütungssatz, der sich noch im Rahmen halten würde."

FDP gegen Begrenzung von Leiharbeit

Was eine Begrenzung angeht, da ist die FDP in der Ampelkoalition skeptisch. Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der Liberalen, hält wenig davon, die Leiharbeit im Gesundheitswesen mit neuen Gesetzen einzuschränken. Er sagt und ist damit noch mit SPD und Grünen einer Meinung: Gesundheitsberufe müssten attraktiver werden, damit Mitarbeiter gar nicht erst abwandern. Jedoch – im Unterschied zu den Ampelpartnern – fügt er hinzu: Neue Einschränkungen würden die Jobs eben nicht attraktiver machen. "Wir müssen die Ursachen bekämpfen: Mehr Medizinstudiumplätze, weniger Bürokratie und die Hamsterräder, die wir im Krankenhaus haben – das muss beseitigt werden."

Ein komplettes Verbot von Leiharbeit im Gesundheitswesen schließen sowohl die Ampelkoalition als auch die Krankenhausgesellschaft aus. Das dürfte wohl auch verfassungsrechtlich schwierig werden. Denn es ist wohl kaum mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, Leiharbeit in einer Branche zu verbieten, in allen anderen aber nicht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 21. Februar 2023 | 06:00 Uhr

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