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30 Jahre Rostock-LichtenhagenBundespräsident Steinmeier sieht Gefahr neuer Gewalt

25. August 2022, 19:38 Uhr

Das brennende Sonnenblumenhochhaus, 150 Menschen in Todesangst und tausende johlende Zuschauer. Die Bilder vom August 1992 aus Rostock-Lichtenhagen sind unvergessen. Nach Einschätzung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist das Risiko, dass sich ähnliche Gewalt wiederholt, in der momentanen Krise besonders hoch.

Zum 30. Jahrestag der rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor neuem Hass und Radikalisierung gewarnt. Die Gewalt von damals, "jene Spur rechten Terrors, ist leider immer noch da", sagte er am Donnerstag bei einer Gedenkveranstaltung in Rostock. Das Risiko sei gerade jetzt hoch, " in einer Zeit, die uns herausfordert wie keines der letzten Jahrzehnte, einer Zeit, die uns viel abverlangt, in der Gewohntes in Frage steht und Einschränkungen drohen".

Lehren für die aktuellen Krise

Steinmeier hatte dabei offensichtlich die Folgen des Ukraine-Kriegs im im Blick, etwa die stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreise. Über einen "heißen Herbst" wird ja bereits länger diskutiert. Eine besonders wichtige Lehre aus Lichtenhagen für die Gegenwart ist aus Sicht von Steinmeier: "Wenn eine Gesellschaft unter Veränderungsdruck steht, dann bietet sich der Weg der Radikalisierung an, weil er einfache Lösungen vorgaukelt." Die einfachste aller Lösungen sei die Suche nach einem vermeintlich Schuldigen.

In Rostock-Lichtenhagen hatten vom 22. bis zum 26. August 1992 Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulustiger die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teils in Brand gesetzt. Die Polizei bekam die Lage nicht unter Kontrolle. Die Ausschreitungen gelten als die bis dahin schlimmsten rassistischen Übergriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Verantwortung des Staats

Der Bundespräsident sieht heute eine Mitschuld des Staats für die damaligen Ereignisse. "Was in Rostock geschah, ist eine Schande für unser Land. Für diese Schande trägt die Politik große Mitverantwortung", sagte Steinmeier. Die Krawalle seien auf dem Boden "einer teils hasserfüllten Debatte" gediehen. "Die Rhetorik auch der Parteien im demokratischen Spektrum war ressentimentgeladen." Als Konsequenz forderte Steinmeier, zu erkennen, dass Worte Waffen sein könnten. "Es gilt also, verbal abzurüsten."

Was in Rostock geschah, ist eine Schande für unser Land.

Frank-Walter Steinmeier | Bundespräsident

Auch die Bürgerinnen und Bürger nahm der Präsident in die Pflicht: "Es gilt für uns alle, wachsam zu sein für haarfeine Risse im Zusammenleben, wehrhaft gegen die Feinde dieser Gesellschaft und friedfertig im Umgang miteinander und solidarisch mit den Bedrohten." Er dankte zugleich denjenigen, die sich seit Jahrzehnten und in den ersten Jahren sehr oft gegen große Widerstände für die Aufarbeitung und Erinnerung der fremdenfeindlichen Angriffe einsetzten.

dpa/AFP/epd/KNA/MDR (ala)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 25. August 2022 | 19:30 Uhr

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