Brandbekämpfung Vorerst keine eigenen Löschflugzeuge in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt

11. September 2022, 12:23 Uhr

Vielerorts brachen in diesem Sommer Feld- und Waldbrände aus, etwa in Südthüringen, in der Sächsischen Schweiz und im Harz. Sachsen, Sachen-Anhalt und Thüringen sehen vorerst jedoch wenig Bedarf, eigene Löschflugzeuge anzuschaffen.

Heiß und trocken, so zeigte sich der Sommer in diesem Jahr, und das anhaltend. Feld- und Waldbrände waren keine Seltenheit, auch in Mitteldeutschland. Die seit Jahren kränkelnden Wälder mit viel Totholz boten eine gute Angriffsfläche.

Besonders heftig wüteten Brände in der Sächsischen Schweiz in Sachsen und im Harz in Sachsen-Anhalt. Tage- und wochenlang waren Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und Bundeswehr mit zahlreichen weiteren Helfenden im Einsatz, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen.

Löschflugzeuge aus Südeuropa angefordert

Durch die Begebenheiten in den National- und Naturparks war Unterstützung aus der Luft notwendig - mittels Hubschrauber oder Löschflugzeugen. Das hat die Debatte befeuert, ob denn Deutschland selbst Löschflugzeuge benötigt, die es bisher nicht gibt. Stattdessen setzt man hierzulande auf eine Gemeinschaftsvereinbarung in der EU, die sogenannte "rescEU"-Waldbrandbekämpfungsreserve. Im Notfall können Löschflugzeuge zum Beispiel aus Italien oder Frankreich zur Unterstützung angefordert werden.

Die mitteldeutschen Bundesländer sehen vorerst wenig Bedarf, eigene Löschflugzeuge anzuschaffen, um Waldbrände zu bekämpfen. Das ergab eine Abfrage der Innenministerien in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Zunächst sollten die jüngsten Einsätze in der Sächsischen Schweiz und im Harz ausgewertet werden, wo Löschflugzeuge aus Südeuropa zum Einsatz kamen.

Thüringer Talsperren als Herausforderung für Flugzeuge

Aus Erfurt heißt es, in dieser Debatte müsse noch viel abgewogen werden. Neben den Kosten spielen beispielsweise auch die Möglichkeiten eine Rolle, wo die Flugzeuge sicher und ausreichend Wasser auftanken können. Thüringens Talsperren liegen häufig eingerahmt von Bergen oder Abhängen, was eine Wasseraufnahme erschweren würde: "Je nach Flugzeugtyp sind hier unterschiedliche Voraussetzungen an die Wassertiefe und an die Länge des Gewässers vorhanden."

Die beiden Helikopter der Thüringer Polizei sind seit einige Jahren mit Außenlasthaken ausgestattet. Daran können sogenannte "Bambi Buckets" gehängt werden. Das sind faltbare Behälter für Löschwasser.

Sachsen setzt auf Spezialhubschrauber

Sachsen setzt, wie Thüringen auch, vorerst weiter auf Hubschrauber beim Löschen von Waldbränden. Hier im Speziellen auf die der Polizei: Laut Inneministerium in Dresden können diese punktgenauer arbeiten, und im Notfall funktioniere die Hilfe aus dem Ausland. Für die kommenden beiden Jahre ist dem Ministerium zufolge vorgesehen, drei neue Spezialhubschrauber anzuschaffen, um zukünftige Waldbrände insbesondere in schwierigem Gelände besser bewältigen zu können.

"Löschflugzeuge sind aus unserer Sicht derzeit im Hinblick auf Beschaffungskosten, Unterhaltskosten, Nutzungswert für andere Einsatzzwecke nicht so geeignet wie Löschhubschrauber", teilte das Ministerium mit.

Sachsen-Anhalt dankt Italien und Bundeswehr

Sachsen-Anhalt sieht sich nach dem Feuer am Brocken in seiner Lösch-Strategie per Hubschrauber und Unterstützung aus dem EU-Ausland bestätigt. Alle Möglichkeiten seien erfolgreich ausgeschöpft und der verheerende Brand bekämpft worden. Durchaus könne aber abgewogen werden, ob die Lösch-Hilfen aus Südeuropa Verstärkung aus Mitteleuropa benötigen. Innenministerin Tamara Zieschang: "Mein Dank geht daher an alle Beteiligten, insbesondere auch an die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Landespolizei Niedersachsen und die beiden italienischen Flugzeugstaffeln."

Feuerwehrverband gegen eigene Löschflugzeuge

Der Deutsche Feuerwehrverband hält aktuell wenig davon, eigene Löschflugzeuge für Deutschland anzuschaffen. Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis, außerdem fehle es an der richtigen Ausbildung aller Einsatz-Beteiligten. Das hat der Verband gemeinsam mit der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes in einem Positionspapier veröffentlicht. Darin heißt es: "Löschflugzeuge sind in Deutschland derzeit bei der Topographie, dem Vegetationsbestand, den üblichen Wetterlagen, der Verteilung von Feuerwehreinheiten in der Fläche sowie deren Ausbildungsstand nicht zielführend."

Hubschrauber flexibler als Flugzeuge

Ähnlich argumentiert die Katastrophenschutz-Organistaion "@fire". Laut dem Koordinator für Luftarbeit, Martin Schmid, sind Hubschrauber im Einsatz meist funktionaler, da sie flexibler eingesetzt werden können, beispielsweise auch um Menschen zu retten, Material abzuladen oder Retter in unwegsamen Gelände abzusetzen.

Für den Einsatz von Löschflugzeugen in Deutschland fehlt es nach seinen Aussagen bislang an Ausbildung, Strategien, Wissen und der Koordination zwischen Beteiligten am Boden und in der Luft. Hier könne man von den südlichen Ländern wie Portugal, Italien oder Frankreich lernen, die häufiger mit Waldbränden zu tun haben.

MDR (vle, mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 11. September 2022 | 12:00 Uhr

14 Kommentare

Harka2 am 12.09.2022

@Jana
Das ist Unsinn. Die zur Debatte stehenden Löschflugzeuge sind sehr viel schneller unterwegs, brauchen deutlich weniger Sprit und können deutlich größere Wassermassen binnen Sekunden im Flug aufnehmen und am Brandherd auch wieder abgeben.
Eine Be-200 kann 12 Tonnen Wasser binnen 18 Sekunden von Wasserflächen aufnehmen und zum Ziel bringen. Das hat sie recht erfolgreich auch schon in Italien, auf Sumatra, in Portugal und in Israel bereits getan. Auch die Einsätze in Griechenland und der Türkei waren erfolgreich. Die im Harz zum Einsatz gekommenen Löschflugzeuge aus Italien stammen aus Kanada und sind nicht ganz so leistungsfähig, aber dennoch jedem Hubschrauber weit überlegen.
Die Hubschrauber sind nicht mal halb so schnell und schaffen maximal 1-4 Tonnen Wasser zum Ziel.

martin am 12.09.2022

@jana: Nun, auch wenn kein Mangel an Hubschraubern herrscht - einen Mangel an Hubschraubern, die für Löscheinsätze geeignet sind, meiner Wahrnehmung nach durchaus.

Selbst wenn man noch mehr der "üblichen" mit entsprechenden Vorrichtungen nachrüsten würde - die Tragfähigkeit der meisten gebräuchlichen ist doch recht überschaubar und Wasser ist bekanntlich schwer.

Selbst die Bw hat einen eklatanten Mangel an einsatzfähigen mittelschweren oder gar schweren Transporthubschraubern. Letztere wären zur Waldbrandbekämpfung besonders geeignet.

Harka2 am 11.09.2022

Thüringen und Sachsen hat kaum Gewässer, von denen Löschflugzeuge im Flug binnen Sekunden Tonnen an Wasser aufnehmen könnten. Niemand möchte zufälligerweise aufgenommene Kanuten oder Ruderboote auf die Brände abwerfen.

Ein bundesweit operierender Verband von Löschflugzeugen ist hingegen sinnvoll. Canadair liefert da gerne was aus, Berejew mit der Be-200 aber auch sogar noch leistungsfähigeres.

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