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MDRfragtMDRfragt: Drei Viertel fordern stärkeren Einsatz gegen den Klimawandel

28. Oktober 2021, 05:00 Uhr

Die Klimakonferenz in Glasgow steht unmittelbar bevor. Dort werden einmal mehr hunderte Nationen um einen Konsens ringen, welche Anstrengungen die weltweite Staatengemeinschaft im Kampf gegen die Erderwärmung unternehmen soll. Für die überwiegende Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmenden ist klar: Es muss mehr getan werden als bislang. Das ist das Ergebnis einer Befragung unter mehr als 23.000 Menschen aus Mitteldeutschland.

von MDRfragt-Redaktionsteam

Ein zentrales Ergebnis der Befragung lautet: 73 Prozent wünschen sich mehr Engagement im Kampf gegen die Erderwärmung. Ein Fünftel (20 %) möchte dies nicht.

Mehr als zwei Drittel empfinden Klimawandel als große Bedrohung

Der Wunsch nach mehr Engagement dürfte auch daher rühren, dass die meisten MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer den Klimawandel als reelle Bedrohung für uns und unseren Lebensraum wahrnehmen. 69 Prozent sehen diese Bedrohung als groß an, 26 Prozent als eher klein. In den Augen von drei Prozent ist der Klimawandel gar nicht existent.

Stärkere Bedrohung für kommende Generationen

Zudem denken mehr als drei Viertel (78 Prozent), dass die kommenden Generationen die negativen Folgen des Klimawandels noch deutlich stärker spüren werden. Rund jeder Fünfte (21 Prozent) glaubt das dagegen nicht.

In den Kommentaren wurde näher beschrieben, welche Gefahren die Teilnehmenden durch die Erderwärmung sehen:

Die letzten Sommer waren extrem heiß, es gibt kaum mehr Frost, es ist zu trocken und die Wälder vertrocknen. Zumindest gefühlt gibt es viel mehr Extremwetter-Ereignisse.

38-jährige Teilnehmerin aus Stendal

An meinem Wohnort herrschte (mit Ausnahme von diesem Jahr) in den vergangenen Jahren große Hitze und Dürre. Der Wald stirbt hinter meinem Haus seither immer mehr ab. Wir hatten vorher auch einige Hochwasserereignisse. Sogar einen kleinen Tornado im Schwarzatal.

37-jährige Teilnehmerin aus Saalfeld-Rudolstadt

Wir waren zweimal im Hochwasser. Wir müssen weg vom Wahnsinn des ständigen Wachstums.

71-jähriger Teilnehmer aus dem Landkreis Leipzig

59 Prozent sagen, Verbote sind für Klimaschutz nötig

Um diese Gefahren einzudämmen, sind viele der befragten MDRfragt-Mitglieder auch bereit, Einschränkungen in Kauf zu nehmen. 59 Prozent gehen davon aus, dass wirksamer Klimaschutz ohne Verbote nicht möglich ist. Ein gutes Drittel denkt, dass es auch ohne Verbote funktionieren kann, und vier Prozent der Teilnehmenden sind der Meinung, dass Klimaschutz generell nicht nötig ist.

40 Prozent wünschen sich mehr Verbote

Wenn es darum geht, ob die befragten MDRfragt-Mitglieder sich selbst mehr Verbote und Regularien wünschen, sind die Meinungen gespalten. Vierzig Prozent wünschen sich mehr davon, fast der gleiche Anteil (39 Prozent) jedoch nicht. Etwa einer von zehn (13 Prozent) ist der Meinung, dass das derzeitige Maß an Verboten und Regularien ausreicht.

Vor allem Plastik, Fliegen und Flächenversiegelung sollten teurer werden

Danach befragt, was für einen effektiven Klimaschutz teurer werden müsste, sprechen sich die meisten für Plastik aus (59 Prozent), knapp danach kommt das Fliegen (56 Prozent) und an dritter Stelle die Flächenversiegelung (52 Prozent). Weniger wichtig finden die befragten MDRfragt-Mitglieder dagegen höhere Kosten für Fleisch- und Milchprodukte (28 Prozent), für Lebensmittel aus konventioneller Landschaft (26 Prozent) und Strom und Energie aus fossilen Quellen (22 Prozent). Auch finden nur 15 Prozent, dass generell jeglicher CO2-Verbrauch teurer werden sollte und nur 11 Prozent sagen dies beim Sprit.

Politik sollte auf Subvention klimafreundlicher Dinge setzen

Mehr Zuspruch als die Verteuerung von klimaschädlichen Produkten (21 Prozent) findet die Subvention klimafreundlicher Dinge, zum Beispiel von Bus und Bahn. Fast drei Viertel (74 Prozent) der MDRfragt-Teilnehmenden würden das begrüßen.

In den Kommentaren haben uns die Teilnehmenden geschrieben, was die Politik in ihren Augen beim Klimaschutz als erstes angehen sollte:

Das ÖPNV-Netz sollte auf dem Land ausgebaut werden und z. B. auch Angebote wie Rufbusse geprüft werden. Ein ggf. kostenloser ÖPNV nützt nichts, wenn vor Ort kein Angebot vorhanden ist.

48-jährige Teilnehmerin aus dem Erzgebirgskreis

Die Industrie sollte verpflichtet werden, nachhaltig und kreislaufsystemorientiert zu produzieren.

48-jährige Teilnehmerin aus Leipzig

Stärkung und Ausbau des Güterverkehrs auf die Schiene, Kreuzfahrtschifffahrt reduzieren, Flugverkehr stärker reduzieren (bzw. umweltfreundliche Antriebe schaffen) und Motorrennsport generell überdenken.

54-jähriger Teilnehmer aus dem Saale-Orla-Kreis

Grundlage des Klimaschutzes, egal ob durch Verbote oder freiwillig ist die Gesetzeslage. Leider hinkt die deutsche Klimagesetzgebung in ihren Zielen und Lösungspfaden seit Jahren den Welt- bzw. EU-Zielen (z.B. Pariser Klimaabkommen) hinterher. So wurde z. B. vor Kurzem das GEG eingeführt. Bereits bei dessen Einführung war klar, dass die enthaltenden Vorgaben nicht ausreichen, um das 1,5 °C-Ziel zu erreichen.

31-jähriger Teilnehmer aus Leipzig

Zusammenspiel aus Regularien und Eigenverantwortung

Grundsätzlich sind die meisten MDRfragt-Teilnehmerinnnen und Teilnehmer der Meinung, dass Klimaschutz vor allem durch Maßnahmen in der Industrie, im Verkehrssektor und der Energiegewinnung erfolgen soll. In den Bereichen Tourismus, Landwirtschaft und Gebäude/Wohnen sehen es weniger als die Hälfte als notwendig an, größere Änderungen vorzunehmen. Die Privathaushalte sieht nur jeder Fünfte in der Pflicht.

Gespaltene Meinungen beim Kohleausstieg

Bei der Energiegewinnung ist die Braunkohle der größte CO2-Verursacher. Umweltschützer fordern deshalb einen möglichst schnellen Ausstieg – noch vor 2038, dem bislang geplanten Ende der Braunkohleverstromung. Doch in Mitteldeutschland hängen Tausende Arbeitsplätze an der Braunkohle.

Entsprechend ist die MDRfragt-Gemeinschaft bei diesem Thema gespalten: So sind zwar 28 Prozent für den Kohleausstieg vor 2038, dem bisher geplanten Termin. Fast genauso viele jeweils - ein knappes Viertel - finden jedoch den bisher geplanten Ausstiegstermin im Jahr 2038 richtig oder sind generell gegen den Kohleausstieg. Und weniger als ein Fünftel ist für einen späteren Ausstieg als 2038.

EU sollte beim Klimaschutz Vorreiter sein, Deutschland nicht unbedingt

Abgesehen von der Frage, in welchen Bereichen die größten Veränderungen notwendig sind, geht es auch immer darum, welche Länder den Anfang machen. Der Klimawandel ist ein globales Phänomen und Klimaschutz kann nur funktionieren, wenn alle mitmachen. Entsprechend sind die MDRfragt-Teilnehmerinnen und Teilnehmer gespalten, ob Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen soll: Die eine Hälfte ist dafür, die andere dagegen. Eindeutiger fällt das Ergebnis bei der EU aus: Sie wünschen sich zwei Drittel als Vorreiter in Sachen Klimaschutz.

Zwei Drittel denken nicht, dass das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden kann

Allerdings glauben die wenigsten daran, dass aktiver Klimaschutz, wie im Pariser Abkommen festgehalten, gelingen wird. Nur 17 Prozent denken, dass wir das Ideal – 1,5 Grad maximale Erderwärmung – erreichen werden. Und selbst beim 2-Grad-Ziel denken nur 24 Prozent, dass wir es einhalten werden.

Mehr als jeder Zweite hat eigenes Verhalten geändert

55 Prozent der Teilnehmenden haben in den vergangenen fünf Jahren ihr Verhalten aus Klimaschutzgründen geändert, 40 Prozent haben dies nicht getan.

Die meisten haben Konsumverhalten und Ernährung geändert

Von denjenigen, die zuletzt etwas umgestellt haben, wollten wir näher wissen, um was es sich dabei handelt. Die meisten haben ihr Konsumverhalten verändert – etwa zu mehr Regionalität, Secondhandprodukten oder generell weniger Konsum. Am zweithäufigsten wurde eine Umstellung der Ernährung genannt, etwa weniger Fleisch- und Milchprodukte. Und auch beim Thema Strom und Energie wurden viele tätig, haben beispielsweise auf Ökostrom umgestellt.

Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben uns geschrieben, was sie verändert haben:

Ich bin Pendler und auf mein Auto täglich angewiesen. Ich fahre täglich 100 km über die Autobahn. Früher bin ich immer ziemlich schnell gefahren, seit ein paar Jahren fahre ich nicht schneller als 110 bis 130 km/h. Ich hoffe, so den Schadstoffausstoß meines Wagens zu verhindern. Außerdem denke ich über die Anschaffung eines E-Autos nach.

55-jähriger Teilnehmer aus Chemnitz

Seit Mitte der Neunziger Jahre wird bei mir mit einer modernen Brennwerttechnik geheizt! Bei mir wird schon immer der Müll getrennt.

61-jähriger Teilnehmer aus dem Altenburger Land

Kaufe kein Fleisch aus Massentierhaltung, regionales und saisonales Gemüse!

71-jährige Teilnehmerin aus Jena

Ich lebe seit zehn Jahren ohne Auto und es tut gut.

61-jähriger Teilnehmer aus Dresden

Wir kaufen Regionalprodukte (außer denen, die es hier nicht gibt), fahren überlegt Auto, achten beim Kauf auf Produkte, die wenig Strom brauchen, bauen im Garten Obst und Gemüse an und versuchen so wenig wie möglich, Müll zu erzeugen. Außerdem ist es uns sehr wichtig, dass sich Tiere im Garten wohlfühlen. Wir haben z.B. ein ein Beet mit bienenfreundlichen Blumen angelegt und unser Lavendel, zieht zahlreiche Schmetterlinge an. Das ist unser kleiner Beitrag und am Ende belohnt man sich sogar selbst. Jeder kann etwas tun. Die Summe zählt.

72-jährige Teilnehmerin aus dem Vogtlandkreis

Die Befragungsergebnisse zum Herunterladen

Über diese BefragungDie Befragung vom 24.09.-25.10.2021 stand unter der Überschrift:

Klimawandel - unterschätzte Gefahr oder zu viel Aufregung?

Insgesamt sind bei MDRfragt 48.993 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand
25.10.2021, 15 Uhr).

23.345 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung
teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 458 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.931 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 9.716 Teilnehmende
65+: 9.244 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 12.022 Teilnehmende
Sachsen-Anhalt: 5.760 Teilnehmende
Thüringen: 5.563 Teilnehmende

Verteilung nach Geschlecht:
Männlich: 57 Prozent
Weiblich: 43 Prozent
Divers: 0,2 Prozent

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in
Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung,
Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten
MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 2 | 28. Oktober 2021 | 14:00 Uhr