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MDRfragt zum Russland-Ukraine-KonfliktGroße Sorge um Energieversorgung in Deutschland

22. Februar 2022, 15:57 Uhr

Die Bundesregierung stoppt das Pipeline-Projekt Nord Stream 2, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnt vor steigenden Energiepreisen - die Eskalation in der Russland-Ukraine-Krise könnte die Energieversorgung in Deutschland beeinträchtigen. Das befürchten auch viele MDRfragt-Mitglieder, wie die Ergebnisse der aktuellen Befragung mit mehr als 35.000 Teilnehmenden aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigen.

von MDRfragt-Redaktionsteam

Deutschland bezieht viel Erdgas von Russland. 2019 kam rund die Hälfte der deutschen Erdgasimporte aus Russland. Dass das aufgrund der Eskalation in der Russland-Ukraine-Krise nun zum Problem werden könnte, davor haben drei von vier Teilnehmenden Sorge.

In den Kommentaren beschreiben die Teilnehmenden ihre Ängste konkreter:

Europa braucht Gas. Das ist ein Fakt. Kalte Wohnungen und stillstehende Produktion wären der Bevölkerung nicht vermittelbar und sind auch kein zumutbares Opfer.

Matthias W., 48 Jahre, Anhalt-Bitterfeld

Deutschland sollte froh sein, wenn es Energie irgendwo herbekommt. Meine Angst besteht darin, dass aufgrund verfehlter Energiepolitik die Strom- und Gasversorgung in Deutschland zusammenbricht.

Marlies B., 61 Jahre, Görlitz

Wir haben keine echte Wahl. Atomausstieg. Kohlekraftwerke werden abgeschaltet. Solar- und Windstrom reichen nie und nimmer.

Barbara H., 72 Jahre, Suhl

Zwei Drittel fordern mehr Unabhängigkeit von russischem Gas

Knapp zwei Drittel der Teilnehmenden wünschen sich eine größere Unabhängigkeit von Russland beim Thema Energieversorgung. Für ein Drittel ist das aber keine Option.

Drei Viertel finden aber auch: Nord Stream 2 soll trotzdem in Betrieb gehen

Drei Viertel der MDRfragt-Teilnehmenden wünschen sich aber dennoch die Inbetriebnahme der deutsch-russischen Erdgasleitung Nord Stream 2. Diese war Ende 2021 zwar fertig gestellt, wegen politischer Streitigkeiten aber noch nicht in Betrieb genommen worden.

In den Kommentaren der Teilnehmenden ist diesbezüglich ein gewisser Pragmatismus zu erkennen:

Die Abhängigkeit ist ungünstig. Aber jetzt ist es gebaut und hat soviel Geld gekostet, dann sollte man das auch nutzen.

Janine G., 45 Jahre, Jena

Diese Anlage wurde gebaut, um die Energieversorgung zu sichern und muss deshalb auch genutzt werden.

Anett G., 49 Jahre, Saalekreis

Deutschland ist abhängig von russischem Gas, das ist nun einmal eine Tatsache. Es ist jedoch nicht erklärbar, weshalb Deutschland unverhältnismäßig teureres und umweltbelastenderes Frackinggas aus den USA importieren sollte.

Wilfried B., 60 Jahre, Mansfeld-Südharz

Nord Stream 2 sollte in Betrieb genommen werden, die Baukosten waren hoch genug. Trotzdem sollten Gas und Öl aus verschiedenen Ländern bezogen werden, um mehr Einfluss auf die Preise zu bekommen. Einseitige Abhängigkeit führt zu Preiswucher. Es ist schon jetzt alles kaum bezahlbar für den Normalverbraucher.

Christine K., 69 Jahre, Vogtlandkreis

USA wird als größere Gefahr für Frieden als Russland gesehen

In der Befragung wollten wir auch wissen, wen die Teilnehmenden als Gefahr für den Internationalen Frieden sehen. 61 Prozent meinen das für die USA unter Präsident Biden, für Russland unter Putin glauben das weniger – aber immer noch rund jeder Zweite (47 Prozent).

In den Kommentaren beschreiben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, warum sie Russland bzw. die USA als die größere Gefahr empfinden:

Russland hat ebenso wie Deutschland oder andere europäische Staaten keinerlei Interesse an einem offenen Krieg in der Ukraine. Gehetzt wird in der Richtung vor allem von Seiten der USA... die sind ja auch weit weg und Unruhe in der EU spielt ihr in die Karten. Russland lässt an der Grenze einfach die Muskeln spielen um zu zeigen: So geht's nicht.

Patrick W., 29 Jahre, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Die Nato müsste aufhören, Putin zu provozieren. 1991 hat Bush Senior Gorbatschow sein Wort gegeben (keine Ost-Erweiterung der Nato) und sein Wort gebrochen.

Gabi S., 69 Jahre, Erfurt

Es erschreckt mich, dass es akzeptiert wird, dass ein Putin einfach so die Krim besetzt und weiter macht ohne wirkliche Intervention. Die Angst scheint groß zu sein vor Putin, was ihm noch mehr Macht verleiht.

Steffie H., 39 Jahre, Meißen

Leider haben sich sowohl China als auch Russland sehr stark weg von der Demokratie hin zu autokratischen nationalistischen und repressiven Regimen entwickelt. Der Wunsch Russlands nach einer Vorherrschaft gegenüber Staaten der ehemaligen Sowjetunion ist inakzeptabel gegenüber diesen Völkern.

Christian W., 61 Jahre, Dresden

Hauptverantwortlicher für Krise: Unentschlossenheit bei Befragten

In dieses Bild passt auch, dass mit 39 Prozent die meisten MDRfragt-Teilnehmenden die Hauptverantwortung für die Krise bei den USA sehen. Etwas weniger (35 Prozent) halten Russland für hauptverantwortlich. Die EU oder die Ukraine werden von den wenigsten für den Konflikt verantwortlich gemacht.

Gute Russland-Beziehungen hält so gut wie jeder für wichtig

Mehr als neun von zehn Teilnehmenden finden es wichtig, dass Deutschland gute Beziehungen zu Russland hat. Dafür sollte Berlin in den Augen der Befragungsteilnehmenden auch viel tun: Knapp neun von zehn (87 Prozent) sind der Ansicht, dass Deutschland große Anstrengungen unternehmen sollte, um die derzeit angeschlagenen Beziehungen zu Russland wieder zu verbessern.

Warum sie sich ein besseres Verhältnis zu Russland wünschen, berichten die Teilnehmenden in den Kommentaren:

Wir brauchen wieder ein stabiles und partnerschaftliches Verhältnis zu Russland. Dann ist die Energieversorgung und die Wirtschaft gesichert. Deutschland und die EU betrachten die Situation zu einseitig und vergessen viele geschichtliche Aspekte.

Elisa G., 34 Jahre, Dresden

Russland-Bashing ist in der deutschen Politik weit verbreitet, dabei haben wir mit Russland so viel gemeinsam. Ich wünsche mir, dass deutsche Politiker objektiv an der Beziehung zu Russland arbeiten und nicht alles verteufeln, was Putin sagt oder tut.

Stefan M., 46 Jahre, Görlitz

Acht von zehn glauben, Ostdeutsche blicken anders auf den Konflikt

Bundesweite Umfragen haben gezeigt: Ostdeutsche haben einen anderen Blick auf den Russland-Ukraine-Konflikt als Westdeutsche. Auch die MDRfragt-Teilnehmer gehen davon aus. 81 Prozent glauben, dass die Krise in Ostdeutschland anders betrachtet wird als in Westdeutschland.


Über diese BefragungDie Befragung vom 17.02.- 22.02.2022 stand unter der Überschrift:
Russland-Ukraine-Konflikt – Entwarnung oder Eskalation?

Insgesamt sind bei MDRfragt 58.252 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 22.02.2022, 11 Uhr).

35.814 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 578 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 5.615 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 14.783 Teilnehmende
65+: 14.838 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 18.524 (54 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 8.707 (24 Prozent)
Thüringen: 8.583 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 15.141 (42 Prozent)
Männlich: 20.604 (58 Prozent)
Divers: 69 (0,2 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 22. Februar 2022 | 21:45 Uhr