MDRfragt - Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland MDRfragt zum Wahlkampf: Neun von zehn zweifeln an Versprechen der Politiker

16. September 2021, 05:00 Uhr

Die MDRfragt-Mitglieder betrachten den Wahlkampf in diesem Jahr äußerst kritisch: Der Mehrheit geht es zu viel um Personen statt um Inhalte und sie verurteilt die gegenseitigen Angriffe der Politiker. Vor allem aber fällt eins auf: Die Befragten sind sehr skeptisch, was die Wahlversprechen der Parteien angeht. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Befragung, an der sich mehr als 22.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt haben.

So glauben 60 Prozent nicht, dass die Wahlversprechen der Parteien zumindest in der Theorie überwiegend umsetzbar sind. Noch eindeutiger fallen die Antworten aus, wenn es um die tatsächliche Umsetzbarkeit der Wahlversprechen geht. Daran glaubt die deutliche Mehrheit (87 %) nicht. Nur 12 Prozent glauben daran, dass die Wahlversprechen umgesetzt werden.

Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns geschrieben, weshalb sie den Wahlversprechen der Parteien wenig abgewinnen können:

Die Umsetzung der Wahlversprechen wird umso schwieriger, je mehr Parteien eine Koalition bilden müssen. Es muss im Koalitionsvertrag der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden, was zwangsweise dazu führt, dass sehr viele Probleme nicht gelöst werden können.

67-jährige Teilnehmerin aus dem Ilm-Kreis

Wo soll das ganze Geld herkommen für die Wahlversprechen?

66-jährige Teilnehmerin aus Dresden

Politik ist heutzutage nur noch Lobbyarbeit. Wer 'kein Geld hat', wird nicht mehr berücksichtigt. Traurig, aber leider Realität.

37-jährige Teilnehmerin aus Leipzig

Deutliche Mehrheit fühlt sich durch die Bundestagsabgeordneten nicht ausreichend vertreten

Die in den Bundestag gewählten Politiker sollen die Interessen des Volkes vertreten. 82 Prozent der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, fühlen sich jedoch durch die Bundestagsabgeordneten nicht ausreichend vertreten. Nur 16 Prozent finden, dass die Abgeordneten ausreichend für die Belange der Bevölkerung eintreten.

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Wahlkampf: Große Mehrheit findet, es geht zu sehr um Personen statt um Inhalte

Wir wollten von den Befragten auch wissen, wie sie den Wahlkampf in diesem Jahr empfinden. Für die große Mehrheit (89 %) geht es dabei zu viel um Personen statt um Inhalte. Außerdem langweilt der Wahlkampf die Mehrheit (59 %). Dass er zu schmutzig geführt wird, findet genau die Hälfte (50 %), 44 Prozent können dem nicht zustimmen.

Angriffe auf Politiker anderer Parteien: Für zwei Drittel falsches Verhalten

Im bisherigen Wahlkampf haben einige Politiker Politiker anderer Parteien öffentlich angegriffen - zum Beispiel bei Reden oder in Wahlkampfspots. Rund zwei Drittel finden dieses Verhalten nicht richtig (67 %). 28 Prozent begrüßen es dagegen.

Hier einige Kommentare, die uns zu diesem Thema erreicht haben:

Es ist erschreckend, dass Politiker die Regeln höflicher Kommunikation mehr und mehr missachten. Wenn die gewählten Volksvertreter da schon kein Vorbild sind, da können sie auch nicht glaubhaft gegen Hate speech und Hass intervenieren!

36-jähriger Teilnehmer aus dem Saale-Orla-Kreis

Wahlkampf darf nicht persönlich werden und andere verletzen. Viele haben verlernt, respektvoll miteinander umzugehen, zu streiten.

70-jährige Teilnehmerin aus dem Vogtlandkreis

Wir brauchen eine Streitkultur. Die Unterschiede zwischen den Parteien und den Kandidaten sind das Salz in der Suppe und die relevantesten Informationen.

37-jähriger Teilnehmer aus Meißen

4 von 10 finden Wahlentscheidung in diesem Jahr schwerer

42 Prozent fällt es in diesem Jahr schwerer als sonst, sich für eine Partei zu entscheiden. Rund ein Drittel (32 %) kann sich in diesem Jahr genauso gut oder schlecht entscheiden wie sonst auch. Und 22 Prozent fällt die Entscheidung in diesem Jahr leichter.

Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns geschrieben, warum ihnen die Entscheidung in diesem Jahr schwerer fällt:

Da die letzten 2 Jahre gezeigt haben, wie eng verstrickt alle 5 Parteien leider doch miteinander sind. Und so kaum Unterschiede wirksam werden.

35-jähriger Teilnehmer aus Leipzig

Ich war Stammwähler einer großen Partei. Bin jetzt aber enttäuscht worden.

53-jähriger Teilnehmer aus dem Harz

Es fällt mir schwer, weil alle Parteien den Himmel versprechen und nichts einhalten. Wem soll man noch glauben? Jede Partei steckt in irgendeiner Schweinerei mit drin und hat Dinge mit abgesegnet, die für den kleinen Mann schlecht sind.

60-jährige Teilnehmerin aus Nordsachsen

Wahlprogramm für Mehrheit ausschlaggebend

Das Wahlprogramm ist für die Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, ausschlaggebend (58 %). Ereignisse im Vorfeld der Wahl, wie beispielsweise die Flutkatastrophe oder Corona, sind für 39 Prozent wichtig. Rund ein Drittel (32 %) findet außerdem die Spitzenkandidaten der Parteien entscheidend. Mehr als ein Fünftel (22 %) sind Stammwähler einer Partei, etwas weniger (18 %) lassen sich durch den Wahlomat in ihrer Wahl beeinflussen. Besonders unbedeutend (2 %) sind die Wahlplakate.

Wiebke Binder im Gespräch mit Claudia Reiser vom MDRfragt-Redaktionsteam 3 min
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6 von 10 halten Wahl mit Blick auf Manipulationen für sicher

Egal ob Fake-News – etwa über die Kanzlerkandidaten – oder Hacker-Angriffe auf Abgeordnete: Im Vorfeld der Bundestagswahl gab es bereits einige Manipulationsvorwürfe. Dennoch halten 60 Prozent die Wahl mit Blick auf Manipulationen für sicher. 37 Prozent sind da jedoch skeptisch und zweifeln an der Sicherheit der Wahl.

Drei Viertel halten Briefwahl für sicher

Bei der Briefwahl ist der Anteil derer, die die Wahl für sicher halten, sogar noch größer: 72 Prozent halten sie für sicher. Ein Viertel (25 %) hält sie für unsicher.

Dass die Briefwahl immer beliebter wird, diesen Trend finden rund zwei Drittel unproblematisch. Für 28 Prozent ist es dagegen schon problematisch.

Zum Thema Briefwahl haben uns einige Kommentare erreicht – hier einige der Befürworter der Briefwahl:

Ich möchte den Wahl-Sonntag anders verbringen, als in ein Wahllokal zu fahren, besonders, da wir mit dem Auto in einen Nachbarort fahren müssten! Deshalb wählen wir per Briefwahl.

54-jährige Teilnehmerin aus dem Raum Leipzig

Für Menschen mit Behinderung, gesundheitlichen Problemen, ganz alte Menschen usw. ist die Briefwahl eine gute Möglichkeit, seine Meinung kund zu tun und ihr Mitbestimmungsrecht wahr zu nehmen.

69-jährige Teilnehmerin aus Mittelsachsen

Ich mache Briefwahl aus pragmatischen Gründen. Ich finde aber, sie ist anfälliger für Manipulationen.

36-jähriger Teilnehmer aus dem Landkreis Meißen

Außerdem haben einige MDRfragt-Mitglieder geschrieben, warum sie die Briefwahl kritisch sehen:

Briefe kann man nun mal leicht verschwinden lassen - was in den letzten Jahren ja auch vorgekommen ist.

29-jähriger Teilnehmer aus Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Die Wahl im Wahllokal hat für mich etwas mit Respekt vor der Demokratie zu tun. Somit sollte die Briefwahl nur absolute Ausnahme sein.

53-jähriger Teilnehmer aus Bautzen

Eine vollständige digitale Alternative am Tag der Wahl wäre eine bessere Alternative zur Briefwahl.

62-jähriger Teilnehmer aus Dresden

Mehr als die Hälfte der Wahlbereiten will im Wahllokal wählen

Von denjenigen, die wählen gehen wollen, hat der Großteil vor, seine Kreuze im Wahllokal zu setzen (53 %). Per Briefwahl wollen 45 Prozent wählen. 2 Prozent sind noch unentschlossen, auf welche Art sie wählen, wollen aber in jedem Fall ihre Stimme abgeben.

Über diese Befragung Die Befragung vom 10.-13.09.2021 stand unter der Überschrift:
Wahlkampf 2021 - Schlammschlacht, inhaltsleer oder auf den Punkt?

Insgesamt sind bei MDRfragt 47.321 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 13.09.2021, 15.00 Uhr).

22.838 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 398 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.862 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 9.488 Teilnehmende
65+: 9.090 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 11.655 Teilnehmende
Sachsen-Anhalt: 5.603 Teilnehmende
Thüringen: 5.580 Teilnehmende

Verteilung nach Geschlecht:
Männlich: 56 Prozent
Weiblich: 44 Prozent

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 2 | 16. September 2021 | 14:00 Uhr