Europäische UnionMindestlohn könnte durch EU-Richtlinie auch in Deutschland weiter steigen
Der Mindestlohn soll ab Januar bei 12,41 Euro liegen und 2025 dann bei 12,81 Euro. Zu wenig, beklagt vor allem die Arbeitnehmerseite. SPD-Kanzler Olaf Scholz will bei dem festgesetzten Tarif bleiben. Lars Klingbeil von der SPD meint aber, seine Partei wolle sich für mindestens 13,50 Euro stark machen – und verweist auf die EU-Mindestlohn-Richtlinie, die bis Herbst nächsten Jahres durchgesetzt werden soll.
- Die EU-Mindestlohn-Richtlinie soll das Verfahren bestimmen, mit dem in den EU-Staaten künftig Mindestlöhne festgelegt werden sollen.
- Das könnte in Deutschland dazu führen, dass der Mindestlohn erneut angehoben werden muss.
- Sicher ist das allerdings noch nicht, da bislang unklar ist, welche Daten als Grundlage für die Berechnung des Mindestlohns genutzt werden sollen.
Von 2,41 Euro in Bulgarien bis zu 13,80 in Luxemburg – so weit ist die Spanne derzeit in der Europäischen Union, was den Mindestlohn angeht. Aber egal, wie hoch er ist – in jedem Land geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Daher will die EU bis November die sogenannten Mindestlohn-Richtlinien durchsetzen. Die sollen das Verfahren bestimmen, mit dem künftig Mindestlöhne festgelegt werden sollen.
Das schreibt die EU-Mindestlohn-Richtlinie vor
Stephan Ueberbach, ARD-Korrespondent in Brüssel, erklärt: "Diese Richtlinie sagt nun: Jedes Land kann und muss für sich einen Mindestlohn festsetzen. Bei der Berechnung könnte zum Beispiel die Kaufkraft eine Rolle spielen oder was es so an Lohnerhöhungen gibt oder wie die Wirtschaftsleistung des jeweiligen Staates ist."
Die EU darf rein rechtlich keinen bestimmten Lohn festlegen. Dennoch gibt es mit der Richtlinie etwas, was vorher nicht so im Mindestlohngesetz stand, sagt Katja Nebe, Professorin für Arbeitsrecht an der Uni Halle: "In dieser Richtlinie steht, dass sich die Mitgliedstaaten in der Angemessenheit der Tariflöhne an Referenzwerten orientieren sollen. Und da soll man sich ungefähr an 60 Prozent des mittleren Durchschnittslohns oder 50 Prozent des allgemeinen rechnerischen Durchschnittslohns orientieren."
Mindestlohn in Deutschland könnte dadurch erneut steigen
Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht dadurch eine Erhöhung des Mindestlohns unabdingbar. Stefan Körzell, Mitglied im DBG Bundesvorstand, rechnet vor: "Das würde für Deutschland im Moment heißen, dass der Medianlohn bei 13,53 Euro liegen müsste, und der Medianlohn wird ja immer nachträglich betrachtet. Das heißt, wir gehen davon aus, dass er in den nächsten anderthalb bis zwei Jahren auf 14 Euro steigt."
Der Gewerkschaftsbund nutzt als Grundlage für die Einkommens-Berechnung bereits existierende Zahlen von 2023 und Prognosen für die kommenden Monate. Geschaut wird auf das mittlere Einkommen für Vollzeitbeschäftigte.
Wir gehen davon aus, dass der Mindestlohn in den nächsten anderthalb bis zwei Jahren auf 14 Euro steigt.
Stefan Körzell | DGB
Unternehmerverband Sachsen kommt zu anderem Ergebnis
Der Unternehmerverband Sachsen rechnet anders. Er schaut auf das Durchschnitts-Einkommen vom Jahr 2022 und betrachtet alle Arbeitnehmer – also auch Teilzeit. Frank Bierkämper von Unternehmerverband Sachsen erklärt: "Nach unseren Erkenntnissen gibt es die letzten Zahlen des Statistischen Bundesamts – da betrug der Stundenlohn in Deutschland etwa vor einem Jahr 24,70. Und dann, nach den von der EU-Linie empfohlenen 50 Prozent, wäre das ein Mindestlohn von 12,39."
Diese Rechnung entspräche dem erst kürzlich empfohlenen Mindestlohn von 12,41 Euro pro Stunde. Welche Daten nun genau die Grundlage sein sollen, konnte keiner der Experten MDR AKTUELL sagen. Daher ist auch nicht sicher, ob es durch die EU-Mindestlohn-Richtlinie zu einer weiteren Erhöhung des Mindestlohns kommt oder nicht.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 04. Juli 2023 | 06:00 Uhr
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