Rechtsextreme ParteiUnterschiedliche Rechtsauffassungen zu umstrittener Plakatkampagne
Wahlplakate der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" sorgen in Sachsen und in Bayern für Aufregung. Auf ihnen steht der Aufruf: "Hängt die Grünen!" Während die Staatsanwaltschaft in Zwickau meinte, die Plakate dürften hängen bleiben, sieht man das in Bayern ganz anders. Wie kommen die Juristen zu so unterschiedlichen Bewertungen?
- Aus Sicht der Staatsanwaltschaft Zwickau stellen die Plakate der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" keine Straftat dar und dürfen deshalb hängenbleiben.
- Die Staatsanwaltschaft München hält es hingegen für naheliegend, dass die mehrdeutige Gestaltung der Plakate auf eine Aufforderung zu Straftaten abzielt.
- In Zwickau argumentiert man dagegen, dass der Fall gerade wegen dieser Mehrdeutigkeit auslegungsfähg sei – trotzdem werden die Plakate in der Stadt abgehängt.
Weiße Schrift auf grünem Grund, in Großbuchstaben die Aufschrift: "Hängt die Grünen!" Darunter ein wesentlich kleiner gedruckter Dreizeiler, der dazu aufruft, die Plakatwerbung der Partei "Der dritte Weg" in den grünen Parteifarben zu verbreiten. Eine Straftat?
Nein, sagt Ines Leonhardt, Staatsanwältin und Sprecherin bei der Staatsanwaltschaft Zwickau: "Wir sehen hier keinen Straftatverdacht. Für eine Strafbarkeit wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten ist erforderlich, dass die Äußerung den Eindruck der Ernsthaftigkeit erweckt." Für die Aufforderung zum Mord fehle ein konkreter Hinweis auf den Ort und Zeitpunkt. Geht es nach der Zwickauer Staatsanwaltschaft, dürfen die Plakate also hängenbleiben.
Staatsanwaltschaft München sieht Aufforderung zu Straftaten
Ganz anders in Bayern: Dort wurden die Plakate von der Polizei schon entfernt. Man könne noch keine abschließende rechtliche Einordnung vornehmen, schreibt die Oberstaatsanwältin und Sprecherin der Staatsanwaltschaft München, Anne Leiding, MDR AKTUELL. Und weiter: "Die Staatsanwaltschaft München I sieht jedoch aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse einen Anfangsverdacht einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten im Sinne des § 111 StGB als gegeben an."
Denn, so argumentiert man in München: "Angesichts der Gestaltung des Plakats mit unterschiedlichen Schriftgrößen war gerade auf Betrachter aus größerer Entfernung abzustellen, die zwar den Schriftzug 'HÄNGT DIE GRÜNEN!', nicht aber die weiteren Verlautbarungen auf dem Plakat lesen können." Aufgrund der Gestaltung des Plakates sei naheliegend beziehungsweise zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Täter hier insoweit mit direktem Vorsatz handelten und es gerade darauf anlegten.
Plakate werden in Zwickau ebenfalls abgehängt
Die Zwickauer Staatsanwältin Ines Leonhardt belegt die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Zwickau mit der komplett gegensätzlichen Einschätzung: "Das Wort 'Die Grünen', das ist auslegungsfähig. Daraus ergibt sich nicht, wer mit den Grünen gemeint ist: Sind es die Politiker der Grünen, sind es die Mitglieder, die Wähler der Partei? Oder einfach Personen mit einer ökologischen Einstellung? Also das ist auslegungsfähig." Und außerdem sei ja unter der Äußerung "Hängt die Grünen!" noch ein Untertitel, der darauf hindeute, dass das als Aufruf zum Aufhängen der grünen Plakate der Partei "Der dritte Weg" verstanden werden solle.
Jetzt prüft die Generalstaatsanwaltschaft Dresden die Zwickauer Entscheidung. Hängen bleiben werden die Plakate in der Stadt Zwickau aber auf jeden Fall nicht: Die Stadtverwaltung hat eine Beseitigungsverfügung gegen den "Dritten Weg" ausgesprochen. Auch weitere betroffene Kommunen im Landkreis Zwickau überlegen, die Plakate der rechtsextremen Partei entfernen zu lassen.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 09. September 2021 | 07:47 Uhr