Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

Bezug zum NSUBöhmermann veröffentlicht geheime Verfassungsschutz-Akten

29. Oktober 2022, 13:59 Uhr

Im Internet ist ein geheimes Dokument des hessischen Verfassungsschutzes aufgetaucht. Darin wird die Rolle der Behörde in Bezug auf den NSU untersucht. Veröffentlicht hat das Papier ein Team um Moderator Jan Böhmermann. Nach Einschätzung des Teams offenbaren die Akten ein "zweifelhaftes Bild" der Arbeit der Verfassungsschützer. Die Thüringer Linken-Politikerin Katharina König-Preuss fordert bereits Konsequenzen.

Das "ZDF Magazin Royale" und das Internetportal "FragDenStaat" haben nach eigenen Angaben geheime Akten des hessischen Verfassungsschutzes mit Bezug zur Terrorgruppe NSU veröffentlicht.

Wie es auf einer extra eingerichteten Internetseite heißt, handelt es sich um den Abschlussbericht einer Überprüfung, die der damalige hessische Innenminister Boris Rhein in Auftrag gegeben hatte. Dabei sei "nicht der NSU, sondern der hessische Verfassungsschutz und seine Rolle in Bezug auf die Taten des NSU" untersucht worden. Das Dokument aus dem Jahr 2014 sollte ursprünglich 120 Jahre lang geheim bleiben, also bis ins Jahr 2134. Der amtierende hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte allerdings angekündigt, die Frist auf 30 Jahre zu verkürzen.

Böhmermann: Kaum Angaben zum NSU selbst

Der Moderator des "ZDF Magazin Royale", Jan Böhmermann erklärte auf Twitter, die Angehörigen der NSU-Opfer und die Öffentlichkeit hätten ein Recht darauf, zu erfahren, was in den geheimen Akten stehe.

In dem Bericht von Böhmermanns Team heißt es, die Akten offenbarten ein "mehr als zweifelhaftes Bild" von der Arbeit des hessischen Verfassungsschutzes. So werde deutlich, dass vor allem während der 1990er-Jahre – in denen sich auch die Rechtsterroristen des späteren NSU radikalisiert hätten – der Überblick über gesammelte Daten verloren gegangen sei und aus den Informationen nicht immer Konsequenzen folgten. Gleichzeitig tauchten kaum Angaben zum NSU selbst auf, hieß es. Wer gehofft habe, "in diesen Berichten die Antwort auf offene Fragen zum NSU, Beweise für gezielte Vertuschungsversuche oder gar den Beleg für die Rolle des Verfassungsschutzes bei der Mordserie zu finden, wird enttäuscht".

Den Angaben zufolge wurden die Akten abgetippt, damit das im Internet veröffentlichte Dokument keine digitalen oder analogen Spuren enthält. An verschiedenen Stellen seien aus rechtlichen Gründen personenbezogene Daten geschwärzt worden.

König-Preuss: Informationen zu Thüringer Neonazis

Die Thüringer Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss forderte nach der Veröffentlichung durch das Böhmermann-Team, den Geheimdiensten vorliegende Akten zur rechtsextremen Terrorgruppe NSU zu entziehen. Es sei notwendig, die Akten, die zur Aufklärung des NSU-Komplexes beitragen könnten, einem Archiv zu übergeben, um die Aufarbeitung voranzutreiben, sagte sie.

Nach Einschätzung von König-Preuss offenbaren die Unterlagen, "dass der Geheimdienst eine Vielzahl von Informationen über Bewaffnung von Personen der rechten Szene hatte, aber diese nicht nutzte, um frühzeitig rechte Straftäter aus dem Verkehr zu ziehen". Die hessischen Dokumente enthielten zudem eine Vielzahl von Informationen zu Thüringer Neonazis. Dass diese den Untersuchungsausschüssen der Länder nicht übergeben worden seien, zeige deutlich die Blockade des parlamentarischen Aufarbeitungswillens durch den Geheimdienst. König-Preuss hatte beiden NSU-Ausschüssen des Thüringer Landtags angehört.

NSU-Mitglied Zschäpe mit Verfassungsbeschwerde gescheitert

Der Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hatte zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordet sowie zwei Bombenanschläge und mehrere Raubüberfälle begangen. Bei den Opfern des NSU handelte es sich um neun Menschen mit Migrationshintergrund sowie eine Polizistin. Die drei Kernmitglieder des NSU – Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe – stammen aus Thüringen. Mundlos und Böhnhardt waren im November 2011 nach einem Banküberfall in Eisenach tot in einem Wohnmobil aufgefunden worden. Zschäpe wurde als Mittäterin zu lebenslanger Haft verurteilt. Erst vor Kurzem war sie mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil gescheitert.

epd, dpa, AFP (aju)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 29. Oktober 2022 | 06:00 Uhr

Mehr aus Politik

Mehr aus Deutschland