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Wegfall der KostenheranziehungPflegekinder dürfen eigene Einkünfte komplett behalten

30. Januar 2023, 10:25 Uhr

Stimmt es, dass Pflegekinder einen Teil ihres Einkommens aus Nebenjobs oder Ausbildung nicht mehr an das Jugendamt abgeben müssen? Das fragt sich eine MDR AKTUELL-Hörerin aus Sachsen-Anhalt, die anonym bleiben möchte. Damit ist die Kostenheranziehung gemeint. Sie habe gehört, dass die Bundesregierung diese abschaffen will.

Junge Menschen, die in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe oder in einer Pflegefamilie leben, mussten bisher 25 Prozent ihres Einkommens aus Ausbildung oder anderen Tätigkeiten an das Jugendamt abgegeben.

Eine MDR AKTUELL-Hörerin aus Sachsen-Anhalt hat sich hierzu gemeldet. Sie betreut ein Enkelkind in ihrem Haushalt als Pflegekind. Die Frau habe gehört, dass die Bundesregierung die sogenannte Kostenheranziehung abschaffen will und möchte nun wissen, ob das richtig ist.

Kostenheranziehung im November abgeschafft

Die Hörerin aus Sachsen-Anhalt hat Recht: Der Bundestag hat am 10. November vergangenen Jahres einstimmig beschlossen, dass die Kostenheranziehung abgeschafft wird. Das heißt: junge Menschen, die als Pflegekinder betreut werden und schon über ein eigenes Einkommen verfügen, müssen künftig nicht mehr einen Anteil davon an das Jugendamt abgeben.

Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne dazu: "Die gesetzliche Neuregelung ist zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Insbesondere wird da verzichtet bei jungen Menschen, die stationäre und teilstationäre Jugendhilfeleistungen erhalten. Und diese Regelung trifft auch insbesondere – und dafür ist lange gekämpft worden – auch die Leistungen der Vollzeitpflege."

Jugendämter müssen Aufhebungsbescheide aussenden

Das heißt: Das neue Gesetz gilt auch für Kinder und Jugendliche, die in Heimen leben oder in sozialen Wohngruppen betreut werden. Bisher konnten bis zu 25 Prozent zusammenkommen, die vom Einkommen abgezogen worden sind. Betroffen waren vor allem Auszubildende, Schüler mit Nebenjobs oder Studenten, die BaföG bezogen haben.

Handeln müssen jetzt die Jugendämter, sagt Petra Grimm-Benne. "Die Jugendämter sind gebeten worden, mit Wirkung zum 1. Januar 2023 keine Bescheide mehr zu schicken und im Rahmen dessen werden sie von Amts wegen dann auch Änderungs- beziehungsweise Aufhebungsbescheide an die jeweiligen betroffenen jungen Menschen schicken. Ich denke, das ist ein wirklich guter, wichtiger Meilenstein, damit auch diejenigen, die bereit sind, eine Ausbildung zu machen, dass die da nicht mehr gezwungen sind, davon Geld abzugeben."

Was das wiederum für die Abrechnung der Ausbildungsvergütung bedeutet, erklärt das Bundesfamilienministerium auf Anfrage. "In Bezug auf die Änderungen werden die jungen Menschen darüber informiert, dass ein Teil der Berufsausbildungsbeihilfe oder des Ausbildungsgeldes nicht mehr eingezogen wird."

Keine Ausnahmen bei Gesetzesänderung

Ausnahmen gibt es bei dem neuen Gesetz keine, alle Betroffenen profitieren also gleichermaßen davon. Für den Deutschen Pflegeelternverband ist das eine große Errungenschaft, erklärt Verbandsvorstand Peter Gräbe: "Um diese Entwicklung haben wir jahrelang in allen Institutionen und allen Bereichen in der Politik gekämpft und letztendlich nach dem Motto – steter Tropfen höhlt den Stein – haben wir jetzt auch was erreicht. Das ist für die Pflegekinder ganz wichtig. Das betrifft ja nicht nur die Pflegekinder, sondern es betrifft ja alle Kinder, die auch in den Institutionen sind, in Pflegeheimen und so weiter."

Die bisherige Regelung sei ungerecht gewesen, so Gräbe. Sie war aus der Idee heraus entstanden, dass Pflegekinder einen Zuschuss zu zahlen hätten für ihren Lebensunterhalt, solange der vom Staat getragen wird.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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