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Am aktivsten nutzen Potikerinnen und Politiker von AfD und FDP die Plattform. Bildrechte: imago images/Bihlmayerfotografie

Social MediaPolitiker auf TikTok - andere abwerten als Strategie?

15. November 2022, 11:46 Uhr

Immer mehr deutsche Politikerinnen und Politiker sind auf TikTok. Laut einer Statistik haben schon 450 einen Account. In den meisten Videos versuchen sie den politischen Gegner abzuwerten, weshalb die TikToks oft ungelenk und inhaltsleer wirken.

Für ein Video hat sich Uwe Dorendorf in ein Gokart gezwängt. Der 62-jährige CDU-Landtagsabgeordnete in Niedersachsen fährt vorweg, obwohl sein Kart sichtbar die größte Masse transportiert. Zwei junge Frauen, auf deren Karts SPD und Grüne zu lesen ist, schleichen hinterher. Das Video dauert 22 Sekunden, kurz vor Schluss fährt Dorendorf grinsend einen Verkehrskegel um, auf dem die Worte Frauenquote, Gendern und Tempolimit stehen. Das ist eines von 43 Videos auf TikTok, die Uwe Dorendorf schon gepostet hat.

Die meisten haben ein Ziel: Die Grünen und ihre Politikerinnen und Politiker niederzumachen. In einem TikTok-Video bezeichnet er beispielsweise Robert Habeck als einen der unfähigsten Politiker Deutschlands.

Uwe Dorendorf hat auf TikTok 2,7 Millionen Likes und 121.000 Follower. Er gehört damit zu den erfolgreichsten Politikern auf TikTok in Deutschland.

Erfolgreichster TikTok-Politiker: Lutz Liebscher (SPD)

Der erfolgreichste aber ist mit vier Millionen Likes Lutz Liebscher, ein Landtagsabgeordneter der SPD in Thüringen. Auch er nutzt TikTok vorwiegend, um politische Gegner zu bashen, meist die AfD. Doch er dreht auch Erklärvideos, in denen er zum Beispiel erklärt, wie die Cannabis-Legalisierung aussehen soll.

Rund 30 Bundestagsabgeordnete und 200 Landtagsabgeordnete seien auf TikTok, hat der Hamburger Politikberater Martin Fuchs gezählt. Insgesamt nutzen 450 deutsche Politikerinnen und Politiker die chinesische Videoplattform, die seit zwei, drei Jahren wie kaum eine zweite bei unter 20-Jährigen angesagt ist. Am aktivsten sind demnach Politikerinnen und Politiker von AfD und FDP. Die Grünen seien am seltensten vertreten, erklärt Martin Fuchs.

Bashing anderer Politikerinnen und Politiker

Inhaltlich beobachtet Fuchs in den kurzen Videos vor allem folgendes: "Das, was wir am meisten beobachten, ist zum einen natürlich sehr stark, irgendwelche Challenges und Sachen, die in der Kultur verankert sind, nachzumachen und sich zu beteiligen. Das zweite ist, dass man Bashing betreibt. Man sagt: Es gibt einen politischen Gegner und den greift man frontal an." Dabei ginge es weniger um positive eigene Ideen, sondern darum, den anderen abzuwerten.

Viele der Videos mögen ungelenk und inhaltsleer wirken. Wenn zum Beispiel der Liberale Thomas Sattelberger nach den Koalitionsverhandlungen in einen Dürüm beißt und danach Hip-Hop tanzt. Oder wenn Lutz Liebscher auf einen leeren Pappkarton springt, um für die Übergewinnsteuer zu werben. Dennoch hätten sich einige dieser Politikerinnen und Politiker eine Art Kultstatus auf TikTok aufgebaut, meint Martin Fuchs. 

Auch die AfD ist bei TikTok, allerdings mit einer ganz anderen Strategie, erklärt Fuchs: "Die sagen: Wir machen uns gar nicht erst den Aufwand, um TikTok-affin rüber zu kommen auf dieser Plattform, sondern wir nehmen einfach die Inhalte, die wir sowieso schon produziert haben auf Facebook, was die wichtigste Plattform für die AfD ist, und packen die auf TikTok. Das sind meistens Reden aus den Landtagen, das sind Mitschnitte von Wahlkampfständen." Fuchs schätzt die Inhalte für die Plattform TikTok eigentlich als langweilig ein, allerdings seien sie erfolgreich.

Der erfolgreichste AfD-Mann auf TikTok ist Ulrich Siegmund mit 2,2 Millionen Likes. Er sitzt für die AfD im Landtag Sachsen-Anhalts.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. November 2022 | 06:00 Uhr