Reform der Pflegeversicherung Was aus der Deckelung von Pflegekosten geworden ist
Hauptinhalt
05. August 2020, 05:00 Uhr
"Pflegenotstand" ist in Deutschland längst ein gängiger Begriff. Viele können sich die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht mehr ohne Hilfe vom Staat leisten. Dabei wollte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eigentlich in diesem Jahr mit einer Deckelung des Eigenanteils von Pflegeheimkosten befassen.
Er ist 91 Jahre alt, sie ist 86 Jahre alt. Seit knapp drei Jahren leben die Eltern von Brigitte Braun in einem Pflegeheim im Umland von Leipzig. Drei Preiserhöhungen gab es in dieser Zeit. Für beide Elternteile sind die Heimplatzkosten um etwa 500 Euro pro Person und Monat gestiegen. Dafür reichen die Renten nicht aus.
Nun geht es ans Ersparte, sagt Brigitte Braun: "Ich glaube, für meinen Vater wäre es ein ganz, ganz schlimmer, schlimmer Tag, wenn ich zu ihm gehen und sagen müsste: Du, Vati, das Geld ist alle. Jetzt müssen wir zum Sozialamt. Wir, beziehungsweise du kannst deine eigene Pflege nicht mehr bezahlen. Ich hoffe, dass uns, auch mir als Tochter, dieser Tag erspart bleibt", erzählt Braun.
Finanzielle Hilfe häufiger benötigt
Als Tochter müsste Brigitte Braun für die Heimunterbringung ihrer Eltern im Notfall nicht aufkommen. In ihrem Fall greift das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das seit Januar in Kraft ist. Demnach werden Kinder oder Eltern von Pflegebedürftigen, die nicht mehr als 100.000 Euro pro Jahr verdienen, nicht mehr in die Pflicht genommen.
Brigitte Braun ist aber auch die Ehefrau eines schwerkranken Mannes, den sie Zuhause pflegt. Käme er ins Heim, müsste sie im Fall der Fälle mit ihrem Erspartem und eigenem Einkommen einspringen. Erst danach greift die Sozialhilfe.
Stefan Adams leitet die Abteilung Wirtschaftliche Sozialhilfe im Sozialamt Leipzig. Generell würden der Beratungsbedarf und die finanzielle Hilfsbedürftigkeit größer, stellt Adams fest: "Ja, es fällt vielen Leuten schwer, allerdings bleibt vielen Menschen auch nichts anderes übrig."
Es seien sehr hohe Kosten, die da zum Teil gestemmt werden müssten und das könne nicht jeder selber zahlen. Dafür sei das Sozialamt am Ende natürlich auch da, betont Adams.
VdK fordert Begrenzung des Eigenanteils
Die durchschnittlichen Kosten für einen Heimplatz liegen in Deutschland bei etwa 1.800 Euro. Die Durchschnittsrente beträgt aktuell 1.219 Euro. Für Leipzig heißt das, dass knapp jeder sechste stationäre Pflegeheimplatz bereits mit Sozialhilfe unterstützt werden muss.
Pflege sei ein Armutsrisiko, sagt Verena Bentele, die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Der Verband fordert eine Deckelung des Eigenanteils der Pflegeheimkosten: "Dass es also ein System braucht wie bei der Krankenversicherung, dass eben die Menschen, die eine Pflegeversicherung haben, auch wissen: Ich habe einen Anteil selbst zu tragen, aber der ist gedeckelt." Und alles, was darüber hinausgehe, werde eben von der Pflegeversicherung respektive von den Ländern getragen.
Länder befürworten die Deckelung
Ob und wie sich ein Umbau der Pflegeversicherung umsetzen und finanzieren ließe, damit wollte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eigentlich im ersten Halbjahr 2020 befassen. Doch: "Die Corona-Pandemie hat auch den Zeitplan für die Reformdebatte durchkreuzt. Minister Spahn hat angekündigt, im Herbst zunächst einen "Kassensturz" vorzunehmen, bevor die Reformdiskussion weitergeführt werden kann", teilt das Ministerium MDR AKTUELL schriftlich mit.
Wie viel das Thüringer Sozialministeriums in Pflegeeinrichtungen investiert
Jahr | Ausgaben |
---|---|
2015 | 463.347 € |
2016 | 519.737 € |
2017 | 284.522 € |
2018 | 189.762 € |
2019 | 145.258 € |
2020 | 156.800 € (Ansatz) |
Die Sozialministerien in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen befürworten eine Deckelung des Eigenanteils von Pflegeheimkosten ausdrücklich. Sich künftig, wie es der VdK fordert, auch als Land an den Heimkosten zu beteiligen, kann sich allerdings einzig Thüringen vorstellen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. August 2020 | 05:00 Uhr
Bernd1951 am 06.08.2020
@Kiel_oben
Leider erst gerade gefunden:
Mit meinem kommunistischen Einheitsbrei bin ich nicht alleine.
In dem seit Urzeiten "kommunistisch" regierten Bundesland Hessen gibt es in der Landesverfassung den Artikel 41.
Dieser lautet
(1) Mit Inkrafttreten dieser Verfassung werden
1. in Gemeineigentum überführt: der Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), die Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung, die Betriebe der Energiewirtschaft und das an Schienen oder Oberleitungen gebundene Verkehrswesen;
2. vom Staat beaufsichtigt oder verwaltet: die Großbanken und Versicherungsunternehmen und diejenigen in Ziffer 1 genannten Betriebe, deren Sitz nicht in Hessen liegt.
(2) Das Nähere bestimmt ein Gesetz.
(3) Wer Eigentümer eines danach in Gemeineigentum überführten Betriebes oder mit seiner Leitung
betraut ist, hat ihn als Treuhänder des Landes bis zum Erlaß von Ausführungsgesetzen weiterzuführen. (Quelle Wikipedia "Sozialisierungsartikel 41").
Bernd1951 am 06.08.2020
@Kiel_oben
Vielleicht können Sie mir bitte einmal erklären, warum die privaten Kliniken die Besten sind ?
Bei privaten Kliniken besteht m. E. immer die Gefahr, dass die kompetente Beratung meist auf das hinausläuft, was das meiste Geld einbringt ?
Und was ist, wenn der Betreiber eines solchen Krankenhauses Insolvenz anmeldet ?
Haben dann die Kranken eben Pech gehabt und müssen sehen wo sie bleiben ?
Eine tolle "soziale" Marktwirtschaft, wenn Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.
Ältere Ossis haben den Vorteil, dass sie beide Gesellschaftsordnungen persönlich erlebt haben und Vergleiche ziehen können. Sie beziehen ihr Wissen nicht aus zweiter Hand.
Kiel_oben am 06.08.2020
Korrekt - gehört alles in private "Hände". Die privaten Kliniken sind die Besten! Wer wirklich krank und nicht wegen jedem Pickel zum Spezialisten geht schätzt es kompetent behandellt zu werden. Wer dafür mehr als Sozialbeitrag zahlt erst recht.
Kommunistischer Einheitsbrei ist vorbei! Auch wenn es ältere Össis bedauern und sich sowas hier immer mal wieder wünschen. Der Keks ist gegessen!