Nach Großrazzia Behörden erwarten weitere Verdächtige und Festnahmen in "Reichsbürger"-Szene

08. Dezember 2022, 19:20 Uhr

Nach der Großrazzia in der "Reichsbürger"-Szene rechnet BKA-Präsident Münch mit einer wachsenden Zahl von Verdächtigen. Thüringens Innenminister Maier geht zudem von weiteren Festnahmen aus. Auch werden schärfere Überprüfungen der Sicherheitsorgane gefordert.

Nach der Großrazzia gegen ein Reichsbürger-Netzwerk wegen Umsturzplänen zur Errichtung eines neuen "Deutschen Reichs" rechnet das Bundeskriminalamt mit einer wachsenden Zahl von Verdächtigen. Wie BKA-Präsident Holger Münch im ARD-"Morgenmagazin erklärte, stieg die Zahl der Beschuldigten am Donnerstag von 52 auf 54. "Wir haben noch weitere Personen identifiziert, von denen wir noch nicht genau wissen, welchen Status sie im Bezug auf diese Gruppe haben", sagte Münch.

Thüringens Innenminister Georg Maier erwartet nach der Großrazzia gegen die "Reichsbürger"-Szene auch weitere Festnahmen. "Erfahrungsgemäß folgt meistens noch eine zweite Welle", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Dies sei der übliche Verlauf, nachdem Beweisstücke wie etwa Mobiltelefone ausgewertet worden sind. Aus Umsturzfantasien seien konkrete Pläne geworden, sagte Maier.

Gefährlich wegen "irrationaler Überzeugungen"

BKA-Präsident Münch betonte dennoch, dass das deutsche Staatssystem zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen sei. Man müsse nicht annehmen, dass eine zwei-, vielleicht kleine dreistellige Zahl in der Lage sei, "das Staatssystem in Deutschland wirklich in Frage zu stellen", sagte Münch. Dennoch sei die Gruppe gefährlich, da sie "irrationalen Überzeugungen" folge. An 50 Objekten hätten Ermittler Waffen und Munition gefunden. Konkretere Angaben machte der BKA-Chef nicht.

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Donnerstag berichtete, war den Obleuten des Innenausschusses des Bundestages am Mittwoch nach Angaben von Teilnehmern mitgeteilt worden, dass bei der Razzia zunächst zwei Langwaffen, eine Kurzwaffe sowie Schwerter und Armbrüste, Schreckschuss- und Signalschusswaffen gefunden wurden. Die Waffen seien nur teilweise bei mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe gefunden worden, die über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügten. Dem Vernehmen nach waren darunter auch Dienstwaffen.

Schärfere Überprüfungen in Sicherheitsbehörden

Nach Angaben von Münch besaß die bei der Razzia zerschlagene Vereinigung aus der "Reichsbürger"-Szene Verbindungen in die Bundeswehr und zur Polizei. Münch dringt vor diesem Hintergrund auf eine schärfere Überprüfung von Beschäftigten in den Sicherheitsbehörden auf deren Verfassungstreue. Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, sprach sich dafür aus, obligatorische Sicherheits-Checks bei Einstellungen einzuführen.

Union fordert härteres Durchgreifen

Auch die Union forderte ein hartes Durchgreifen gegen die Szene. Bundestags-Fraktionsvize Andrea Lindholz sprach gegenüber der "Rheinischen Post" von "einer neuen Qualität". Reichsbürger und Selbstverwalter seien "alles andere als harmlose Spinner und Verschwörungstheoretiker", warnte die CSU-Politikerin. Mit der 2020 eingeführten Regelabfrage der Waffenbehörden beim Verfassungsschutz sei ein wichtiger Schritt zur Entwaffnung von Extremisten unternommen worden, betonte Lindholz.

Nach Auffassung des CDU-Innenpolitikers Alexander Throm hat die Razzia gegen die "Reichsbürger"-Szene jedoch gezeigt, dass die Demokratie wehrhaft ist.

dpa/AFP/Reuters/epd(dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. Dezember 2022 | 17:00 Uhr

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