Inflation und Teuerung Weniger und billiger: Wie beim Einkauf gespart wird

09. Juni 2022, 13:29 Uhr

Die Inflationsrate in Deutschland lag im Mai nur noch knapp unter 8 Prozent. Vor allem Gas und Sprit, aber auch Lebensmittel sind teurer geworden. Hauptursachen sind die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs. Die hohen Energiekosten verteuern auch viele andere Güter. Löhne und Renten halten nicht mehr Schritt. Die Entlastungen der Bundesregierung federn die Teuerung kaum ab. Viele Menschen müssen sich einschränken, vor allem untere Einkommensgruppen. Ein Überblick, wie und wo gespart wird.

Sparen beim Shopping

Nach Umfragen des Einzelhandels hat sich das Konsumverhalten durch die hohe Inflationrate bereits deutlich verändert. Der neue Konsummonitor des Handelsverbandes Deutschland HDE belegt, dass Kundinnen und Kunden mehr auf Sonderangebote achten. Bei Lebensmitteln wird häufiger auf Spezialitäten, Delikatessen sowie Genussmittel wie Alkohol oder Kuchen verzichtet. Noch stärker sind die Auswirkungen im Non-Food-Bereich wie beim Kleidungs- und Schuhkauf. Im Januar 2022 gab bei einer Umfrage knapp jeder dritte Teilnehmende an, bei Mode und Gastronomie zu sparen, mehr als jeder fünfte bei Ausflügen und Urlaub, Wohnungseinrichtung, Hobby sowie Freizeit- und Kulturveranstaltungen.

Umsatz vieler Supermärkte um ein Zehntel eingebrochen

Laut dem Consumer Index der Gesellschaft für Konsumforschung GfK machten sich Mitte März 86 Prozent der Menschen Sorgen um Preiserhöhungen bei Gütern des täglichen Bedarfs. Die Analyse zum Kaufverhalten zeigt klar, dass viele Verbraucher sich von "teureren" Einkaufsstätten wie dem Fachhandel oder höherpreisigen Supermärkten abwenden und zu Discountern wechseln. Supermärkte und Fachhandel büßten etwa zehn Prozent Umsatz ein, Discounter nur vier Prozent.

Die stärkste Verhaltensänderung wird beim Einkauf von Fleisch/Wurst erwartet – viele gaben an, den Konsum reduzieren zu wollen. Bei Grundnahrungsmitteln gibt es demnach einen Trend zu Handelsmarken, die in der Regel günstiger sind als Markenprodukte. Weniger stark ist der Rückgang bei Drogerie-Alltagsartikeln. Eine Befragung von MDRfragt zeigte, dass neun von zehn Menschen in Mitteldeutschland bereits den Gürtel enger schnallen.

Reporter interviewt Mann 33 min
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Preissprung bei pflanzlichen Erzeugnissen durch den Ukraine-Krieg

Laut Preismonitor des Einzelhandels lagen die Erzeugerpreise im März 2022 für pflanzliche Produkte um etwa 36 Prozent über dem Durchschnittspreis im Gesamtvorjahr und bei tierischen Produkten um 27 Prozent höher. Die Großhandelspreise für Getreide, Tabak und Futtermittel sowie für lebende Tiere stiegen sogar um etwa 45 Prozent.

Dabei gab es unter anderem infolge des Ukraine-Krieges bei einzelnen Produkten außergewöhnlich starke Preissprünge. Im April 2022 lagen die Verbraucherpreise bei Speisefetten und Ölen um ein Viertel über dem Vorjahresdurchschnitt, Gemüse war um 15,7 Prozent teurer. Fleischprodukte verteuerten sich um 11,3 und Milcherzeugnisse und Eier um 8,0 Prozent, Kaffee, Tee und Kakao um 7,3 Prozent. Gesundheitlich betrachtet bedenklich: Die Preise für Produkte mit hohem Zuckergehalt, etwa Marmeladen oder viele Süßwaren, stiegen kaum. Auch bei alkoholischen Getränken ist die Teuerung insgesamt moderat.

Lebensmittelpreise ziehen seit mehreren Jahren an  

Deutlicher werden die Preissteigerungen im Vergleich zu 2019. Vor allem die sogenannten Grundnahrungsmittel haben sich drastisch verteuert: Pflanzenöle um fast 50 Prozent, Eier um knapp ein Drittel, Butter, Schweine- und Rindfleisch, Mehl und Getreideerzeugnisse, Gemüse und Obst um mehr als ein Viertel.

Im längeren Zeitraum von 2015 bis April 2022 erhöhte sich der Preisindex für Lebensmittel (Nahrung, Getränke, Tabak) im Schnitt um gut ein Fünftel. Nach relativ stabilen Konsumausgaben von 2000 bis 2019 stieg der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel in den Jahren 2020 und 2021 auf über 15 Prozent des Gesamtkonsums.

Spitzenreiter bei den Preissteigerungen einzelner Konsumsegmente waren im April 2022 der Verkehr mit plus 13,3 Prozent, Wohn-/Energie-/Wasserkosten mit 7,8 Prozent sowie Möbel und Haushaltsgeräte, Gastronomie und Beherbergung mit etwa fünf Prozent höheren Preisen im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt erhöhten sich die Einzelhandelspreise im Vorjahresvergleich jedoch moderat um im Schnitt 7 Prozent.

In den Bereichen Verkehr, Wohn-/Energiekosten sind die Preise binnen weniger Monate so schnell gestiegen wie zuvor im Zeitraum 2015 bis 2021.

Gewinner sind Drogeriemärkte

Hingegen konnten Drogeriemärkte im Jahr 2021 ihren Umsatz um zwei Prozent steigern. Entgegen dem insgesamt negativen Konsum beendeten sie auch den März 2022 laut GfK-Report bei plus-minus null. Dabei sind auch Drogeriewaren teurer geworden, denn Öle und Fette sind wichtige Grundstoffe für viele Produkte, auch die Transportkosten stiegen.

Den GfK-Forschern zufolge profitieren Drogeriemärkte jedoch stärker vom Ende der Corona-Beschränkungen. Nach den Lockdowns und dem massenhaften Wechsel von Beschäftigten ins Homeoffice normaliserte sich im Frühjahr das öffentliche Leben wieder und auch die Präsenz in Betrieben. Das beflügelte den Kosmetikabsatz enorm, der zuvor eingebrochen war.

Einkommensunabhängiger Trend zu preiswerten Veggie- und Bioprodukten

Nach aktuellen GfK-Daten hat die Inflation auf den Absatz von Veggie- und Bioprodukten unterschiedliche Auswirkungen. So lagen Fleisch- und Wurstersatzprodukte sowie vegane Nahrungsmittel auch im ersten Quartal 2022 weiter im Trend. Der Umsatz bei vegetarischen Angeboten stieg jedoch bei preiswerten Handelsmarken deutlicher als bei Herstellermarken. Bei veganen Nahrungsmitteln ist der Umsatz bei Markenprodukten insgesamt negativ, doch die Handelsmarken konnten stark zulegen. Vegetarier und Veganer versuchen also durch den Wechsel zu preiswerteren Herstellermarken zu sparen, ohne ihre Ernährung umzustellen.

Im Gegensatz zu den Veggie-Kategorien war die Umsatzentwicklung der Bio-Produkte insgesamt negativ. Das Plus bei preiswerteren Bio-Handelsmarken konnte nicht den Umsatzrückgang bei Bio-und Öko-Herstellermarken von gut elf Prozent ausgleichen. Bemerkenswert ist, dass der Rückgang der Bio-Umsätze nicht mit der ökonomischen Situation der Haushalte erklärt werden kann.

Denn nicht die einkommensschwächeren Haushalte haben ihre Bio-Ausgaben am stärksten reduziert. Zumindest bei den Herstellermarken war das Umsatzminus in höheren Einkommensgruppen tendenziell stärker.

Einkommensschwache besonders stark von Inflation betroffen

Insgesamt belegt der HDE-Konsumreport jedoch, dass Haushalte je nach Einkommen unterschiedlich stark von der Inflation und hohen Lebensmittelpreisen betroffen sind. So gaben Haushalte mit einem verfügbaren Monatseinkommen von 5.000 Euro und mehr im April 2022 nur gut acht Prozent davon für Lebens- und Genussmittel aus. Bei Haushalten bis 1.300 Euro Einkommen lag der Anteil bei gut einem Fünftel. Entsprechend leiden Haushalte mit geringem und mittlerem verfügbaren Einkommen bis 2.600 Euro stärker unter Preiserhöhungen bei Lebensmitteln.  

Inflation sorgt die Menschen mehr als Krieg und Klima

Für 37 Prozent der Menschen in Deutschland war im April 2022 die hohe Inflationsrate das größte Sorgenthema. Noch nie wurde hierzulande ein höherer Wert verzeichnet, ermittelte eine Ipsos-Studie. Auf den Plätzen zwei bis fünf im Ranking der größten Sorgen folgen Armut und soziale Ungleichheit sowie militärische Konflikte (je 35 Prozent), der Klimawandel (28 Prozent) und dann erst das Coronavirus (26 Prozent).

Etwas Hoffnung macht die jüngste GfK-Konjunkturprognose. Sowohl die Konjunktur- als auch die Einkommenserwartung verzeichnen leichte Gewinne. Insgesamt jedoch sieht der Konsumexperte Rolf Bürkl die "Konsumstimmung nach wie vor an einem absoluten Tiefpunkt". Hohe Preise für Energie und Lebensmittel sorgen dafür, dass entsprechend weniger Geld für andere Anschaffungen zur Verfügung steht.

MDR AKTUELL, (ans)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 06. Juni 2022 | 07:00 Uhr

71 Kommentare

Fakt am 10.06.2022

@Kritiker:

Nein, bei der Mehrwertsteuer ist das nicht Wunschtraum, sondern gesetzlich vorgegeben. Würde der Händler sich nicht daran halten, hätte er bei der Erstellung seiner Umsatzsteuererklärung nämlich große Probleme. Mit dem Kaufmännischen ist es bei Ihnen offenbar nicht sehr weit her.

Kritiker am 10.06.2022

Fakt: +...Wird die gesenkt, zahlt der Verbraucher auch nur den entsprechenden Steuersatz!...+ So viel zur Mehrwertsteuer.
Wunschtraum!! Mehr ist dazu nicht zu schreiben.

Thommi Tulpe am 10.06.2022

Beantragen Sie doch einfach die ungarische Staatsbürgerschaft, wenn Sie von Deutschland demoralisiert sind!
In dem Falle würde ich Ihnen vor allem wünschen, dass Ihnen "Idol" Orban in dem Falle auch Sprachkurse, die man hier B1/ B2 nennt, und eine 6-jährige Ortsbindung in irgendeinem Kuhkaff aufzwingt.

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