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811 Kommunen in Deutschland sprechen sich für Tempo 30 in innenstädten aus. Bildrechte: Volker Bode / Leibniz-Institut für Länderkunde

Neues StraßenverkehrsgesetzEinfache Errichtung von Tempo-30-Zonen? Kommunen sind skeptisch

23. Juni 2023, 12:08 Uhr

Das Straßenverkehrsgesetz bekommt ein Update: Städte und Kommunen sollen mehr Spielraum erhalten, um Tempo-30-Zonen einzurichten, wo sie es für nötig halten. Ob es dadurch wirklich leichter wird, glauben nicht alle. Außerdem gibt es auch Kritik von Paketzustellern.

Gesundheitsschutz, Klimaschutz, städtebauliche Entwicklung – das sollen in Zukunft auch Gründe für eine Tempo-30-Zone sein. Die Kommunen hätten damit neue Argumente an die Hand bekommen, sagt der Bundesverkehrsminister.

Matthias Bärwolff verspricht sich davon erstmal gar nichts: "Ob die am Ende ausreichend sind, um eine Tempo-30-Zone einzurichten, das steht auf einem ganz anderen Blatt, nämlich in einer Straßenverkehrsordnung, die noch keiner kennt." Bärwolff ist Dezernent für Bau und Verkehr in Erfurt. Er bezeichnet die Gesetzesänderung als "Kniefall vor der Automobillobby" und als Augenwischerei.

Es gebe schon die Möglichkeit, aus dem Bereich Gesundheitsschutz Tempo 30 aufgrund von Lärmbelastung anzuordnen: "Aber die Verfahren sind so langwierig und auch die Stadt Erfurt hat jetzt wieder eine ganze Reihe von Maßnahmen angemeldet beim Freistaat bei der oberen Verkehrsbehörde zur Umsetzung des Lärmaktionsplans. Davon wurden zwei Drittel der Maßnahmen abgelehnt, weil eben die Verlärmung nicht laut genug ist", sagt Bärwolff.

Und dass sich daran mit der Straßenverkehrsordnung, die auf Basis des neuen Gesetzes festgeschrieben werde, etwas änderte, bezweifelt Bärwolff. Zwar rechnet er auch mit Erleichterungen: Parkflächen in Anwohnerquartieren könnten einfacher ausgewiesen werden, sagt er – nämlich nach errechnetem Bedarf und nicht erst, wenn es einen Notstand gibt. Der große Brocken sei das aber nicht.

811 Kommunen für Tempo 30 in Innenstädten

Flächendeckend Tempo 30 in Innenstädten, das wäre ein großer Brocken. Viele Kommunen wollen das gerne einführen und haben sich in der Initiative Lebenswerte Städte zusammengeschlossen. 811 Städte und Kommunen sind seit dem 21. Juni dabei, darunter ganz neu auch Altenburg.

Der Sprecher der thüringischen Stadt gibt MDR AKTUELL die Auskunft, man begrüße das Gesetz sehr – wenn es denn am Ende den Kommunen wirklich mehr Spielraum gebe. Den werde man dann auch ausnutzen.

Kritik von Paketzustellern

Wer sich dagegen nicht über mehr 30er-Zonen freuen würde, sind die Zustellerinnen und Zusteller von Paketen. Die würden schließlich an der Lieferzeit gemessen, sagt Marten Bosselmann, Vorsitzender beim Bundesverband Paket- und Expresslogistik: "Wir haben im Schnitt 150 Pakete im Fahrzeug und unsere Kundinnen und Kunden warten schon sehnsüchtig darauf, dass ihr Paket eintrifft. Alles, was zu einer Verringerung des Verkehrsflusses beiträgt, wird als nachteilig empfunden."

Veränderung wünscht er sich vor allem beim Thema Parken in der zweiten Reihe: "Das ist ein Verstoß gegen die StVO und unsere Fahrerinnen und Fahrer mögen das überhaupt nicht, sind aber, weil zu wenig Platz ist, dazu gezwungen. Wir versprechen uns von diesem neuen Gesetz, dass es Ladezonen gibt, in denen unsere Leute ihre Autos in Ruhe be- und entladen können."

Das sei ein Appell an die Regierung und den Bundesverkehrsminister, aber auch an die Kommunen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. Juni 2023 | 06:00 Uhr