Debatte im Bundestag Buschmann verteidigt Streichung von Paragraph 219a
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Im Bundestag wurde am Freitag die geplante Streichung des Paragraphen 219a debattiert. Die Ampel-Regierung will den Paragraphen um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche streichen. Bundesjustizminister Buschmann verteidigte dabei das Vorhaben und nannte es "absurd" Ärzten zu verbieten, Aufklärung zu betreiben.

- Buschmann bezeichnete das Werbeverbot als eine Ungerechtigkeit, da Ärzten verboten werde, aufzuklären.
- Die Bundesfamilienministerin begrüßte die Streichung und nannte sie "überfällig".
- Die Union kritisierte den Entwurf und reichte einen Antrag gegen die Streichung ein.
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat die geplante Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen verteidigt. Bei einer Debatte im Bundestag am Freitag sagte der FDP-Politiker, ungeborenes Leben werde auch künftig nicht gefährdet. Es gehe darum, betroffenen Frauen Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu erleichtern.
"Wir wollen, dass eine Frau, wenn sie es möchte, informierter entscheiden kann, und das sollte in einer aufgeklärten Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit sein", sagte er bei der ersten Debatte über die geplante Streichung des Paragraphen 219a.
Buschmann: Absurd, Ärzten die Aufklärung zu verbieten
Er sagte weiter: "Im Internet erlauben wir jedem Verschwörungstheoretiker, jeder Fake-News-Schleuder, jeden Unsinn über Schwangerschaftsabbrüche zu verbreiten. Aber qualifizierten Ärztinnen und Ärzten als Hüter der Wissenschaft, der Fakten, der Sachlichkeit und der Aufklärung, denen verbieten wir, sachliche Informationen bereitzustellen." Dieser Zustand sei "absurd". Der Paragraph 219a sei eine Ungerechtigkeit – "deshalb schaffen wir ihn ab".
Buschmann betonte zugleich, dieses Vorgehen habe "keine Auswirkungen auf das Lebensschutzkonzept von Paragraph 218". Dieser verbietet Abtreibungen, stellt sie unter bestimmten Umständen aber straffrei.
Bundesfamilienministerin: Streichung sei überfällig
Auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus befürwortet die Streichung. Die Grünen-Politikerin sagte am Freitag im Bundestag, die Streichung des Paragraphen sei überfällig. Sie betonte, "es geht um existenzielle Fragen: um das Menschenrecht auf reproduktive Selbstbestimmung, um das Recht von Frauen, über ihren Körper zu entscheiden". Und selbstverständlich sei auch das Recht des Kindes auf Leben ein Menschenrecht. Man solle nicht beide Rechte gegeneinander ausspielen. Alle Statistiken zeigten: "Es sei die gute Beratung, die Frauen Mut macht für ein Leben mit einem Kind und nicht die Androhung von Strafe."
Paus kündigte zugleich an, dass die Regierung auch einen "zweiten Schritt gehen" und die Regelung für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches treffen wolle. Um die damit einhergehenden hochkomplexen juristischen Fragen zu klären, werde eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung eingesetzt. "So wie sich Frauen auf medizinische Leistungen verlassen dürfen, wenn sie sich für ein Kind entscheiden, sollen sie künftig auf medizinische Leistungen vertrauen können, wenn sie sich gegen ein Kind entscheiden." Der Schwangerschaftsabbruch gehöre nicht ins Strafrecht.
Union reicht Antrag gegen Streichung ein
Widerspruch gegen die Pläne kam am Freitag erneut aus den Reihen von Union und AfD. Abgeordnete der beiden Fraktionen bemängelten, dass der Schutz des ungeborenen Lebens in der Argumentation zu kurz komme. Die Unionsfraktion reichte einen Antrag gegen die Abschaffung des Paragrafen ein.
Indem heißt es: "Wir erkennen sehr wohl an, dass unterschiedlichste Not- und Zwangslagen im Ergebnis dazu führen, dass eine Frau eine Schwangerschaft nicht fortsetzen will und kann. Eine Banalisierung des Schwangerschaftsabbruchs halten wir demgegenüber für ethisch unvertretbar." Es sei zudem "falsch, wenn in der aktuellen Debatte das ungeborene Kind fast ausgeblendet wird".
Medizinerin Hänel erleichtert über Vorhaben
Auch die auf Grundlage des Paragraphen verurteilte Ärztin Kristina Hänel lobte die geplante Streichung. "Es ging bei mir nie um Werbung, sondern um sachliche und seriöse Information", sagte sie im Radiosender Bayern 2. Bedenken etwa aus der Union, dass nun Schwangerschaftsabbrüche verharmlost werden könnten, nannte die Gießener Medizinerin "beleidigend und demütigend" den Frauen gegenüber, "die eine so schwere Entscheidung treffen müssen".
Mit dem Entwurf plant die Ampel-Koalition den umstrittenen Paragraphen 219a aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Er regelt das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Er führt bislang dazu, dass Ärztinnen und Ärzte keine ausführlichen Informationen über solche Eingriffe öffentlich anbieten können, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Das soll sich ändern. Der Gesetzentwurf sieht ebenfalls vor, dass seit 1990 ergangene Urteile gegen Ärztinnen und Ärzte im Zusammenhang mit 219a aufgehoben werden.
dpa/AFP/epd (sra)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 13. Mai 2022 | 14:00 Uhr