Tarifverhandlungen öffentlicher Dienst Bus- und Bahnfahrer wünschen sich mehr Wertschätzung

22. Februar 2023, 05:00 Uhr

Am Mittwoch gehen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst in eine neue Runde. Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten ein Lohnplus von 10,5 Prozent beziehungsweise mindestens 500 Euro mehr pro Monat. Die Beschäftigten in Leipzig erhoffen sich ein angemessenes Gehalt und mehr Wertschätzung für ihre Arbeit.

Statt dem gewohnten Stadtverkehr klang es am Freitag in Leipzig so: "Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag!" Über 24 Stunden lang war der Nahverkehr lahmgelegt – nahezu keine Tram und kein Bus rollte durch Leipzigs Straßen.

Auch Kay Hinniger hat sich am Streik beteiligt. Der 25-Jährige ist seit sieben Jahren Busfahrer. Aktuell macht er eine Weiterbildung zum Straßenbahnfahrer. Er liebt seinen Job. Aber: "Uns wurde zu Corona ganz oft gesagt, dass wir systemrelevant sind. Uns wird immer wieder von der Politik gesagt, dass wir für eine Verkehrswende unabdingbar und gleichzeitig für den Klimaschutz unfassbar wichtig sind. Aber wir bekommen die Wertschätzung einfach nicht", findet Hinniger.

Mit Wertschätzung meint Hinniger ein angemessenes Gehalt. Busfahrerinnen und -fahrer verdienten in Leipzig nach der Probezeit rund 2.200 Euro brutto im Monat. Ohne Zulagen gehe man mit 1.700 bis 1.800 Euro nach Hause: "Und das ist einfach zu wenig. Vor allem für diese wichtige Stellung, die wir hier im öffentlichen Personennahverkehr haben, ist das völlig unverständlich, dass man so eine geringe geldliche Wertschätzung erfährt", sagt der Busfahrer.

10,5 Prozent mehr Lohn beziehungsweise mindestens 500 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst – das sind die Forderungen der Gewerkschaften.

Hohe Arbeitsbelastung im Nahverkehr

Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr hätten sich diese Form der Anerkennung verdient, findet Verdi-Bezirksgeschäftsführer Nordsachsen, Sebastian Viecenz: "Die besonderen Arbeitsbelastungen sind natürlich diese Schichtdienste: Die Kolleginnen und Kollegen fahren rund um die Uhr, 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Teilweise haben sie mittlerweile auch Teildienste, das heißt, sie werden vormittags eingesetzt für den Berufsverkehr, haben dann ein bisschen frei und werden dann nachmittags wieder eingesetzt. Und das alles dann wirklich für einen wirklich furchtbaren Lohn."

Viecenz freut sich über die hohe Streikbeteiligung am vergangenen Freitag. Unter den Leipzigerinnen und Leipzigern habe er zudem eine hohe Akzeptanz für den Streik gespürt: "Ich habe noch nie so wenig – sagen wir mal Hass-Mails – auf dem Rechner gehabt wie während dieser Tarifrunde. Die Leipzigerinnen und Leipziger stehen, denke ich, zu 80 Prozent hinter den Forderungen. Wenn wir streiken, treffen wir ja tatsächlich immer die Bevölkerung. Egal ob Kita oder Müll oder ÖPNV." Dieses Mal sei es wirklich sehr wertschätzend gewesen.

Busfahrer Kay Hinniger erhofft sich von der nächsten Tarifrunde, dass ein guter Vorschlag auf den Tisch kommt. Er macht seinen Job gern – auch wenn er schon mal darüber nachgedacht hat, aufzuhören: "Ich hatte letztes Jahr in einem Dienst zwei Übergriffe, wo ich mir dann auch psychologische Hilfe gesucht habe, weil ich echt am Hadern war, warum ich das für dieses Geld eigentlich noch antue."

Hinniger kann sich trotz der Arbeitsbelastung keinen schöneren Beruf vorstellen. Er hofft, dass höhere Löhne auch dazu führen, dass mehr Menschen einen Job im öffentlichen Nahverkehr machen wollen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Februar 2023 | 06:00 Uhr

7 Kommentare

CaFri am 22.02.2023

2.200 Brutto sind ca. 1.600 Netto. Entweder sind die genannten 1.700 bis 1.800 Netto MIT Zulagen oder das Bruttogehalt ist falsch. Liebes MDR-Team, bitte noch mal recherchieren und ggf. korrigieren. Danke.

Bernd_wb am 22.02.2023

Es ist ein verantwortungsvoller Beruf, denn man faehrt viele Menschen mit den Bahnen. Und der Beruf ist wichtig sollte man es mit der Verkehrswende Ernst meinen. Daher sollen die Fahrer mehr verdienen. Die Forderung von Verdi heisst mindestens 500 Euro pro Monat mehr und da ist die Steigerung fuer alle die unter 5.000 Euro Brutto verdienen mehr als 10 %. Ob das umsetzbar ist. Wo ich ein Problem habe ist die Terminwahl von Verdi. Wieder einmal an einem Tag wo 47.000 Menschen im Stadion sind und dann ab ca 23 Uhr mit der Strassenbahn fahren wollen. Weiss nicht ob dann die noch Verstaendnis haben die dann nicht wissen wie zum Auto am Stadtrand kommen sollen. Wie schon die Kleber man schlaegt den Sack und meint den Esel. Es geht auf Kosten der Bevoelkerung waehrend Politiker den Streit gutheissen aber nichts an der Situation aendern.

Helmut Buech am 22.02.2023

Die Frage ist doch, von wem werden Bus-und Bahnfahrer denn angegriffen. Da können wir sie wertschätzen wie wir wollen, wenn dieser Staat sie nicht schützen kann.

Mehr aus Politik

Mehr aus Deutschland

Schild Generalbundesanwalt 1 min
Ermittlungen zu Sabotageplänen in Deutschland Bildrechte: MDR
1 min 18.04.2024 | 16:14 Uhr

Zwei Deutsch-Russen sollen für den russischen Geheimdienst spioniert haben. Der Bundesanwaltschaft zufolge sollen sie auch Sprengstoff- und Brandanschläge geplant haben.

Do 18.04.2024 15:55Uhr 00:49 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/video-Spionage-Deutschland-Bayreuth-Russland-Ukraine100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video