Tarifverhandlungen öffentlicher DienstBus- und Bahnfahrer wünschen sich mehr Wertschätzung
Am Mittwoch gehen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst in eine neue Runde. Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten ein Lohnplus von 10,5 Prozent beziehungsweise mindestens 500 Euro mehr pro Monat. Die Beschäftigten in Leipzig erhoffen sich ein angemessenes Gehalt und mehr Wertschätzung für ihre Arbeit.
- Busfahrer Kay Hinniger in Leipzig wünscht sich mehr Wertschätzung für seine Arbeit und ein angemessenes Gehalt.
- Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten von Bund und Kommunen ein Lohnplus von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr monatlich.
- Die Gewerkschaft Verdi betont die besondere Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden im ÖPNV durch Schichtdienste und Teildienste.
Statt dem gewohnten Stadtverkehr klang es am Freitag in Leipzig so: "Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag!" Über 24 Stunden lang war der Nahverkehr lahmgelegt – nahezu keine Tram und kein Bus rollte durch Leipzigs Straßen.
Auch Kay Hinniger hat sich am Streik beteiligt. Der 25-Jährige ist seit sieben Jahren Busfahrer. Aktuell macht er eine Weiterbildung zum Straßenbahnfahrer. Er liebt seinen Job. Aber: "Uns wurde zu Corona ganz oft gesagt, dass wir systemrelevant sind. Uns wird immer wieder von der Politik gesagt, dass wir für eine Verkehrswende unabdingbar und gleichzeitig für den Klimaschutz unfassbar wichtig sind. Aber wir bekommen die Wertschätzung einfach nicht", findet Hinniger.
Mit Wertschätzung meint Hinniger ein angemessenes Gehalt. Busfahrerinnen und -fahrer verdienten in Leipzig nach der Probezeit rund 2.200 Euro brutto im Monat. Ohne Zulagen gehe man mit 1.700 bis 1.800 Euro nach Hause: "Und das ist einfach zu wenig. Vor allem für diese wichtige Stellung, die wir hier im öffentlichen Personennahverkehr haben, ist das völlig unverständlich, dass man so eine geringe geldliche Wertschätzung erfährt", sagt der Busfahrer.
10,5 Prozent mehr Lohn beziehungsweise mindestens 500 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst – das sind die Forderungen der Gewerkschaften.
Hohe Arbeitsbelastung im Nahverkehr
Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr hätten sich diese Form der Anerkennung verdient, findet Verdi-Bezirksgeschäftsführer Nordsachsen, Sebastian Viecenz: "Die besonderen Arbeitsbelastungen sind natürlich diese Schichtdienste: Die Kolleginnen und Kollegen fahren rund um die Uhr, 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Teilweise haben sie mittlerweile auch Teildienste, das heißt, sie werden vormittags eingesetzt für den Berufsverkehr, haben dann ein bisschen frei und werden dann nachmittags wieder eingesetzt. Und das alles dann wirklich für einen wirklich furchtbaren Lohn."
Viecenz freut sich über die hohe Streikbeteiligung am vergangenen Freitag. Unter den Leipzigerinnen und Leipzigern habe er zudem eine hohe Akzeptanz für den Streik gespürt: "Ich habe noch nie so wenig – sagen wir mal Hass-Mails – auf dem Rechner gehabt wie während dieser Tarifrunde. Die Leipzigerinnen und Leipziger stehen, denke ich, zu 80 Prozent hinter den Forderungen. Wenn wir streiken, treffen wir ja tatsächlich immer die Bevölkerung. Egal ob Kita oder Müll oder ÖPNV." Dieses Mal sei es wirklich sehr wertschätzend gewesen.
Busfahrer Kay Hinniger erhofft sich von der nächsten Tarifrunde, dass ein guter Vorschlag auf den Tisch kommt. Er macht seinen Job gern – auch wenn er schon mal darüber nachgedacht hat, aufzuhören: "Ich hatte letztes Jahr in einem Dienst zwei Übergriffe, wo ich mir dann auch psychologische Hilfe gesucht habe, weil ich echt am Hadern war, warum ich das für dieses Geld eigentlich noch antue."
Hinniger kann sich trotz der Arbeitsbelastung keinen schöneren Beruf vorstellen. Er hofft, dass höhere Löhne auch dazu führen, dass mehr Menschen einen Job im öffentlichen Nahverkehr machen wollen.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Februar 2023 | 06:00 Uhr
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