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Trotz streit mit UnionScholz rechnet weiter mit Bürgergeld-Start zu Jahresbeginn

05. November 2022, 19:28 Uhr

Trotz der angedrohten Blockade der Union im Bundesrat rechnet Bundeskanzler Scholz weiter mit einem Start des Bürgergelds zum 1. Januar. Er sei zuversichtlich, dass die notwendigen Mehrheiten zustande kämen. Die Abstimmung im Bundestag ist für Donnerstag angesetzt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bezeichnete das "Bürgergeld in der jetzigen Form" als "Fehler". Ampel-Vertreter kritisierten die Drohungen aus der Union scharf. FDP-Chef Lindner sprach von einem "Schäbigkeitswettbewerb".

Ungeachtet der angedrohten Blockade des geplanten Bürgergelds durch die Union im Bundesrat rechnet Bundeskanzler Olaf Scholz weiter mit dem Start des Vorhabens zum 1. Januar 2023. Der SPD-Politiker sagte beim Debattenkonvent seiner Partei, er sei sehr froh, dass das Bürgergeld "aller Voraussicht nach zum Jahreswechsel" komme. Dafür müssten nun die notwendigen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat zustandekommen. "Ich glaube schon, dass man da Zuversicht haben kann", sagte Scholz.

Kretschmer will nicht für Bürgergeld stimmen

Trotz der jüngsten Zugeständnisse seitens der Ampel-Koalitionäre zeichnete sich zuletzt keine Lösung im Streit mit der Union ab. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bezeichnete auf dem CDU-Landesparteitag in Schkeuditz am Sonnabend das "Bürgergeld in der jetzigen Form" als einen "Fehler". Deswegen könne der Freistaat Sachsen dem auch nicht zustimmen. Ein Alleinverdiener mit einem Lohn von 2.500 Euro brutto komme unterm Strich nur auf wenig mehr, als wenn er Bürgergeld beziehen würde, rechnete Kretschmer vor: "Entschuldigung, aber das geht doch nicht. Nein, das ist der falsche Weg."

Auch die Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann, hält trotz der Änderungen am ursprünglichen Regierungsentwurf an ihrer grundsätzlichen Kritik am Bürgergeld fest. Die Zugeständnisse der Ampel bezeichnete sie als "Kosmetik".

Lindner spricht von "Schäbigkeitswettbewerb"

Angesichts der Drohung von Politikern aus CDU und CSU, das Bürgergeld im Bundesrat zu blockieren, kritisierten Vertreter von SPD, FDP und Grünen die Union scharf. Bundesfinanzminister Christian Lindner warnte vor allem mit Blick auf das geplante "Schonvermögen" vor einem "Schäbigkeitswettbewerb". Wenn Menschen wegen eines Schicksalschlages in den Bezug von Bürgergeld rutschten, sollten sie nicht das verzehren müssen, was sie sich vielleicht über Jahrzehnte aufgebaut hätten, sagte der FDP-Chef.

SPD-Chef Lars Klingbeil warf der Union den Versuch vor, wirtschaftlich schwache Gruppen gegeneinander auszuspielen. Klingbeil bezeichnete Unions-Äußerungen, dass Bürgergeld-Bezieher im Vergleich zu Arbeitnehmern mit niedrigeren Einkommen künftig mehr Geld zur Verfügung hätten, als "Falschdarstellung". Man erlebe gerade eine CDU/CSU, die unter Markus Söder und Friedrich Merz lüge mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten, sagte Klingbeil weiter. Auch Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann warnte vor falschen Informationen.

Union droht mit Blockade im Bundesrat

Das Bürgergeld soll nach den rot-grün-gelben Regierungsplänen zum 1. Januar das bisherige Hartz IV ersetzen. Die Union droht mit einer Blockade des Vorhabens bei der Abstimmung im Bundesrat. CDU und CSU kritisieren insbesondere, dass der weitgehende Verzicht auf Sanktionen gegen Bezieher den Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit mindere. Außerdem halten einige Vertreter der Union das geplante "Schonvermögen" für zu hoch. Es soll in den ersten 24 Monaten bei 60.000 Euro für den eigentlichen Leistungsbezieher und bei 30.000 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied liegen.

Eine Blockade der Union im Bundesrat könnte den Start verzögern und damit auch die geplante Anhebung der Regelsätze um gut 50 Euro zu Jahresbeginn.

Überarbeiteter Entwurf mit Verschärfungen

Nach heftiger Kritik der Union hatten sich SPD, Grüne und FDP zuletzt auf einige Verschärfungen geeinigt, um noch eine Zustimmung im Bundesrat zu erreichen. Der überarbeitete Entwurf der Ampel-Regierung sieht unter anderem Verschärfungen bei der zweijährigen Karenzzeit vor – einer Art Schonzeit mit milderen Regelungen. Geplant ist etwa, dass die Heizkosten während der Karenzzeit nur noch in angemessener Höhe übernommen werden sollen. Ursprünglich sollten sie unbegrenzt übernommen werden. Außerdem soll es neue Maßnahmen zur Vorbeugung von Missbrauch durch Leistungsempfänger geben. Zudem soll auch die Angemessenheit von Umzügen geprüft werden.

MDR/AFP/dpa (dni)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL FERNSEHEN | 05. November 2022 | 19:30 Uhr

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