Tagebau
Bereits 2030 soll mit der Kohle in Ostdeutschland Schluss sein, so der Vorschlag von Robert Habeck. Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

MDRfragt Habeck-Vorschlag: Drei Viertel lehnen früheren Kohleausstieg ab

10. Januar 2023, 10:33 Uhr

Laut Kohleausstiegsgesetz wird sich Deutschland spätestens 2038 von der Kohle verabschieden. Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr beschlossen, dass der Kohleausstieg dort bereits 2030 erfolgen soll. Das hat Bundeswirtschaftsminister Habeck nun auch für die ostdeutschen Bundesländer ins Gespräch gebracht. Nicht nur die hiesige Politik, sondern auch die MDRfragt-Teilnehmenden können dem aber wenig bis gar nichts abgewinnen. Das zeigt die aktuelle, nicht repräsentative, aber wissenschaftlich begleitete und gewichtete Befragung von MDRfragt. Rund 25.000 Menschen aus Mitteldeutschland haben sich daran beteiligt.

74 Prozent der MDRfragt-Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, können einem Kohleausstieg bis 2030 in Deutschland nichts abgewinnen. Ein Viertel hält ihn dagegen für richtig.

In den Kommentaren erklären die MDRfragt-Mitglieder, warum sie einen vorzeitigen Kohleausstieg nicht für sinnvoll halten:

Wenn es bereits konkrete Planungen und feste Verträge für den Kohleausstieg 2038 gibt, sollte sich jeder daran halten. Ein gut geplanter Wandel ist besser als ständige Planänderungen, die in totalem Chaos enden.

Sabine L., 38 Jahre, Saalfeld-Rudolstadt

Energie muss bezahlbar sein, für die Bürger und für die Unternehmen. Das ist das Wichtigste für ein stabiles Wachstum der Wirtschaft, den Erhalt der Arbeitsplätze, einen guten Lebensstandard und die Zufriedenheit der Menschen.

Kerstin K., 57 Jahre, Weimarer Land

Die Erneuerbaren Energien gewährleisten meiner Meinung nach keine sichere Energieversorgung. Man zieht nicht den Stöpsel aus dem Boot, bevor Land in Sicht ist.

Uwe U., 65 Jahre, Meißen

Einige MDRfragt-Teilnehmende wünschen sich aber auch einen schnelleren Ausstieg:

Wenn die Welt nicht schnell klimaneutral wird, werden die Kosten, Schäden und menschliches Leid durch den Klimawandel ins Unermessliche steigen. Daher sollten wir so schnell wie möglich den Kohleabbau einstellen.

Johannes F., 38 Jahre, Leipzig

Es muss alles so schnell wie möglich passieren, ohne zu lange über Dinge, die nachteilig sind, zu diskutieren. Das Klima lässt sich nicht aufhalten.

Helga B., 73 Jahre, Wittenberg

Bezahlbare Energieversorgung ist wichtigster Grund

Vor allem die Sorge, dass die Energieversorgung nicht mehr bezahlbar bleibt, nennen die MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, als Grund gegen den Kohleausstieg 2030. Mit 87 Prozent landet dieser an erster Stelle. Fast ebenso wichtig ist aber in den Augen der Befragungsteilnehmenden auch, dass ihrer Meinung nach ein gleichzeitiger Ausstieg aus der Kohle und der Atomkraft nicht funktioniere (83 Prozent). 81 Prozent sind zudem der Ansicht, dass die Erneuerbaren Energien (noch) nicht weit genug entwickelt seien.

Große Zustimmung zu Kohleabbau allgemein

Generell befürwortet die überwiegende Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer es, dass in Deutschland derzeit Kohle abgebaut wird. Knapp ein Fünftel lehnt das hingegen ab.

Drei Viertel sprechen sich aber auch für Energiewende aus

Dennoch messen die Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer der Energiewende - also dem Übergang weg von fossilen hin zu Erneuerbaren Energien - große Bedeutung bei. Knapp drei Viertel halten sie grundsätzlich für richtig. Rund ein Viertel lehnt sie ab.

Die Hälfte glaubt nicht an die Vereinbarkeit von Klimaschutzzielen und einem Ausstieg 2038

Bei der Frage, ob die deutschen Klimaschutzziele mit einem Kohleausstieg im Jahr 2038 vereinbar seien, gehen die Meinungen der Befragungsteilnehmenden auseinander. 46 Prozent gehen von einer Vereinbarkeit aus. Mehr als ein Drittel denkt hingegen nicht, dass die Klimaschutzziele so erreicht werden können.

Jeder Zweite lehnt das Abbaggern von Ortschaften ab

Obwohl der Kohleausstieg in Deutschland beschlossene Sache ist, werden auch heute noch Ortschaften für Tagebaue abgebaggert: So soll das nordrhein-westfälische Dorf Lützerath einem Kohletagebau weichen. Auch für den sächsischen Ort Mühlrose ist das geplant. Das stößt bei den MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern jedoch mehrheitlich auf Ablehnung. So sind 57 Prozent nicht der Ansicht, dass in Deutschland noch Orte für den Kohleabbau aufgegeben werden sollten. Rund ein Drittel würde dies hingegen befürworten.

Ihre Ablehnung drücken die Befragungsteilnehmenden in den Kommentaren aus:

Den Menschen die Heimat zu nehmen, ist unmoralisch und inhuman.

Irina S., 60 Jahre, Jena

Es gibt genügend Braunkohle! Dörfer müssen deswegen nicht verschwinden, dies dient nur der Profitgier.

Heiko K., 58 Jahre, Landkreis Leipzig

Da ein Ende des Kohleabbaus beschlossen wurde, sollte jetzt niemand mehr wegen der Kohle sein Zuhause verlieren. Die bereits erschlossenen Gebiete sollten noch abgebaut, aber keine weiteren Dörfer geopfert werden.

Daniela S., 44 Jahre, Vogtlandkreis

Andere zeigen aber auch Verständnis fürs Abbaggern:

Die Bewohner dieser Orte wurden schon vor Jahren ausgezahlt und vorbereitet. Diejenigen, die zur Demonstration kommen, sind nicht aus diesen Orten.

Bernt S., 73 Jahre, Unstrut-Hainich-Kreis

Wenn es sinnvoll und mit Perspektive ist, ein Rekultivierungskonzept besteht und die Menschen vor Ort am Projekt beteiligt werden, dann ja.

Katrin B., 55 Jahre, Stendal,

Über diese Befragung Die Befragung vom 06.01.- 09.01.2022 stand unter der Überschrift:
Habeck-Vorstoß: Kohle-Aus 2030 - nach NRW nun auch im Osten?

Insgesamt sind bei MDRfragt 63.221 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 09.01.2022, 13 Uhr).

24.898 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 250 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.261 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 10.667 Teilnehmende
65+: 10.720 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 13.076 (53 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.096 (24 Prozent)
Thüringen: 5.726 (23 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 10.076 (40 Prozent)
Männlich: 14.765 (59 Prozent)
Divers: 57 (0,02 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 10. Dezember 2022 | 21:45 Uhr