Wiederholungswahl CDU wird stärkste Kraft im Berliner Abgeordnetenhaus

13. Februar 2023, 11:01 Uhr

Die CDU wird bei der Wiederholungswahl in Berlin deutlich stärkste Kraft. Die SPD liegt hauchdünn vor den Grünen, die FDP scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde.

Die CDU geht aus der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus deutlich als stärkste Kraft hervor. Nach der Auszählung aller Wahlkreise kommt die Partei von Spitzenkandidat Kai Wegner auf 28,2 Prozent. Sie kann damit im Vergleich zur Wahl 2021 um 10,2 Prozentpunkte zulegen. Auf Platz zwei lieferten sich SPD und Grüne ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Beide erhalten 18,4 Prozent, ein Verlust von 0,5 Prozentpunkten für die Grünen und 3 Prozentpunkten für die SPD. Die SPD liegt nach dem vorläufigen Ergebnis hauchdünn vor den Grünen – um 105 Stimmen.

Die Linke verliert 1,9 Prozentpunkte und kommt auf 12,2 Prozent, die AfD legt mit 9,1 Prozent leicht zu. Nicht mehr im Abgeordnetenhaus vertreten ist die FDP: Sie liegt bei 4,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,5 Prozent: deutlich niedriger als die 75,4 Prozent bei der vergangenen Wahl im September 2021, die parallel mit der Bundestagswahl stattgefunden hatte.

Wegner: "Berlin hat den Wechsel gewählt"

CDU-Spitzenkandidat Wegner reklamierte die Führung der künftigen Regierung für sich. Die Wähler hätten "einen Wechsel gewählt" und seiner Partei "einen klaren Regierungsauftrag gegeben", sagte er. Wegner kündigte Gespräche mit SPD und Grünen über eine Regierungsbildung an und will bereits am Montag zu Sondierungsgesprächen einladen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin und SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey räumte die Niederlage ihrer Partei ein. Es handele sich um einen schweren Abend für ihre SPD – "daran gibt es nichts zu deuteln". Doch sei es kein Automatismus, dass nun die CDU den Regierungschef stelle: "Auch ein Herr Wegner wird politische Mehrheiten organisieren müssen", sagte Giffey.

Berlin-Wahl: Reaktionen aus Mitteldeutschland

Der Thüringer CDU-Partei-Chef Mario Voigt sagte, die CDU sei klar stärkste Kraft und müsse mit Kai Wegner künftig den Regierenden Bürgermeister stellen.

Die sächsische Grünen-Chefin, Christin Furtenbacher, sagte, ihre Partei habe in der Landeshauptstadt ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Dabei seien die Voraussetzungen durch die Wiederholungswahl sehr schwierig gewesen.

Thüringens SPD-Chef Georg Maier erklärte, oberstes Ziel der SPD bleibe, weiterhin ein Bündnis mit Grünen und Linken anzuführen. Sollten die Grünen stärker werden als die SPD, müsse die Berliner SPD aber auch mit der CDU sprechen.

Die Linken-Chefin in Thüringen, Ulrike Grosse-Röthig, sagte, ihre Partei habe in Berlin entgegen des Bundestrends ein sehr positives Ergebnis eingefahren. Die Linke habe es geschafft, die Themen, die die Menschen bewegten, aufzufangen – etwa Wohnen, Bildung und soziale Gerechtigkeit.

Der aus Sachsen stammende AfD-Parteivorsitzende Tino Chrupalla sagte, seine Partei sei neben der CDU ein Gewinner der Wahl. Er freue sich über das schlechte Abschneiden der FDP – nicht nur der Berliner Senat, sondern auch die Bundesregierung sei abgestraft worden.

Die FDP-Chefin in Sachsen-Anhalt, Lydia Hüskens, sagte MDR AKTUELL, die Regierung in Berlin aus SPD, Grünen und Linken sei abgewählt worden. Allerdings habe die CDU in Berlin Opposition pur gespielt. Das habe bei dem ein oder anderen stärker verfangen als Politik, die auf Verantwortung setze.

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer äußerte sich trotz Verlusten für seine Partei zufrieden. Die Linke sei bei Wahlen in den vergangenen zwei Jahren insgesamt "nicht erfolgsverwöhnt". In Berlin habe sie jedoch einen "stabilen Sockel". Lederer betonte die Bereitschaft seiner Partei zur Fortsetzung ihrer Regierungsbeteiligung: Die entscheidende Frage sei, ob nach dem Urnengang "progressive Mehrheiten" zustande kämen. An der Linken werde es nicht scheitern.

Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch für Fortsetzung von Rot-rot-grün

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach sich bereits am Wahlabend für eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Linken aus. Am Montagmorgen bekräftigte Jarasch ihre Präferenz: "Es gibt bei den Grünen kein Bündnis ohne Mobilitäts- und Wärmewende, ohne Berlin wirklich klimaneutral umzubauen und ohne echten Mieterschutz", sagte Jarasch im RBB-Inforadio. Der Koalitionsvertrag sei dafür eine gute Grundlage.

Die AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Partei. "Wir haben unsere Wähler mobilisieren können, das ist das Entscheidende. Wir haben uns auch konsolidiert in der Hauptstadt", sagte Brinker in der ARD. Die Partei hatte sich vor der Wahl ein zweistelliges Ergebnis zum Ziel gesetzt. FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja räumte nach dem schwachen Abschneiden seiner Partei eine mangelnde Mobilisierung der Wähler ein. Diese sei seiner Partei "abschließend nicht richtig gelungen".

Unklar, wer Regierender Bürgermeister wird

Nach dem vorläufigen Ergebnis bleibt unklar, wer Berlin künftig als Regierender Bürgermeister oder Regierende Bürgermeisterin führen wird. Neben einer Koalition unter Führung der CDU hätten auch die Parteien der bisherigen rot-rot-grünen Koalition eine Mehrheit: Die SPD dürfte angesichts des knappen Vorsprungs vor den Grünen beanspruchen, dass Franziska Giffey im Amt bleibt.

Sowohl Giffey als auch Jarasch mussten persönliche Schlappen einstecken: Beide konnten kein Direktmandat erringen. Giffey liegt im Wahlkreis Neukölln 6 mehr als 15 Prozent hinter ihrem CDU-Kontrahenten Olaf Schenk, Jarasch im Wahlkreis Spandau 2 sogar 23 Prozent hinter dem CDU-Kandidaten Ersin Nas. Dagegen liegt CDU-Spitzenkandidat Wegner in seinem Wahlkreis Spandau 5 deutlich vor dem Zweitplatzierten Uwe Ziesak (SPD).

Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler zog ein positives Fazit zum Verlauf der Abgeordnetenhauswahl. "Ich bin sehr erleichtert an diesem Abend. Wir haben viele der schweren Organisationsfehler bei dieser Wahl beheben können", sagte Bröchler im RBB-Fernsehen mit Blick auf die Wahl im September 2021. Die Wahlwiederholung war nötig geworden, weil der Berliner Verfassungsgerichtshof die vorausgegangene Wahl wegen zahlreicher Mängel für ungültig erklärt hatte.

ARD/dpa/AFP/Reuters(jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Februar 2023 | 18:00 Uhr

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