Eine deutsche Bundeswehr-Soldatin steht zusammen mit ihrem Kameraden beim von der Bundeswehr angeführten Nato-Bataillon auf dem Militärstützpunkt in Rukla.
Die Bundesregierung will einen neuen Wehrdienst einführen. Bildrechte: picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa | Bernd von Jutrczenka

Kabinettsbeschluss Bundesregierung einigt sich auf neuen Wehrdienst

06. November 2024, 14:49 Uhr

Grünes Licht für die Wehrdienst-Pläne von Boris Pistorius: Das Bundeskabinett hat gesetzlichen Änderungen für die Einführung eines neuen Wehrdienstes in Deutschland zugestimmt. Danach sollen junge Männer künftig dazu verpflichtet werden, einen Fragebogen auszufüllen. Darin sollen sie Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst geben. Für junge Frauen ist das freiwillig. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung bleibt erhalten.

Erklärtes Ziel des SPD-Verteidigungsministers Boris Pistorius ist es, dass alle jungen Männer in einem Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst geben müssen. Junge Frauen können den Fragebogen ausfüllen, müssen es aber nicht, da es im Grundgesetz nur eine Wehrpflicht für Männer, nicht aber für Frauen gibt.

Pflicht zum Ausfüllen von digitalem Fragebogen

Bundeswehr-Werbung in einer Nahverkehrshaltestelle: «Wir suchen keine Götter in Weiss. Wir suchen Retter in Grün.».
Bundeswehr-Werbung in einer Nahverkehrshaltestelle: "Wir suchen keine Götter in Weiss. Wir suchen Retter in Grün." Bildrechte: picture alliance / Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa | Stefan Sauer

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen künftig alle jungen Männer zum 18. Geburtstag einen digitalen Fragebogen erhalten, der unter anderem die Frage enthält, ob sie bereit sind, Soldat zu werden. Er soll zudem die Einschätzung der eigenen Fitness und Qualifikationen abfragen. Der Zeitaufwand für die online erfolgende Beantwortung des Fragebogens wird im Gesetzentwurf mit 15 Minuten angegeben.

Bei Nichtausfüllen soll ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit verhängt werden können. Von den Männern, die sich bereit erklären, solle ein Teil zur Musterung eingeladen werden – auch dies verpflichtend. Eingeladen würden nur die, die besonders geeignet und motiviert für einen Wehrdienst erscheinen. Die Musterung eines ganzen Jahrgangs sei nicht nötig, hieß es. Insgesamt sollen so rund 5.000 junge Männer anfangs pro Jahr zusätzlich zu den aktuell rund 10.000 freiwillig Wehrdienstleistenden pro Jahr eingezogen werden. Das Recht zur Kriegsdienstverweigerung soll erhalten bleiben.

Die Basisausbildung für den neuen Wehrdienst soll den Angaben zufolge sechs Monate dauern – mit der Option, für Spezialisierungen auf bis zu 23 Monate verlängern zu können. Im Raum steht ein Sold von mindestens 1.800 Euro, den Umständen nach auch bis zu 200 Euro mehr. Vorgesehen ist im Gesetzentwurf, dass nur diejenigen zur Abgabe einer Bereitschaftserklärung aufgefordert werden, die nach dem 31. Dezember 2006 geboren wurden.

Pistorius: Ziel ist die Wehrerfassung

Boris Pistorius sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Gesetz zum Neuen Wehrdienst ermögliche es, die Wehrerfassung wieder zu installieren, die es seit der Aussetzung der Verpflichtung zum Grundwehrdienst 2011 nicht mehr gibt. Wenn es morgen zum Verteidigungsfall käme, wüsste man sonst nicht, wer eingezogen werden könne, weil es keine vollständige Datengrundlage gebe. "Mit der Aussetzung des Wehrdienstes sind Wehrerfassung und Wehrüberwachung zerschlagen worden, obwohl der Staat gesetzlich dazu verpflichtet ist."

Pistorius verfolgt das Ziel, bis 2031 die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 zu erhöhen und eine Reserve mit bis zu 260.000 Frauen und Männern zu bilden. Derzeit dienen rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten im deutschen Militär. Die Zahl der Reservisten liegt aktuell bei rund 60.000.

Wehrpflicht seit 2011 ausgesetzt

Die Wehrpflicht war 2011 in Deutschland unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Das kam einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, denn gleichzeitig wurden praktisch alle Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Seitdem ist der Wehrdienst freiwillig. Im Wehrpflichtgesetz ist aber weiter festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer auflebt, wenn der Bundestag den Spannungs- und Verteidigungsfall feststellt, ohne dass es nach 2011 noch konkrete Vorbereitungen für eine solche Situation gab.

Deutschland braucht im Ernstfall 460.000 Soldaten

Wegen der veränderten Sicherheitslage ist der Bedarf Deutschlands für die Nato-Ziele aber ganz anders. Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordere langfristig einen Verteidigungsumfang von insgesamt rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Ein großer Teil davon, nämlich rund 260.000, muss aus der Reserve aufwachsen können, sagte Pistorius.

Mit dem neuen Wehrdienst befassen sich Bundestag und Bundesrat. Als möglich gilt, dass das Gesetz dafür im Mai kommenden Jahres in Kraft treten könnte.

dpa, AFP, epd (das)

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. November 2024 | 13:30 Uhr

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