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Nach Aussetzung 2011Debatte um neue Wehrpflicht: Ausbilder und Plätze fehlen

08. Februar 2023, 14:58 Uhr

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eine Debatte zur Wiedereinführung der Wehrpflicht angestoßen, sieht aber selbst zurzeit kaum Spielraum dafür. Bundeswehrangehörige und Politiker aus Mitteldeutschland weisen unter anderem auf fehlende Unterbringungsmöglichkeiten für Rekruten oder fehlende Ausbilder hin. Auch die Wehrbeauftragte sagt, es würde Jahre dauern, wieder die Voraussetzungen für eine Wehrpflicht zu schaffen.

Politiker und Bundeswehrangehörige aus Mitteldeutschland gehen nicht davon aus, dass eine schnelle Wiedereinführung der Wehrpflicht möglich ist. Oberstleutnant Michael Weckbach vom Landeskommando Thüringen wies bei MDR AKTUELL darauf hin, dass Kasernen nach 2011 auch umgewidmet worden sind. Frühere Unterkünfte für Wehrpflichtige seien jetzt Büroräume. Außerdem wäre es aus seiner Sicht eine Sisyphos-Aufgabe, die ganze Wehrersatzorganisation samt Musterung wieder einzuführen. Diese Aufgabe könne man weder zeitlich noch vom Umfang her abschätzen.

Langer Vorlauf für neue Wehrpflicht notwendig

Der Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann sagte MDR AKTUELL, er halte eine Wehrpflicht zwar gerade in der aktuellen Weltlage grundsätzlich für sinnvoll. Es sei aber illusorisch, eine Wehrpflicht von heute auf morgen umzusetzen. Da brauche es schon sieben, acht Jahre Vorlauf.

Der Stendaler FDP-Bundestagsabgeordnete Marcus Faber erklärte, neben Unterkunft, Uniform und Ausrüstung für Wehrpflichtige fehle es auch an Ausbildern. Diese hätten inzwischen andere Aufgaben. Die Bundeswehr habe sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Es sei nicht mehr Masse gefragt, sondern hochspezialisierte Personen würden gebraucht, insbesondere in der Luftwaffe und im Bereich Cyber-Aufklärung und Sicherheit. Lehmann und Faber sind Mitglieder im Verteidigungsausschuss des Bundestags.

Wehrbeauftragte für Debatte um neue Wehrpflicht

Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, fordert unterdessen eine Diskussion über eine neue Art der Wehrpflicht. Die SPD-Politikerin sagte der "Augsburger Allgemeinen", bei der Bundeswehr werde mehr Personal gebraucht. Es müsse daher eine Debatte geben über die Frage, wie viel Zwang und wie viel Freiwilligkeit nötig sei.

Högl erklärte zugleich, sie wolle nicht zur alten Wehrpflicht zurück. Eine neue Wehrpflicht müsse die Rahmenbedingungen verbessern und die Einsatzbereitschaft gewährleisten. Högl sagte aber auch mit Blick auf eine neue Wehrpflicht, "es würde Jahre dauern, bis man überhaupt Konzepte hat, bis die Infrastruktur und Ausbildungskapazitäten aufgebaut wären".

Pistorius bezeichnete Aussetzung der Wehrpflicht als Fehler

Der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte die Aussetzung der Wehrpflicht durch die schwarz-gelbe Bundesregierung im Jahr 2011 jüngst als Fehler bezeichnet. Die Wehrpflicht sei unter anderem wichtig gewesen, um in der Gesellschaft einen stärkeren Bezug zur Bundeswehr zu haben. Zugleich erklärte Pistorius aber auch, dieser "Fehler" lasse sich nicht "mal eben so im Handumdrehen" zurückdrehen. "Wir haben gerade andere Aufgaben zu stemmen, die viel Geld, Kraft und Zeit kosten. Und die stehen im Vordergrund."

Hebestreit: Debatte um Wehrpflicht "ein Stück weit unsinnig"

Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte Ende der vergangenen Woche, die Wehrpflicht sei seit vielen Jahren ausgesetzt und die Struktur der Bundeswehr habe sich "massiv verändert". Die Bundeswehr habe "weder über die nötigen Kasernen" zur Unterbringung von Rekruten, noch verfüge sie über genügend Ausbilder. Den Umbau von der Wehrpflichtigen- zur Berufsarmee könne "man nicht einfach so rückgängig machen". Insofern sei die derzeit dazu laufende Debatte "ein Stück weit (...) unsinnig".

MDR AKTUELL mit dpa, AFP (aju)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 08. Februar 2023 | 07:09 Uhr