Hörer machen Programm Warum dauert es so lange, Windkraftanlagen zu bauen?

14. November 2022, 15:15 Uhr

Mit Blick auf die explodierenden Energiekosten sind die erneuerbaren Energien wieder stärker in den Fokus gerückt. Der Ausbau der Windenergie hat in den vergangenen Jahren allerdings kräftig gestockt. Darum dreht sich die Frage von MDR-AKTUELL-Hörerin Denise Kätzel aus Leipzig: "In einem Ihrer Berichte wurde davon gesprochen, dass es für eine Windkraftanlage in Sachsen einen Planungshorizont von sieben bis zehn Jahren braucht. Meine Frage: Warum?"

Der angesprochene Planungshorizont ist kein speziell sächsisches Problem, sondern ein generelles – und auch nah dran an der Realität, sagt Frank Grüneisen, Sprecher des Bundesverbandes Windenergie: "Das ist schon ganz gut geschätzt. Wir gehen davon aus, dass es durchschnittlich zwischen fünf und sieben Jahren dauert von dem Moment, in dem man sich dazu entschließt, einen Antrag zu stellen, bis die Windenergieanlage dann tatsächlich ans Netz geht."

Planung für eine Windkraftanlage kann bis zu 50 Aktenordner umfassen

Und das hat mit einem sehr aufwendigen Genehmigungsverfahren zu tun. Das umfasst diverse Gutachten zu Themen wie Naturschutz, Lärmschutz oder etwa Schattenwurf der Windräder. Im Moment finde der gesamte Prozess außerdem nicht digital, sondern ausgedruckt auf Papier statt, sagt Grüneisen. Der Antrag für eine einzige Anlage umfasse dann gut und gerne mehr als 50 gefüllte Aktenordner.

Kürzere Zeiten in früheren Zeiten

Volker Quaschning erinnert sich da an bessere Tage. In der Anfangszeit der Windkraft sei es auch mal gelungen, einen Windpark in ein bis zwei Jahren zu realisieren, sagt der Berliner Professor für regenerative Energiesysteme. Dann sei alles schwieriger und komplizierter geworden: "Man muss ja alleine ein Jahr Vögel zählen um zu schauen, ob eine bedrohte Art da sein könnte. Und wenn man jetzt anfängt, einen Windpark zu planen, kriegt man nicht mal Leute, die Vögel zählen, weil die alle ausgebucht sind."

Die aufwendige Planung sei ein Punkt von vielen, der das Ganze in die Länge ziehe. Dass der Ausbau so stocke, habe aber auch damit zu tun, dass es an ausgewiesenen Flächen für Windkraftanlagen mangele, sagt Quaschning: "Das Ganze muss in den entsprechenden Flächennutzungsplänen aufgenommen sein. Das heißt, das sind die Gemeinden gefragt. Wenn es mehrere Gemeinden sind, ist das relativ kompliziert. Das kann sich teilweise auch schon über Jahre hinziehen, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, überhaupt eine Windkraftanlage bauen zu dürfen."

Länder sollen mehr Flächen für Windkraft ausweisen

Tatsächlich will die Bundesregierung in dieser Hinsicht Tempo machen. Das neue "Wind an Land"-Gesetz sieht vor, dass die Länder bis 2032 zwei Prozent der Landflächen entsprechend ausweisen sollen. Bis dahin sei es aber noch ein gutes Stück, erklärt Jürgen Quentin, Referent der Fachagentur Windenergie an Land: "Bundesweit haben wir etwa 0,8 Prozent der Fläche ausgewiesen. Aber nach Erkenntnissen des Umweltbundesamts sind davon nur etwa 0,6 Prozent nutzbar."

Sachsen steht bei Windenergie schlecht da

Dabei macht keines der mitteldeutschen Länder eine gute Figur. Am schlechtesten stehe aber Sachsen da, sagt Quentin: "Also wenn wir uns Sachsen angucken, ist es so, dass da im Moment eher eine Größenordnung von 0,2 Prozent der Fläche des Landes der Windenergie zur Verfügung gestellt wird." Und Teile davon seien noch mit zusätzlichen Restriktionen belegt, etwa was die Höhe der geplanten Anlagen angeht.

Das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, sei für Sachsen nicht unmöglich, sagt Quentin, aber sehr ambitioniert. Noch ein bis zwei Jahre Stillstand und man habe keine Chance mehr. Ein Zeithorizont von zehn Jahren klinge zwar nach viel, sagt Quentin. In Planungshorizonten gedacht, sei das aber schon übermorgen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. November 2022 | 06:00 Uhr

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