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Jürgen Treutler: Der dem deutschen Diesel die Treue hält

Das Wetter ist heute nicht zu Späßchen aufgelegt. Suhl, Marktplatz, ein Sonnabend Ende August, es ist kühl und regnerisch, die Sonne lässt sich kaum blicken. Die AfD macht Wahlkampf für ihren Südthüringer Direktkandidaten Jürgen Treutler. Zum Start des "Familienfests" spricht René Aust - jener AfD-Politiker, gegen den Frank Ullrich bei der Landtagswahl scheiterte. Aust bemerkt keck, dass die CDU mit ihrem Kandidaten Hans-Georg Maaßen nur 50 Meter weiter den ganzen Tag einen Infostand gehabt habe, und den ganzen Tag habe es geregnet. Jetzt, wo die AfD um Wähler werbe, scheine die Sonne.

Ein paar Minuten darauf spricht Treutler, und kaum hat er angesetzt, duscht ein Regenschauer das AfD-Publikum, das die Polizei später auf 150 Personen schätzen wird.

Unter den ältesten Thüringer Bewerbern

Im Trockenen auf der überdachten Bühne der Kandidat im blauen Sakko mit farblich passendem Einstecktuch, in Hemd und Jeans. Vorstellung in eigener Sache: Diplomingenieur sei er, stamme aus Sachsen, lebe aber schon lange in Sonneberg und sei mit einer Sonnebergerin verheiratet. Treutler ist Jahrgang 1951, er gehört damit zu den ältesten Thüringer Bewerbern bei dieser Bundestagswahl - nur neun andere Bewerberinnen und Bewerber sind nach Angaben des Landeswahlleiters älter.

Er stichelt gegen Maaßen und hält ihm seine Geheimdienst-Vergangenheit vor ("Stasi 2.0"), und gegen den früheren Spitzensportler und -trainer Ullrich: Gegen den seien Doping-Vorwürfe erhoben worden, und er habe zu DDR-Zeiten Auslandsreisen machen dürfen. Sandro Witt von der Partei Die Linke scheint Treutler als Gegner nicht für voll zu nehmen - er erwähnt ihn mit keinem Wort.

Dann geht es im Sauseschritt durchs AfD-Programm. Treutler liest ab: Der Mittelstand gehöre gestärkt, die Energie- und Lohnnebenkosten gesenkt. Im ländlichen Raum sei die Gesundheitsversorgung zu verbessern, die Löhne in Ost- und Westdeutschland müssten angeglichen werden. Den Energieproblemen des Landes will Treutler mit neuen Atommeilern beikommen, spricht von Dual-Fluid-Reaktoren und Kernkraftwerken der vierten Generation.

Treutler verkauft sich als Patriot mit viel Erfahrung

Autofahrer dürfen sich sicher sein, in Treutler einen vehementen Fürsprecher zu haben: Beim Familienfest in Suhl lässt er wissen, er setze auf den motorisierten Individualverkehr und halte nichts von Fahrverboten für Motorräder. Zu öffentlichen Verkehrsmitteln kein Wort. Der Kandidat wohnt 450 Meter vom nächsten Bahn-Haltepunkt entfernt. Ein paar Tage später, beim Wahlforum der Regionalzeitung "Freies Wort", beantwortet Treutler die Frage nach der Anreise mit den Worten "mit einem deutschen Diesel".

Beim Familienfest lauscht ihm das Publikum höflich, nippt am Bier, lässt sich Bratwurst oder Brätel schmecken. Treutler ist kein mitreißender Redner, er verkauft sich als "Patriot mit viel Erfahrung und wirtschaftlichem Sachverstand im öffentlichen und privaten Sektor".

Treutler wirkt nicht wie ein Strohmannkandidat, für den ihn manche beim politischen Gegner halten, weil sie kurz vor der Wahl mit einer AfD-Wahlempfehlung zugunsten von Maaßen rechnen. Wie eine solche las sich jedenfalls am Mittwoch eine Erklärung, die die AfD im Suhler Stadtrat veröffentlichte. Eine Einzelmeinung, ließ die Landespartei wissen. Ob es dabei bleibt? Ende einstweilen offen.


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Quelle: MDR THÜRINGEN