Europäische Flagge
Das Thema Europa wird in diesem Bundestagswahlkampf nur selten angesprochen. Bildrechte: imago/IPON

Bundestagswahl 2021 Deutsche EU-Abgeordnete kritisieren: Europa kein Thema im Wahlkampf

11. September 2021, 10:57 Uhr

Digitalisierung, Bildung, Wohnen Renten oder höhere Löhne – im Wahlkampf geht es derzeit um viele Themen. Allerdings eines findet kaum statt: Europa. Die EU als Leerstelle im Wahlkampf – nahezu parteiübergreifend wird das von den meisten deutschen Abgeordneten im EU-Parlament kritisiert.

Brüssel schaut gespannt nach Berlin, wie es nach der Wahl weitergeht. Kaum ein Thema beschäftige hier mehr, erzählt der Grünen-Europapolitiker Daniel Freund. Da sei es schon enttäuschend, dass umgekehrt Europa für die Wahlkämpfer kein Thema sei: "Denn am 26. September wird ja nicht nur der Bundestag gewählt und damit die nächste Regierung bestimmt, sondern wir wählen ja eben auch unsere Vertreter und Vertreterinnen im Europäischen Rat." Die deutschen Minister und Ministerinnen seien jeweils die einflussreichsten im Rat. "Also der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer ist der mächtigste Verkehrspolitiker in der Europäischen Union."

Linke: EU momentan in keiner guten Verfassung

Vieles funktioniere nur europäisch, sagt der EU-Abgeordnete Peter Jahr. Auch der sächsische CDU-Politiker hätte sich mehr Europa im deutschen Wahlkampf gewünscht. "Es stehen in der Europäischen Union viele wichtige Entscheidungen an, wie zum Beispiel: Wie gestalten wir den Kampf gegen den Klimawandel? Wie stellen wir uns auf im globalen Wettbewerb? Wie gestalten wir ganz konkret die Rückzahlung des sogenannten Covid-19-Fonds?" Dort bestünden erhebliche Unterschiede in der programmatischen Ausrichtung der einzelnen Parteien. "Und ich hätte mir schon gewünscht, dass diese Positionen zur Bundestagswahl deutlicher herausgearbeitet werden."

Daran hätten die Beteiligten aber kein großes Interesse, vermutet Cornelia Ernst. Die Europapolitikerin der Linken kritisiert, dass Schwarz-Rot bei vielen europäischen Themen wie Migration oder Rechtsstaatlichkeit zumeist auf der Bremse gestanden habe: "Die Europäische Union ist momentan in keiner guten Verfassung. Daran sind die Parteien der Kanzlerkandidaten Scholz und Laschet direkt mitschuldig."

EU-Politik beeinflusst auch Leben in Deutschland

Wer über die EU rede, müsse vor allem über deutsches Geld reden, und das käme im Wahlkampf wohl nicht gut an, meint Maximilian Krah. Er sitzt für die AfD im EU-Parlament: "Stellen Sie sich vor, man würde tatsächlich über diese Aber-Milliarden sprechen, die Deutschland für den Süden zahlt und wo es mittlerweile für Kredite der EU birgt. Ich denke, da würden dann doch einige Leute aufwachen. Und insofern redet man eben lieber über das Klima in hundert Jahren als über die enormen Lasten der EU von heute."

Europa beweise sich nicht nur in Wahlkampfreden, sagt die EU-Abgeordnete Marion Walsmann. Und zumindest auf den zweiten Blick sei das Thema auch präsent, ist die Thüringer CDU-Politikerin überzeugt: "Wenn Sie sich die Wahlprogramme anschauen, dann werden darin durchweg europäische Themen angesprochen. Ich denke, dass der Eindruck, dass die EU im Bundestagswahlkampf keine Rolle spielt, damit einhergeht, dass Europa längst im Alltag der Bürgerinnen und Bürger angekommen ist."

Tatsächlich fallen in Brüssel und Straßburg immer mehr Entscheidungen, die das Leben in Deutschland nachhaltig betreffen. Auch die meisten deutschen Gesetze werden inzwischen durch Vorgaben der EU bestimmt, weshalb Europapolitik auch im Wahlkampf sicher mehr als nur eine Nebenrolle spielen sollte.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 11. September 2021 | 10:11 Uhr

33 Kommentare

Britta.Weber am 12.09.2021

@Eulenspiegel , nein, um Exportweltmeister zu sein, braucht man keinen Europ oder EU. Dazu reichen Handelsabkommen. Der Vergleich mit dem Autohändler ist falsch, weil man das Auto immer bezahlen muss, so oder so, aber die Haftungen werden niemals bezahlt (weil It, Gt ohne die EZB-Finanzierungen de facto pleite sind). Das Schlimme ist, das Gebäude wird erst zusammenbrechen, wenn Frau Merkel nicht mehr im Amt ist.

nasowasaberauch am 12.09.2021

Mit der EU verbinde ich die Verträge von Maastricht, die das Papier nicht mehr wert sind, eine EZB die mit 0-Zins Politik den Sparern indirekt Minuszinsen verordnet und seine Altersvorsorge schröpft, Anleihekäufe von Schuldenstaaten betreibt und damit Schulden vergemeinschaftet, an Target 2, ein sich ständig erweiternder Anschreibemechanismus, der irgendwann vom Steuerzahler beglichen werden muss. Dann sind da noch unsinnige Grenzwerte, die für die Autoindustrie ein Irrweg werden, ein unsolidarisches Verhalten bei der Aufnahme von Migranten, ein Frontex, das die Außengrenzen nicht ausreichen schützt und in der Pandemie hat sich die EU auch nicht mit Ruhm bekleckert. Wie soll man mit so einer Organisation einen Wahlkampf bestreiten oder eine Wahl gewinnen?

Ralf Richter am 12.09.2021

@Eulenspiegel:
Ja, es stimmt, DE ist Export-Weltmeister und das spez. auch im europ. Raum.
Aber das dazu braucht es nicht ein Monstrum wie die EU, dafür reicht eine einfache Freihandelszone.
China hat es vorgemacht und Ende 2020 mit 14 anderen asiat.-pazif. Staaten die größte Freihandelzone der Welt (RCEP) geschaffen. Und das alles ohne einer "RCEP"-Kommission, -Rat, -Parlament, ohne Euro und allen anderen unnützen Ballast.
Und kommen Sie mir bitte jetzt nicht mit den "Friedensprojekt EU"....

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