ein Arzt im Patientengespräch
Wenn man auf seiner Arztabrechnung Fehler entdeckt, sollte man das umgehend der Krankenkasse melden. Bildrechte: imago images/Panthermedia

Krankenkasse Betrug bei der Arztabrechnung: Falsche Diagnosen, nicht stattgefundene Behandlungen

28. Oktober 2022, 15:43 Uhr

Einer MDR-AKTUELL-Nutzerin ist es schon mehrmals passiert: Nach einem Arztbesuch wurden Behandlungen abgerechnet, die gar nicht gemacht worden sind. Was das Gesundheitswesen gegen Abrechnungsbetrug unternimmt und fordert.

60 Millionen Euro – so viel haben sich Kriminelle im Gesundheitswesen vergangenes Jahr ergaunert.* Und da sei die vermutlich sehr hohe Dunkelziffer noch nicht mit eingerechnet, sagt Stephan Meseke. Er ist Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen GKV. Diese Stelle gibt es seit einigen Jahren auch bei jeder einzelnen gesetzlichen Krankenkasse.

Dort gehen Hinweise auf verdächtige Abrechnungen ein – und die sind der Schlüssel für die meisten Ermittlungserfolge, so Meseke: "Also im letzten Berichtzeitraum 2018/2019 waren das bundesweit 42.000 Hinweise, und es ist so, dass überwiegend der Anteil der Hinweise extern ist, also die Krankenkassen sind wirklich angewiesen auf sogenannte Hinweisgeber oder Whistleblower."

Das Problem: Viele Versicherte bemerken den Betrug gar nicht. Denn welche Untersuchung und Behandlung wirklich stattgefunden hat, wissen meistens nur Patientin und Arzt. Was abgerechnet wurde, wissen nur Arzt und Kasse.

Krankenkassen machen Plausibilitätsprüfungen

Klaus Heckemann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, erklärt, warum die Abrechnung größtenteils Vertrauenssache ist: "Man kann nicht jede Leistung überprüfen, ob die auch erbracht wurde, das geht einfach nicht. Wie wollen wir denn von hier aus sagen, ob der Arzt jetzt ein Belastungs-EKG gemacht hat oder nicht?"

Was die Kassenärztliche Vereinigung machen kann, sind sogenannte Plausibilitätsprüfungen. Dabei schaut geschultes Personal, ob die abgerechneten Leistungen in der dazu angegebenen Arbeitszeit überhaupt zu schaffen waren.

GKV: Quittungen prüfen statt Beitragserhöhungen

Für Patientinnen und Patienten gibt es zwei Möglichkeiten, um auf falsche Abrechnungen aufmerksam zu werden: Die Quittung bei der Arztpraxis anzufordern, ist ein Weg. Aber auch von der Krankenkasse kann man sich eine sogenannte Versichertenauskunft geben lassen, erklärt Stephan Meseke vom GKV.

Er könnte er sich auch vorstellen, dass Versicherte die in Zukunft regelmäßig und automatisch zugeschickt bekommen. Denn die Kassen seien im Grunde leer. "Und da denke ich schon, dass man auch über solche Dinge vielleicht neu nachdenken sollte, die helfen können, dass die Gelder, die ausgegeben werden, in die richtigen Kanäle fließen und Beitragserhöhungen nicht die einzige Antwort sind, die der Gesetzgeber hat."

Politik will keine Misstrauenskultur

Bei der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD, Heike Baehrens, findet dieser Vorschlag keine Zustimmung: "Ich glaube es ist richtig, wenn man es auf diese Situation konzentriert, wo tatsächlich ein Anhaltspunkt dafür da ist, denn in den allermeisten Fällen laufen die Abrechnungen ja völlig normal, ich denke wir dürfen jetzt auch nicht so eine ganz breite Misstrauenskultur befördern."

Auf die Frage, was die Politik denn gegen Betrug im Gesundheitswesen mache, verweist auch sie auf die relativ neuen Meldestellen der Krankenkassen. Aufstocken müsste man ihrer Meinung nach aber die Ermittlungsbehörden: Mehr Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften wären nötig, um alle Betrugsfälle auch zu verfolgen.

* Die Zahl wurde für 2021 vom Bundeskriminalamt erhoben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. Oktober 2022 | 06:00 Uhr

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