Berufsausbildung Bundesregierung will Ausbildungsgarantie für junge Menschen einführen
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Jeder junge Mensch soll einen rechtlichen Anspruch auf eine Berufsausbildung haben. Eine solche "Ausbildungsgarantie" will die Bundesregierung einführen. Gewerkschaften fordern das schon lange. Aber ist das überhaupt noch sinnvoll, wo doch immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben?

- Die Handwerkskammern sehen im Gegensatz zur Bundesregierung keinen Bedarf für eine Ausbildungsgarantie.
- Die Gewerkschaften schon: Sie wollen, dass die Ausbildungsgarantie über ein Umlagesystem von den Arbeitgebern finanziert wird.
- Diese Idee stößt auch auf Widerspruch.
Ralf Becker ist im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW für die Bereiche Berufliche Bildung und Weiterbildung verantwortlich. Fragt man ihn, ob es angesichts vieler unbesetzter Ausbildungsstellen überhaupt noch eine Ausbildungsgarantie braucht, sagt er: "Ja, die brauchen wir noch. Wir haben rund zehn Prozent weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge als vor Corona."
Auch sein Kollege Jan Krüger, der den Bereich Bildungspolitik und Bildungsarbeit beim Deutschen Gewerkschaftsbund leitet, stellt fest, dass immer mehr junge Menschen ohne Berufsabschluss bleiben. "Es ist so, dass wir, obwohl wir eine Reihe von freien Plätzen haben, immer noch mehr Leute haben, die im Übergangsbereich eben eine Maßnahme machen, die zu keinem Berufsabschluss führt."
Handwerkskammern: Kein Bedarf für Ausbildungsgarantie
Bei den Handwerkskammern sieht man dagegen keinen Bedarf für eine staatliche "Ausbildungsgarantie". So schreibt die Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern an MDR AKTUELL: "Es ist eher so, dass es deutlich mehr Ausbildungsstellen als Bewerber gibt und eine Ausbildungsplatzgarantie dem vollkommen entgegensteht. Zu bedenken ist außerdem, dass mit einem solchen Konstrukt neue Bürokratie für die Betriebe entsteht, deren Abbau das eigentliche Ziel sein sollte."
Die Gewerkschaften stellen sich eine Ausbildungsgarantie so vor: Wer keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, soll nicht mehr in Übergangsmaßnahmen landen, sondern eine Ausbildung samt Abschluss an Berufsschulen und Ausbildungszentren machen können. Finanzieren sollen das alle Arbeitgeber über eine Umlage – wer selbst im Betrieb ausbildet, bekommt Geld zurück.
Meinungen zum Umlagesystem gehen auseinander
Jens Peick fände so ein Umlagesystem gut. Er sitzt für die SPD im Bundestag und ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Derzeit würden verschiedene Konzepte für eine gesetzliche Ausbildungsgarantie erarbeitet: "Da werden wir dann mal gucken müssen, was man da mit dem Koalitionspartner hinbekommt. Ich finde es ein gutes Modell, weil es einfach auch die Betriebe in die Pflicht nimmt, die gerade nicht ausbilden und sich da zurückziehen, aber am Ende ja auch die Fachkräfte brauchen." 80 Prozent aller Betriebe in Deutschland bilden derzeit nämlich gar nicht aus.
Der Arbeitgeberverband BDA warnt in einem aktuellen Positionspapier dagegen vor einem Umlagesystem. So könnten Betriebe benachteiligt werden, die nicht ausbilden können oder die ihre Ausbildungsstellen schlicht nicht besetzt bekommen.
Das Bundesarbeitsministerium schreibt zum Gesetzesvorhaben an MDR AKTUELL: "Die Ausbildungsgarantie darf nicht als singuläres Angebot einer außerbetrieblichen Berufsausbildung missverstanden werden." Es gehe vielmehr darum, vorhandene Strukturen zu ergänzen. Und weiter heißt es: "Der Koalitionsvertrag sieht die Einführung eines gesetzlich geregelten Umlagefonds nicht vor." Den müssten gegebenenfalls die Tarifparteien miteinander aushandeln.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. August 2022 | 06:08 Uhr